Ehre, wem Ehre gebührt..

19. Mai 2014

Nicht immer einer Meinung, oft konträr.., aber er war und ist sich treu..
Lesen Sie bitte die SWP...

Wolf-Dieter Freyberger über 48 Jahre im Neu-Ulmer Stadtrat, über Freude und Frust

48 Jahre, so lange wie kein anderer Kommunalpolitiker, saß Wolf-Dieter Freyberger (CSU) im Neu-Ulmer Stadtrat. Der Abschied fällt ihm schwer. Sein Rat an die Zurückgebliebenen: Lasst Euch nicht verbiegen!

EDWIN RUSCHITZKA | 0 Meinungen

Herr Freyberger, wie sind Sie im politischen Ruhestand angekommen?
WOLF-DIETER FREYBERGER: Da muss man unterscheiden zwischen dem Handlungsruhestand und dem Denkruhestand. Das Mitwirken und Mitgestalten ist jetzt natürlich sehr eingeschränkt. Aber mit dem Mitdenken gehts noch bei mir. Und deshalb gibt es bei mir auch keinen Denkruhestand.

Haben Sie eigentlich irgendwelche Entzugserscheinungen?
FREYBERGER: Bis dato hält sich das in Grenzen. Entzugserscheinungen hat eher meine Frau. Die hat mir nämlich 48 Jahre den Rücken frei gehalten, vor allem während der sehr arbeitsintensiven Zeit als Fraktionsvorsitzender. Und sie vermisst jetzt meinen Satz: Ich gehe dann mal in die Sitzung.

Das heißt, Ihre Frau würde Sie gerne öfter loswerden?
FREYBERGER: Nein, nein, so habe ich sie nicht verstanden. Es war eine Gewöhnung. Wir haben ja auch vor 48 Jahren geheiratet, und sie war von Anfang an mit dabei.

Bei der Konstituierung des neuen Stadtrats saßen Sie unter den Zuschauern. Sie können also nicht loslassen, oder?
FREYBERGER: Ja. Mein Stadtratsplatz war ja auch belegt. Quatsch natürlich. Ich wollte einfach die Diskussion um den zusätzlichen Ersatzbürgermeister mitverfolgen.

Sie haben öfters mit dem Kopf geschüttelt. Was hat Ihnen missfallen?
FREYBERGER: Die Begründung, warum es einen weiteren Hilfsbürgermeister braucht und die Person dafür. Beim Beschluss im alten Stadtrat hieß es ausdrücklich, dass es zwei schaffen werden.

48 Jahre im Neu-Ulmer Stadtrat! Damit sind Sie einsamer Rekordhalter. Und Sie hätten allzu gerne weiter gemacht. Warum?
FREYBERGER: Das Mitwirken und das Mitgestalten in meiner Heimatstadt hat mir einfach Spaß gemacht. Und so manches Projekt liegt mir immer noch sehr am Herzen. Deshalb fällt der Abschied schwer.

Wäre ein freiwilliger Verzicht nicht der bessere Abgang gewesen, als nicht wiedergewählt zu werden?
FREYBERGER: Das ist immer so.

Sie sind jetzt aus dem CSU-Ortsverband ausgetreten, bleiben der CSU grundsätzlich und im Kreis auch erhalten. Was hat sie dazu bewogen?
FREYBERGER: Die dort handelnden Personen, auch als die Griechen bekannt.

Welche Griechen?
FREYBERGER: Das ist der Teil der CSU-Fraktion, der sich nach Sitzungen im griechischen Lokal trifft.

Die Kommunalpolitik könnte auch vom Wandel leben. Was halten Sie von der Idee, dass man ein Stadtratsmandat künftig nur noch maximal zwei Legislaturperioden lang ausüben darf. Könnte das nicht für eine neue Begeisterung für dieses Ehrenamt sorgen?
FREYBERGER: Ich bin für Kontinuität, gepaart mit Innovation. Deshalb mein Leitspruch: Bewege Dich, verändere Dich, verbessere Dich. Das kann ich in drei oder 48 Jahren tun. Außerdem sind bei dieser Stadtratswahl doch zwölf neue Gesichter dazu gekommen mit hoffentlich neuen Ideen. Ein viereckiges Rad wäre auch eine tolle Idee, aber es rollt nicht leicht.

Was meinen Sie damit?
FREYBERGER: Vorschläge, die zwar gut gemeint sind, sich aber schlecht realisieren lassen.

Parteien und Wählerorganisatoren tun sich dennoch schwer, Nachwuchs zu finden. Und wer als junger Stadtrat einzieht, scheidet oft wieder aus. Fehlt dem Nachwuchs der Biss?
FREYBERGER: Bei dem von Ihnen zuvor erwähnten Zwangswechsel wäre es ja noch sehr viel schwerer, dann ständig gute Neue zu finden. Ich denke, es ist heutzutage viel schwieriger, Beruf und Familie mit dem Stadtratsmandat unter einen Hut zu bringen.

Sie haben als Stadtrat vier Oberbürgermeister erlebt: den parteilosen Dr. Dietrich Lang und die CSU-OB Dr. Peter Biebl, Dr. Beate Merk und Gerold Noerenberg. Was war Ihre schönste Zeit?
FREYBERGER: Das waren vier ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Und es gab in allen Amtszeiten Freude und Frust, auch in unterschiedlichen Anteilen. Lang musste sich als Unabhängiger immer Mehrheiten suchen. Das war spannend. Unter Biebl konnten wir vieles anschieben. Merk hat vieles bewegt, aber auch sehr stark mit dem Oppositionsführer Edi Hartmann zusammengearbeitet, was mir den Spagat als Fraktionschef zwischen eigener OB und Fraktion schwer gemacht hat, weil die Fraktion da und dort eine andere Meinung hatte.

Noerenberg kommt etwas kurz.
FREYBERGER: Wie ich zuvor schon sagte, es gab unterschiedliche Anteile von Freude und Frust.

Auf was sind Sie in den 48 Jahren ganz besonders stolz?
FREYBERGER: An die Mitbegründung der Städtepartnerschaften mit Bois Colombes und Meiningen. Auch, dass ich als Fraktionsvorsitzender in den Stadtteilen die Vor-Ort-Besuche eingeführt habe, dass mir die Zusammenarbeit mit allen Fraktionskollegen gelungen ist. Wir konnten viel initiieren, zum Beispiel den Kauf der US-Kasernenareale, die Innovationsregion. Auch die von mir beantragte Landesgartenschau sowie die Bahntieferlegung bleiben in Erinnerung.

Auf was hätten Sie gerne verzichtet?
FREYBERGER: Auf so manche unnötige Auseinandersetzung mit so genannten Parteifreunden ab 1995 und auf meinen Rücktritt als Fraktionsvorsitzender 1998.

Legendär sind Ihre Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen SPD-Fuhrmann Edi Hartmann. Haben Sie solche Duelle zuletzt vermisst?
FREYBERGER: Bei Edi Hartmann wusste man, dass es ihm auch immer um Neu-Ulm ging.

Was wünschen Sie sich persönlich für die nächsten Jahre?
FREYBERGER: Gesundheit für meine Frau und mich, meine Kinder und eine gute Entwicklung für meine vier Enkelkinder.

Was wünschen Sie Ihren ehemaligen Stadtratskollegen?
FREYBERGER: Bei aller notwendigen Disziplin, die eine Gemeinschaft braucht, mein Rat: Verbiegt Euch nicht zu sehr.

Und was wünschen Sie der Stadt?
FREYBERGER: Eine gesunde Weiterentwicklung mit allen Stadtteilen und zusammen mit Ulm.

Mit welchen Aktivitäten wollen Sie sich bei guter Laune halten?
FREYBERGER: Ich werde mich weiter im Projekt JAZz, also Jung und Alt - Zukunft zusammen, in der Emil-Schmid-Schule engagieren, endlich mehr Bergwandern und noch mehr lesen, sofern es die zunehmenden Arbeitseinsatzbefehle meiner Frau zulassen.

Zur Person: Wolf-Dieter Freyberger

Privat 1939 geboren, seit 1966 mit Ehefrau Monika verheiratet. Eine Tochter und einen Sohn, jeweils zwei Enkelkinder.

Beruf Gelernter Exportkaufmann, zuerst bei der Firma Reinz im Steinhäule, später dann die längste Zeit von 1973 bis zum Ruhestand 2002 bei den Wieland Werken in Ulm.

Hobbys Immer die Politik, Leichtathletik und Handball bis in die 90er Jahre, jetzt Bergwandern und Lesen.

Politik 1961 mit 22 Jahren zuerst in die Junge Union, dann auch gleich in die CSU eingetreten. Neu-Ulmer Stadtrat seit 1966, als er mit 27 Jahren als jüngster Stadtrat in die Kommunalpolitik einstieg, später einige Jahre auch Kreisrat. Ansonsten hat er nie für andere Parteiämter kandidiert. "Meine politische Heimat war immer die Stadt Neu-Ulm", sagt er.

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