Digitales Ulm.. wo bleibt Neu-Ulm?

31. Dezember 2016

Lesen SIE bitte die SWP

Das Digitale

emotional begleiten“

Stadtentwicklung Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch will den Ausbau der Zukunftstechnologien forcieren und setzt auf Vertrauen bei den Bürgern. Nebenbei betreibt er auch noch einen digitalen Bolzplatz. Von Harald John


Im Zukunftsatlas des Prognos-Institutes werden Ulm beim Thema Digitalisierung „sehr gute Chancen“ attestiert. Chancen wofür?


Wir sehen die Chance, dass Ulm einen Spitzenplatz beim Thema Wirtschaft und Wissenschaft einnimmt, zudem ist die Digitalisierung eine Chance für Stadtpolitik und Stadtgesellschaft. Wir haben hier in der Region Ulm und Neu-Ulm mehr als 200 Unternehmen aus der IT-Branche, wir haben die Wissenschaftsstadt, die Science Parks, die Hochschulen und die Universität, das ergibt für mich die digitale Perspektive bis zum Jahr 2030.


Sogar der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff zitiert Ihren Satz „Digital geht nicht mehr weg“.


Wir haben schon im Jahr 2010 eine Internetoffensive gestartet, nur hieß das damals noch nicht Digitalisierung. Aber diese frühen Erfolge nimmt uns keiner mehr. Jetzt geht es um die Perspektive 2030 und die Frage, wie wir es schaffen, dass es uns in Zukunft so gut geht wie heute.


Und wie wollen Sie das schaffen?


Konkret geht es um den Ausbau der Glasfasernetze. Das ist – wie vor Jahren der Breitbandausbau – eine städtische Aufgabe. Die Stadtwerke müssen nicht nur für Strom, Gas und Wasser sorgen, sondern auch für die entsprechenden schnellen Netze. Wir wollen das in städtischer Hand behalten, denn am Ende geht es darum, wer die Hoheit über die Datenautobahn hat.


Ministerpräsident Winfried Kretschmann will die Digitalisierung im Ländle vorantreiben, er setzt neuerdings auf ein schwäbisches „Silicon Valley“.


Es ist ja nicht so, dass wir in Ulm keinen Kontakt mit den Großen der Branche hätten. Microsoft hat den „Hindenburg-Dialog“ unterstützt, mit dem früheren Microsoft-Chef Steven Ballmer war ich vor Jahren im kleinen Kreis zum Kaffee verabredet. Aber wir wollen den Weg in unserer eigenen Geschwindigkeit gehen, wir nehmen lieber den anstrengenden Weg von unten. Nur wenn wir authentisch sind, können wir uns an die Spitze setzen. Mitschwimmen kann jeder.


Wie sieht denn so eine Stadt 4.0.künftig aus?


Vieles ist auf dem Weg, etwa die Bürgerbeteiligungen auf allen Ebenen. Es wird weiterhin Begehungen und Diskussionen vor Ort geben, denn das Digitale verdrängt ja nicht die analoge Wirklichkeit. Aber durch die neuen Dialogformen können wir die Bürger besser einbinden. Ein Beispiel: Wir wollen eine Haltestelle in eine Nachbarstraße verlegen. Früher haben die Betroffenen es erst bemerkt, wenn der Halt verlegt war. Heute gibt es Informationen im Vorfeld, der ganze Planungsprozess wird transparent.


Das enthebt die Bürger aber nicht der Pflicht, sich die Informationen zu beschaffen.


Klar, der Bürger muss was tun. Nicht nur hinterher goschen.


Aktuell steht Ulm oft im Stau. Was hilft da das Digitale?


Die Aufgabe der Stadt muss es sein, Mobilität für den Bürger bequemer zu machen. Und bequemer heißt, dass jeder den Verkehrsträger findet, der zur jeweiligen Situation passt.


Sollen wir alle aufs Fahrrad umsteigen?


Nein, aber es kann sein, dass Ihnen für Ihre Fahrt in die Stadt die Kombination aus Regiobahn und Leihfahrrad als schnellere und günstigere Alternative zum Auto vorgeschlagen wird. Uns geht es nicht um Bevormundung, sondern um die intelligente Verknüpfung der vorhandenen Systeme. Es gibt beispielsweise auch Überlegungen, Geschäfte in Ulms Fußgängerzonen mit E-Lastenrädern zu beliefern.


Woher kommen neue Ideen? In Ulm gibt es ja nicht nur ein Schwörhaus, sondern auch ein Verschwörhaus, das Sie mal als „digitalen Bolzplatz“ bezeichnet haben.


Für die Idee mit dem Verschwörhaus, also dem Stadt- und Experimentierlabor für junge Wilde, habe ich anfangs auch Kritik einstecken müssen. Aber wir müssen wissen, wie die jungen Leute ticken und wir brauchen einen ungewöhnlichen Ort für digitale Ideen. Es gibt aber noch weitere wichtige Initiativen, ich möchte in diesem Zusammenhang nur die Unternehmerinitiative „initiative.ulm.digital.e.V.“ nennen, eine ganz wichtige Sache.


Inwiefern?


Zur Digitalisierung gehört nicht nur Innovationsfreude, sondern auch Unternehmergeist. Die jungen Wilden sollen programmieren, aber für die richtigen Geschäftsmodelle brauchen wir die Unternehmer. Und das nach der alten Ulmer Grundidee: Wir nehmen die Sache selbst in die Hand. Das war beim Bau des Münsters einst nicht anders.


Ist das Digitale am Ende Fluch oder Segen?


Es ist vor allem emotionslos. Wir müssen das Digitale emotional begleiten. Und wir müssen den Menschen Sicherheit geben und für Vertrauen sorgen. Damit können wir die Bürger etwa bei Planungen und in Dialogen beteiligen. Und dann kann das Digitale auch ein Segen sein.


Wenn 2030 Ulm digitalisiert ist: Brauchen wir dann überhaupt noch einen Oberbürgermeister?


Selbstverständlich!

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