Hauptschulabschluss fuer alle

06. September 2009
Genau dies will die FDP  ..
Lesen Sie bitte die SW Presse..
Die Andere Baustelle

Chance für die Chancenlosen

Die Stadt Ulm und die Andere Baustelle helfen Jugendlichen zum Hauptschulabschluss, die als hoffnungslose Fälle gelten. Das Projekt setzt auf individuelle Unterstützung. Die ersten haben jetzt die Prüfung bestanden.

Chirin Kolb

 

Viele Jugendliche, die über die Andere Baustelle zum Hauptschulabschluss kommen wollen, fangen erst einmal in der Werkstatt an. Foto: Volkmar Könneke



Alles fing vor drei Jahren an. Das Jugendamt der Stadt hatte ein paar richtig harte Fälle. Jungs, bei denen nichts gefruchtet hat. Die die Schule verweigert haben oder die die Schulen nicht mehr wollten, weil sie nur Ärger gemacht haben. Aber was tun mit 14-Jährigen, die noch schulpflichtig sind? „Keine unserer Hilfen hat gegriffen“, sagt Helmut Hartmann-Schmid, der Leiter der Abteilung Familie, Kinder und Jugendliche. „Wir haben ein maßgeschneidertes Angebot gesucht für Schulverlierer.“ Und keines gefunden. Also konzipierte die Stadt zusammen mit der Anderen Baustelle, einer Einrichtung der Jugendberufshilfe, ein Programm: Indi-Hasa genannt, „Individuelle Wege zum Hauptschulabschluss“.

 

Wie individuell diese Wege sind, zeigt sich schon an der Gruppengröße: drei bis fünf Jugendliche. Mehr ist nicht drin, wenn man was erreichen will, sagt Petra Frey-Bossinger, die die Jugendlichen unterrichtet. Doch was heißt unterrichtet? Zunächst geht es darum, sie überhaupt wieder mit Lernen vertraut zu machen. Auf eine Art, die nicht nach Lernen aussieht. „Ich versuche, über Gespräche auf den Stoff zu sprechen zu kommen. Oder mache Lernspiele, bei denen man nicht gleich merkt, dass man gerade Mathe macht.“ Deshalb gibt es auch keinen festen Stundenplan.

Wichtiger als der Unterrichtsstoff ist zunächst ohnehin, das Vertrauen der Jugendlichen zu gewinnen, sie zu motivieren und sich auf sie einzulassen. „Man ist für manche Mutterersatz und Freundersatz.“ Das ist längst nicht immer ein Vergnügen, „man geht oft frustriert nach Hause und fragt sich: Warum mache ich das eigentlich?“, sagt Petra Frey-Bossinger. Wolfgang Weber, der Geschäftsführer der Anderen Baustelle, bestätigt das: „Es ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Man braucht einen langen Atem.“

Das gilt für die Lehrer und Betreuer ebenso wie für die Jugendlichen. Die meisten stammen aus zerrütteten Familienverhältnissen, haben sich über die Jahre hinweg von allen Regeln verabschiedet. Sie müssen erst nach und nach wieder an Regeln gewöhnt werden – und zwar bevor an Unterricht zu denken ist. „Tagesstrukturierende Maßnahmen“ heißt das, und auch dafür hat die Andere Baustelle Angebote. Viele Jugendliche beginnen deshalb in der Werkstatt. Dort lernen sie nicht nur, etwas Sinnvolles zu tun, sondern auch soziales Verhalten. Und zum Beispiel: jeden Tag zu erscheinen. Auch das kostet manche schier unüberwindliche Mühe.

Die Jugendliche bekommen dafür Erfolgserlebnisse – etwas, das manchen ihr Leben lang gefehlt hat. „Viele haben sich aufgegeben. Sie sind ziel- und planlos und trauen sich nichts mehr zu“, sagt Ute Fürstberger-Adler vom Kommunalen Sozialen Dienst der Stadt. „Wer mit 15 die Grundrechenarten nicht beherrscht, will seinen Kumpels vielleicht zeigen, dass er ein Fahrradschloss knacken kann.“

Die meisten Jugendlichen leben noch bei ihren Eltern. Wer den Jungen helfen will, muss sich deshalb auch um die Alten kümmern. Ohne Unterstützung der Eltern, ohne „Familienarbeit“, geht nichts. Es ist ein langwieriger, mühsamer Weg für alle Beteiligten. Doch der einzig richtige, davon sind die Fachleute der Stadt und der Anderen Baustelle überzeugt. „Das Ziel ist, dass die Jugendlichen ein von sozialen Hilfen unabhängiges Leben führen können“, sagt Geschäftsführer Weber.

Eine gute Basis dafür ist der Hauptschulabschluss. Die Andere Baustelle bietet zwei Wege dorthin an: das Indi-Hasa-Programm und den normalen Kurs in Kooperation mit der vh, den Claudia Clemens betreut. Doch nicht jeder, der zur Anderen Baustelle kommt, schließt mit einem Hauptschulabschluss ab. Von den drei Jungs, die vor drei Jahren mit Indi-Hasa begonnen haben, haben jetzt zwei die Prüfung bestanden. Beim dritten hat sich gezeigt: Er hat mit Schule gar nichts am Hut. Doch auch er wird nicht fallen gelassen. Jörg Fischinger, der pädagogische Leiter der Anderen Baustelle, betreut ihn nun weiter auf seinem Weg in eine Arbeitsstelle.

Manche finden dagegen erst auf diesem Umweg Lust am Lernen. Fischinger erzählt von einem Jungen, der als Schulverweigerer bei ihm gelandet ist und ein Jahr lang ein Praktikum in einem Betrieb gemacht hat. Sein Chef war sehr zufrieden mit ihm und bot ihm daher eine Lehrstelle an – vorausgesetzt, er würde den Hauptschulabschluss nachholen. Das hat der Jugendliche dann auch gemacht. „Er ging danach aber nicht zurück in den Betrieb, sondern hat jetzt sogar die Mittlere Reife mit der Durchschnittsnote 2 bestanden.“

Solche Erfolgsgeschichten sind nicht die Regel. Doch die Verantwortlichen der Stadt und der Anderen Baustelle definieren Erfolg anders: Jeder einzelne, der mit viel individueller Betreuung doch noch die Kurve kratzt, ist ein Erfolg. Dass drei dieser vermeintlich hoffnungslosen Fälle jetzt den Hauptschulabschluss geschafft haben, macht ihre Betreuer stolz. Weber: „Arbeit und Mühe haben sich gelohnt.“

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