Mieten.. hoch und höher....

12. September 2017

Lesen SIE bitte die NUZ... die FDP Fraktion hat sich für den sozialen Wohnungsbau in NU eingesetzt.. z.B. Südstadtbogen... abgelehnt!

Die bunte Koalition der Wohnpreistreiber
Soziales Wie der soziale Wohnungsbau von fast allen Parteien ausgebremst wurde – mit Folgen bis in die Mittelschicht

Von Michael Pohl

Kurz hinter München-Pasing fährt die S-Bahn Richtung Ammersee links und rechts, fast so weit das Auge reicht, an flach planiertem Bauland vorbei: Auf den asphaltgrauen und erdbraunen Flächen entsteht in den kommenden Jahren ein Stadtteil – mehr als halb so groß wie ganz Memmingen. „Entlastungsstadt“ wird München-Freiham mit seinen zukünftig 25 000 Einwohnern schon jetzt genannt. Wie in der bayerischen Metropole wird in ganz Deutschland so viel gebaut wie Jahrzehnte nicht mehr. Dennoch steigen nicht nur in den Ballungsräumen die Preise für Mieten und Eigentumswohnungen in nie gekanntem Tempo.

Mitverantwortlich für diese Entwicklung sind nicht nur die Zuwanderung oder die Euro- und Schuldenkrise, die viele Finanzanleger in das Immobiliengeschäft fliehen ließen. Dem Markt, auf dem sich die Wohnpreise entwickeln, fehlt in vielen Ballungsräumen am unteren Ende zunehmend die Konkurrenz billiger Angebote: Die Zahl der Sozialwohnungen ist in den vergangenen 30 Jahren massiv eingebrochen: Gab es 1987 allein im alten Bundesgebiet noch vier Millionen Wohnungen mit sozialer Mietpreisbindung, sind es heute in ganz Deutschland nur noch 1,2 Millionen, wie aus einer parlamentarischen Antwort der Bundesregierung hervorgeht.

Diese Entwicklung trifft nicht nur einkommensschwächere Familien. Sie reicht bis weit in die Mitte der Gesellschaft: Der allgemeine Mangel an Wohnraum und das fehlende Angebot günstiger Wohnungen treibt die Durchschnittspreise insgesamt nach oben: „Die Anzahl der Sozialwohnungen war natürlich immer nur ein Bruchteil am gesamten Wohnungsmarkt“, sagt der Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten. „Aber dieses Korrektiv fällt vor allem in den Ballungsräumen immer mehr weg.“

Und es trifft nicht nur Groß- und Universitätsstädte: „Neu ist, dass inzwischen auch in vielen Klein- und Mittelstädten bezahlbare Wohnungen fehlen“, sagt Xaver Kroner vom Verband bayerischer Wohnungsunternehmen. In Neu-Ulm beispielsweise stünden 500 Haushalte auf der Warteliste für eine Sozialwohnung. In München sind es 12 500 und in Augsburg 4000.

Fachleute wie Mieterbund-Direktor Siebenkotten machen eine Art ganz großer Koalition aus fast allen Parteien für die Krise am Wohnungsmarkt mitverantwortlich. Der Rückgang des Angebots an günstigem Wohnraum und Sozialwohnungen zieht sich durch Zeiten aller Koalitionen von Rot-Grün über Schwarz-Gelb bis Schwarz-Rot. „Seit der Jahrtausendwende fallen jedes Jahr deutlich mehr Wohnungen aus der Sozialbindung, als neugebaute hinzukommen“, sagt Siebenkotten. Jährlich verschwänden zwischen achtzig- und hunderttausend Wohnungen aus der Sozialbindung. In dieser Frist von 20 bis 30 Jahren darf der Vermieter nur an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermieten. Danach ist die Wohnung keine Sozialwohnung mehr. „Gerade in den Großstädten, wo der Mietmarkt besonders angespannt ist, fallen derzeit viele Wohnungen aus der Mietpreisbindung“, sagt Siebenkotten. Handelt es sich dabei nicht um Wohnungen kommunaler Gesellschaften, werde danach oft das Maximum an Mietpreiserhöhungen ausgeschöpft, das die Gesetze zuließen.

Verschärft werde das Kostenproblem dadurch, dass seit Zeiten der rot-grünen Koalition Ende der Neunziger hunderttausende Wohnungen aus öffentlichem Bestand an private Finanzinvestoren verkauft wurden. Etwa an die Deutsche Annington, die sich inzwischen in Vonovia umbenannt hat.

„Der letzte Sündenfall war es, dass man in Bayern und Baden-Württemberg tausende Wohnungen der Landesbanken nicht an die mitbietenden Konsortien der öffentliche Hand verkauft hat, sondern an Immobilienkonzerne“, sagt Siebenkotten. „Auch hier war unterschiedliche Parteicouleur am Werk: In Baden-Württemberg Grün-Rot und in Bayern die CSU-FDP-Koalition.“

Der Mieterbund beklagt, dass das Thema Wohnen kaum eine Rolle im Wahlkampf spiele. „Wir haben schon seit vielen Jahren unabhängig von der Flüchtlingssituation gewarnt, dass Deutschland in eine Wohnungsknappheit hineinläuft“, sagt Siebenkotten. Es räche sich auf dem gesamten Wohnungsmarkt, dass das Thema sozialer Wohnungsbau mit Schlagworten wie Fehlbelegungen und drohende Leerstände schlechtgeredet worden sei.

„Wir müssten jedes Jahr 400 000 neue Wohnungen bauen, davon 80 000 Sozialwohnungen“, fordert Siebenkotten. Dabei sei es wichtig, dass die wegen des Klimaschutzes und Sicherheitsvorschriften erheblich verschärften Baustandards nicht noch weiter in die Höhe geschraubt werden. Der Bund müsse dafür auch gezielt seine Liegenschaften einsetzen und dürfe sie nicht einfach „meistbietend verhökern“, fordert Siebenkotten. „Und wir müssen vor allem mehr tun, um private Investoren dazu zu bringen, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren“, sagt er. Hierzu müssten zumindest beschränkt auf die Gebiete, wo Wohnungsmangel herrscht, steuerliche Erleichterungen für Investoren geschaffen werden. „Man muss dort bauen, wo die Menschen hinwollen und zugleich auf dem Land die Infrastruktur für Pendler verbessern.“

Sozialer Wohnungsbau: „Dieses Korrektiv fällt vor allem in den Ballungsräumen immer mehr weg“, warnt der Mieterbund. Foto: Silvio Wyszengrad

Mieterbund warnt vor noch schärferen Baustandards

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