Sozialbericht der Regierung...

02. August 2017

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Gießkannen-Prinzip

Leitartikel Dieter Keller zum Sozialbericht der Bundesregierung


Wenn Arbeitsministerin Andrea Nahles am heutigen Mittwoch dem Bundeskabinett den Sozialbericht vorlegt, dann geht es um gewaltige, um nicht zu sagen schwindelerregende Summen. In diesem Jahr dürfte das Sozialbudget 962 Milliarden Euro erreichen, und wenn es weiter so rasant wächst wie derzeit, überspringt es spätestens in zwei Jahren die Billionengrenze.


Als nackte Zahl sagt das wenig. Bedenklich ist, dass die Sozialleistungsquote steigt, also der Anteil des Sozialen an der Wirtschaftsleistung. Fast 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden für Sozial leistungen verwandt, Tendenz weiter steigend. Und das in einer Zeit, da die Wirtschaft floriert. Es wird also mehr umverteilt, als zusätzlich erwirtschaftet wird. Wie wird das erst, wenn die Konjunktur einmal nicht mehr so gut läuft, wenn mehr Arbeitslose Geld brauchen, aber der Kuchen nicht weiter wächst? Es ist erst eineinhalb Jahrzehnte her, dass Deutschland deswegen als „kranker Mann Europas“ galt.


Die Erkenntnis ist alt, aber die Politiker beherzigen sie nicht: Die Grundlagen für Probleme der Sozialkassen werden in guten Zeiten gelegt, wenn neue Leistungen scheinbar problemlos zu finanzieren sind. Dann entstehen Ansprüche, die auch erfüllt werden müssen, wenn es schlechter läuft. Nahles kann eine scheinbar gute Bilanz der letzten vier Jahre vorlegen, angefangen bei der Mütterrente und der Rente mit 63. Die Leistungen der Pflegeversicherung wurden ausgeweitet, die Renten stiegen deutlich. Jede Leistung für sich war für die Begünstigten erfreulich. Aber in Summe steigt die Belastung, und es stellt sich die Frage, ob bei den wirklich Bedürftigen genug ankommt.


Obwohl das Sozialbudget so schnell wächst, wird eine steigende soziale Ungerechtigkeit beklagt. Häufig wird mit der Gießkanne statt gezielt gefördert. Nicht Alte haben derzeit das größte Armutsrisiko, sondern Alleinerziehende, sowohl im Moment als auch langfristig bei ihrer Altersversorgung. Hier agiert die Politik erstaunlich leidenschaftslos. Nahles und die SPD denken über die „Solidarrente“ nach. Doch die würde nur wenigen helfen, die lange Zeit wenig verdient haben. Auch das Einfrieren oder gar Anheben des Rentenniveaus bringt den wirklich Bedürftigen wenig. Wobei die Union auf diesem Feld mit besonders wenig Ideen auffällt.


Zum Sozialbudget gehören nicht nur die Sozialversicherung, sondern auch vielfältige Leistungen wie Kinder- und Elterngeld, Hartz IV und Grundsicherung. Der Strauß ist so groß, dass vielen nicht bewusst ist, was der Staat alles leistet. Das ist mit ein Grund für die Unzufriedenheit. Ursula von der Leyen wollte dieses Dickicht als Familienministerin lichten, doch geschehen ist das nie.


Daher sollten Nahles oder ihre Nachfolger in der neuen Legislaturperiode erst einmal überlegen, was vereinfacht und gestrafft werden kann, bevor sie neue Leistungen einführen. Denn schon die bestehenden werden als Folge des demografischen Wandels automatisch teurer. Hoffentlich nicht unbezahlbar.


leitartikel@swp.de

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