Glacis Galerie

22. Mai 2015

erste Schwierigkeiten..
Lesen Sie bitte die SWP:.

rnüchterung in der Glacis-Galerie

Zehn Wochen ist die Glacis-Galerie in Neu-Ulm geöffnet. Nach dem ersten Ansturm ist bereits Ernüchterung eingekehrt, vor allem in der Gastronomie. Die ersten wollen das Einkaufszentrum auch schon verlassen.

EDWIN RUSCHITZKA | 1 Meinung

Esengül Akdag war im März voller Hoffnung. 80.000 Euro hat die 26-Jährige in die Hand genommen, um in der Glacis-Galerie ihr „es – Take Away“ zu eröffnen, ein Café mit Kuchen und Fruchtsaftgetränken, so genannten Smoothies. Alles biologisch hergestellt. An Miete und Nebenkosten zahlt sie für 65 Quadratmeter samt der Außenbestuhlung etwa 4500 Euro monatlich. Im Eröffnungsmonat März hat sie 3600 Euro eingenommen, im April waren es nur noch 2000 Euro. Ihren anfangs drei Beschäftigten hat sie gekündigt, sie steht selbst im meist schwach besuchten kleinen Lokal – und bei ihr hat sich Panik breit gemacht: „Ich will hier wieder raus“, sagt die junge Frau. Das Problem: Sie einen Mietvertrag unterschrieben, der zehn Jahre lang läuft.

Ganz so drastisch schildern andere Gastronomen in der Glacis-Galerie ihre Situation nicht, aber bei fast allen ist die Enttäuschung inzwischen groß. Nicht nur bei den Gastronomen, auch bei einigen Händlern. Wer befragt wird, der will nur dann etwas sagen, wenn sein Name nicht in der Zeitung steht. Angst geht um vor negativen Schlagzeilen, auch weil jede Kritik als Nestbeschmutzung verstanden werden könnte. Aber wie Esengül Akdag haben sich viele in große Unkosten gestürzt, um sich in der Glacis-Galerie eine kleine Existenz aufzubauen.

Die Einrichtung mussten sie selbst finanzieren, und so hat auch Stanislaw Tsukerman mit einem Einsatz von 80.000 Euro seine kleine Burger-Braterei „Daily Burger“ im Food-Court im ersten Obergeschoss eröffnet. Auch er braucht deutlich mehr Kunden, um aus den roten Zahlen zu kommen, zumal die Investoren der Procom ihm eine neue satte Rechnung präsentiert hätten. Für die Bestuhlung und Verbesserung der Belüftungstechnik soll er 44.000 Euro überweisen. „Das geht auf gar keinen Fall“, sagt er, „dann kann ich aufhören.“

Dem Vernehmen nach haben die Investoren alle Pächter im Food-Court unlängst mit 750 Euro pro Quadratmeter zur Kasse gebeten. Detlef Samland, Entwicklungsleiter bei der Procom, hat neue Umlagekosten auch bestätigt. Das sei den Mietern bei der Vertragsunterzeichnung bekannt gewesen. Auf die Mieter seien indes nur 40 Prozent der neuen Kosten umgelegt worden, 60 Prozent würden die Procom und die OFD, die Tochter der Hessisch-Thüringischen Landesbank, als Investoren selbst tragen – „um die Mieter des Food-Courts zu entlasten“, führt Samland aus.

Esengül Akdag hat die Gastronomen zu einer Versammlung gebeten, die nächste soll am Freitag stattfinden – außerhalb der Galerie. „Denn es gibt niemanden, der zufrieden ist“, sagt sie. Im Management der Glacis-Galerie ist man natürlich nicht begeistert, dass die junge türkischstämmige Frau an die Öffentlichkeit gegangen ist. Aber Alexandru Gavriliu und Iris Behrens vom ECE-Centermanagement reden auch nicht um die heißen Brei herum: Das Wort "Probleme" geht ihnen nicht über die Lippen, vielmehr sprechen sie von „Herausforderungen, die wir durchaus erkannt haben.“ Es werde an Lösungen gearbeitet, sagen die beiden, die aber auch einräumen, das jedes neu eröffnete Einkaufzentrum Anlauf-Probleme habe, auch die Neu-Ulmer Glacis-Galerie. Einkaufszentren, so Iris Behrens, hätten ohnehin seit fünf Jahren unter rückläufigen Kundenzahlen zu leiden, nicht zuletzt des Online-Geschäfts wegen. Viele Geschäfte würden von Stammkunden leben, „und die müssen wir in der Glacis-Galerie erst noch aufbauen.“ Die immer wieder geäußerte Kritik unter den Pächtern, die ECE tue im Bereich des Marketings viel zu wenig, weisen Gavriliu und Behrens von sich. Man habe das Jahresprogramm mit allen Mieter in zwei Versammlungen abgesprochen. Und mehrheitlich habe es keine Einsprüche gegeben. Zurzeit laufe die „Phänomenta III“, eine Präsentation von naturwissenschaftlichen Experimenten, wozu auch alle Schulen in der Umgebung eingeladen worden seien.

Den Gastronomen sagen die beiden ECE-Kräfte weiter ihre volle Unterstützung zu. So plane man bereits eine so genannte Food-Card mit Rabatten, Prozenten oder kleinen Geschenken für Stammkunden. Esengül Akdag indes beruhigt das wenig. „Nein“, sagt sie, „ich möchte hier raus.“ Eigentlich sei sie eine Kämpferin, aber sie sieht für sich selbst keine Zukunft mehr in der Glacis-Galerie. Eine Kündigung des Mietvertrags dürfte ihr schwer fallen. Sie hat einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren unterschrieben. „Eine gesonderte Ausstiegsklausel gibt es nicht in den Verträgen“, hat gestern Detlef Samland von der Procom auf Anfrage mitgeteilt. Überhaupt sieht Samland im fernen Hamburg, wo die Procom zu Hause ist, keine größeren Umsatzprobleme in der Glacis-Galerie, auch nicht der Mieter im Food-Court. Aber die Gastronomen müssten schon selbst auch Anstrengungen unternehmen, damit die Frequenz und der Umsatz steigen. Die Procom habe als Investor angeregt, zuweilen das Sortiment zu erweitern, bauliche Mängel an der Ladeneinrichtung und am Lichtkonzept zu überarbeiten. Samland: „Wir haben jetzt zwei Monate geöffnet und einige Konzepte brauchen sicherlich längere Anlaufzeiten. Das unterstützen wir aktiv durch das Centermanagement.“
 

Ein Kommentar von Edwin Ruschitzka: Lange Gesichter

Dass es nur zehn Wochen gedauert hat, bis die Eröffnungseuphorie in der Neu-Ulmer Glacis-Galerie verflogen ist, sollte einem zu denken geben. Wer Mieter und Beschäftigte im Food-Court und auch in den Geschäften nach der Kundenfrequenz und nach Umsätzen befragt, bekommt hinter vorgehaltener Hand nicht selten ein langes Gesicht zu sehen. Unter dem Strich haben sich die meisten wohl mehr Schnitt versprochen.

Gut, der Sommer ist nicht die beste Zeit in einem Einkaufszentrum. Zwar strömen viele vor allem samstags in den Einkaufstempel, aber nicht alle kaufen etwas. Und unter der Woche ist der Besuch oft mau. Vielen reicht allein das Flanieren in der Einkaufsmeile aus, die Geldbeutel bleiben verschlossen. Sollten die Kritiker vielleicht doch Recht behalten, dass Neu-Ulm für solch einen gewaltigen Einkaufstempel nicht der richtige Standort ist?

Den Mietern hilft das nicht weiter. Die meisten hoffen auf bessere Zeiten, andere wollen die Reißleine ziehen, was angesichts langer Mietverträge nicht einfach ist. Der Erfolg der Geschäfte sei auch eine Frage des Sortiments. Sagt die Procom jetzt. Waren die Investoren bei der Vertragsunterzeichnung auch so nachdenklich? Oder ging es ihnen darum, die Vermarktung voran zu treiben, möglichst schnell an die Unterschriften zu kommen? Natürlich ist der eine oder andere Mieter auch blauäugig den Verlockungen erlegen. Das könnte sich jetzt bitter rächen.

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