Ein Verlust an Gewicht der Region... in Berlin...

26. September 2017

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Ulm – das kleine Jamaika

Ausblick Am Tag danach zeigen sich Vertreter von CDU, Grünen und FDP zufrieden. Aber das mögliche schwarz-grün-gelbe Bündnis in Berlin wirft Fragen auf. Von Harald John


Jamaika-Bündnis ist das Wort der Stunde. Nachdem die SPD einer Fortsetzung der Großen Koalition eine klare Absage erteilt hat, deutet alles auf ein schwarz-grün-gelbes Bündnis in Berlin. Auch in Ulm wird der politische Flirt von CDU, FDP und Grünen sorgfältig beobachtet.


Ein wenig verschnupft, aber „absolut zufrieden“ mit ihrem Ergebnis von 42,7 Prozent (74 844 Stimmen) zeigte sich gestern CDU-Kandidatin Ronja Kemmer, die den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau mit großem Vorsprung vor Hilde Mattheis (SPD; 20,2 Prozent, 35 452 Stimmen) gewonnen hat. Natürlich werde es in einer solchen Koalition auch Reibungspunkte geben, meint Kemmer und nennt die Energiewende als Beispiel. Was die künftige Zusammenarbeit bei Sachthemen angehe, sei Ulm „vorbildlich“ für die Bundespolitik, denn hier seien alle Parteien an konstruktiver Politik interessiert.


Das sieht der andere Ulmer Wahlsieger Alexander Kulitz von der FDP ebenso, auch wenn noch „einige Späne zu raspeln“ seien (siehe Text links). Sein Parteifreund Erik Wischmann, Fraktionsvorsitzender der Ulmer FDP, sieht ebenfalls „noch Fragezeichen bei Jamaika“. Vor allem die CSU sei „waidwund“, da sei gerade in der Zusammenarbeit mit den Grünen noch manche Frage offen. Dennoch sieht Wischmann im Dreibündnis durchaus Vorteile: „Es muss jetzt einen Modernisierungsruck in Deutschland geben.“ Das betreffe das Thema Digitalisierung, wobei es nicht nur um den oft bemühten Breitbandausbau gehe, sondern auch um die Abschaffung veralteter gesetzlicher Vorschriften, etwa bei Heimarbeitsplätzen.


Es droht eine Blockade


Thomas Kienle, Fraktionsvorsitzender der Ulmer CDU, erkennt durchaus „Reize“ im angestrebten Bündnis. Es komme jetzt darauf an, „konstruktiv“ zu regieren. Kienle warnt allerdings vor politischem Stillstand: „Die SPD kann im Bundesrat alle Vorhaben blockieren.“ Kienle markiert die Themen Klimaschutz und wirtschaftlicher Wachstum als zentrale Themenfelder: „Wir müssen wieder den Erfindergeist nach vorne bringen.“


Für die Grünen fordert Stadtrat Michael Joukov, das Jamaika-Bündnis müsse für Umwelt und Gerechtigkeit stehen. „Ich privat wünsche mir auch noch ein Zuwanderungsgesetz, mehr direktdemokratische Elemente und mehr Integrationsanstrengungen für die, die schon sehr lange hier Leben, aber nicht Teil der Bürger-Gesellschaft geworden sind.“ Mit Blick auf Ulm zeigt er sich stolz darauf und froh darüber, dass seit einigen Jahren Sachpolitik am Ratstisch stattfindet. „Wir haben schon mit Jamaika-Mehrheit Dinge beschlossen. Sacharbeit ist das Stichwort! Da kann Berlin von Ulm lernen.“


Neue Formate ausprobiert


Der grüne Spitzenkandidat Marcel Emmerich konnte sich gestern über eine Statistik freuen: In keinem Wahlkreis bundesweit konnten die Grünen so stark zulegen wie im Wahlkreis Ulm. „3,4 Prozentpunkte, das ist der Lohn für unseren engagierten Wahlkampf“, sagte Emmerich. Er habe viele Wochen lang und überall in der Fläche Wahlkampf gemacht, das habe sich am Ende ausgezahlt. Dazu kämen neue Formate wie „Hate Slam“ oder „Auf einen Kaffee mit dem Kandidaten“, die besonders bei jungen Wählern sehr gut angekommen seien. „Ich bin froh, dass die Energie, die ich investiert habe, sich so rentiert hat“, bilanziert Emmerich.


Oberbürgermeister Gunter Czisch sieht eine „Herkulesaufgabe“ auf CDU, Grüne und FDP zukommen. „Die Wählerinnen und Wähler wollen jetzt sehen, dass nicht jeder sein Süppchen kocht, sondern Antworten und Lösungen auf die zentralen Fragen des Landes im künftigen Koalitionsvertrag gefunden und vereinbart werden.“


Czisch will die Maßstäbe der Bundespolitik nicht auf die Kommunalpolitik anlegen, meint aber: „In Ulm ist es gute Tradition, über die Parteigrenzen hinweg zusammen mit den Fraktionen um gemeinsame Lösungen zu ringen.“ Da gehe es besonders um die Wirtschaftskraft und den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft.


Populismus ist kein Mittel


Die Wahl habe gezeigt, dass sich viele Menschen nicht wahrgenommen fühlten und sich entschlossen hätten, mit Ihrer Stimme Ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Czischs Forderung: „Anstatt darüber zu streiten, wer Schuld ist, sollten alle politischen Verantwortlichen auf allen Ebenen darüber reden, wie wir diese Menschen wieder erreichen können, um Ihnen Sicherheit und Orientierung zu bieten.“ Die Äußerungen einiger Wahlkämpfer in den letzten Wochen ließen Schlimmes befürchten: „Unter Demokraten sind Populismus, Lärm und Respektlosigkeit kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.“

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