Integration... hier ein Beitrag aus der Bertelsmann Stiftung...

11. September 2017

Lesen SIE bitte die NUZ... auch hier müssen alle Parteien das Ziel verfolgen, dass diese Integration über die nächsten Jahre/Zehnte.. gelingt.
 

Kann Deutschland die vielen Flüchtlinge integrieren?
Interview Der Integrationsexperte Ulrich Kober spricht über Probleme und Herausforderungen nach der Flüchtlingskrise

Herr Kober, die Bertelsmann Stiftung begleitet das Thema Integration seit Jahren mit vielen Studien. Ist Deutschland in der Lage, die Folgen der Flüchtlingskrise zu bewältigen und die große Zahl an Zuwanderern zu integrieren?

Ulrich Kober: Die Regierung geht davon aus, dass Deutschland für die Flüchtlinge jährlich 22 Milliarden Euro aufwenden muss, andere sprechen von 30 Milliarden, wenn der Familiennachzug einsetzt. Aber selbst das wäre maximal 0,9 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Zudem löst sich dieses Geld nicht in Luft auf. Ein Teil fließt sogar direkt als Steuereinnahmen zurück, weil viele Einheimische durch die Zuwanderung neue Jobs gefunden haben: neue Schullehrer, Sprachkursleiter, Sicherheitspersonal und so weiter. Finanziell kann man sagen, natürlich schaffen wir das. Die Probleme liegen woanders.

Wo liegen die Hauptprobleme?

Kober: Integration hängt nicht nur von der Leistungsbereitschaft der Zuwanderer ab, sondern besonders auch von der Akzeptanz in der Gesellschaft. Man sagt auch: Integration ist ein Prozess des gegenseitigen Entgegenkommens von Einheimischen und Einwanderern. Wir stellen bei unseren Studien fest, dass die einheimische Bevölkerung trotz des Stresstests der Flüchtlingskrise noch immer relativ offen ist. Aber es gibt Belastungsgrenzen. Inzwischen sagt die Mehrheit, wir können nicht noch mal so viele aufnehmen. Aber die Mehrheit sagt auch, dass Flüchtlinge hier integriert werden sollen und man sie nicht als Gäste auf Zeit behandeln sollte. Es gibt natürlich auch lautstarke Proteste und vor allem in Ostdeutschland große Skepsis. Wenn Einwanderer und Einheimische gegeneinander ausgespielt werden, schadet das der Gesellschaft insgesamt. Deshalb ist es wichtig, auf den Zusammenhalt zu achten und auch die Sorgen ernst zu nehmen.

Wie hoch ist die Bereitschaft der Zuwanderer, sich zu integrieren?

Kober: Hier gibt es Studien des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit. Demnach ist die Bereitschaft der Flüchtlinge sehr hoch, die Chancen, die ihnen unser Land bietet, zu ergreifen und das Notwendige dafür zu tun. Das sind aber Ergebnisse von Befragungen und man kann diese Antworten natürlich auch in Zweifel ziehen. Fakt ist aber, dass die meisten Zuwanderer und Flüchtlinge jung, aktiv und offen für Neues sind, sonst wären sie nicht gekommen. Erst in der Zukunft wird man allerdings an harten Fakten erkennen, ob die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt oder nicht.

Wo liegen die größten Probleme für Integration in der Praxis?

Kober: Auf dem Arbeitsmarkt sind Menschen mit Migrationshintergrund deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Die wichtigste Herausforderung ist deshalb das Bildungssystem, wo Migranten nach wie vor schlechtere Leistungen haben als Einheimische. Bei der Lesekompetenz etwa hinken Migrantenkinder eineinhalb Lernjahre hinterher. Vor allem verlassen sehr viel mehr Migrantenkinder die Schule ohne Abschluss. Da gibt es zwar Fortschritte, aber nur sehr langsam. Integration wäre dann perfekt gelungen, wenn es diese Unterschiede nicht mehr gäbe. Das gelingt zum Beispiel in Kanada, aber so weit sind wir hier noch lange nicht.

Hinkt die deutsche Politik bei der Integration der Zeit hinterher?

Kober: Bis Ende der Neunzigerjahre hat sich der Staat nach dem Motto „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ aus der Integrationspolitik relativ herausgehalten und die Aufgabe den Wohlfahrtsorganisationen und der Zivilgesellschaft überlassen. Dann gab es einen Wandel. Der Staat hat den Schalter umgelegt und erkannt, dass er aktiv werden muss. Das Staatsbürgerrecht wurde modernisiert, ein Zuwanderungsrecht mit Integrationskursen verabschiedet, Sprachkurse begannen, damit Einwanderer Deutsch lernen. Ein wesentlicher Fortschritt war auch die Islamkonferenz. Der Staat zeigt, dass er nicht nur mit den großen christlichen Kirchen und dem Judentum kooperiert, sondern eben auch mit dem Islam – auch wenn das aus vielerlei Gründen schwierig und kompliziert ist. Aber aus Sicht der Integration ist diese Anerkennung, etwa in Form von Uni-Lehrstühlen für islamische Theologie und der Religionslehrerausbildung, ein integrationspolitischer Meilenstein. Zentral ist aber, dass man endlich erkannt hat, dass Sprache der wichtigste Schlüssel für Integration ist.

War das früher nicht der Fall?

Kober: Nein, bei den Gastarbeitern hatte sich Jahrzehnte zuvor niemand darum gekümmert, dass sie Sprachkurse machen. Die Folge war, dass viele dieser Arbeiter, als sie im Strukturwandel ihre Jobs verloren, mangels Sprachkenntnissen sehr schwer eine neue Stelle fanden. Auch ihre Kinder hatten oft Probleme, weil sie zu Hause kaum Deutsch sprachen, nur in der Schule. Hier hilft uns heute gezielt das wachsende Angebot von Ganztagsschulen, in denen Migrantenkinder den ganzen Tag Deutsch sprechen und lernen können. Interview: Michael Pohl

Zur Person Ulrich Kober, 53, leitet bei der Bertelsmann Stiftung das Programm Integration und Bildung.

Deutschkurse für Migranten: wichtigster Schlüssel für Integration. Foto: dpa

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