Hermann KÖHL.. ein Pionier der Luftfahrt.. 90 Jahre ist es her..

12. April 2018, 22:00Uhr

Lesen SIE bitte die NUZ..
dass er über den Atlantik als erster Mensch geflogen ist..

Einmal über den Atlantik und zurück
Heldenreise Vor 90 Jahren flog Hermann Köhl als erster Mensch von Europa nach Amerika. Heute allerdings droht seine Geschichte zunehmend in Vergessenheit zu geraten

Von Alexander Rupflin

Neu-Ulm Heldengeschichten können sich auf Dauer abnutzen, dafür muss man sie nur oft genug erzählen. Im Falle des Flugpioniers Hermann Köhl besteht diese Gefahr nicht. Der Mann, der vor 90 Jahren als erster Mensch mit einem Flugzeug von Europa nach Amerika flog, droht heute in Vergessenheit zu geraten. In den 30er-Jahren distanzierte sich der Pilot von den Nationalsozialisten, weswegen diese seine Leistungen verschwiegen. Dadurch geriet Köhls Erfolg aus dem allgemeinen Bewusstsein. Hier soll anlässlich des 90. Jahrestages der Atlantiküberquerung noch einmal seine Geschichte erzählt werden:

12. April 1928, 5.10 Uhr: „Lieber Gott, nun hilf du mir!“, ruft Hermann Köhl im Stillen aus und laut: „Klötze weg?“ Von draußen schallt es „Frei!“ und immer schneller werdend setzt sich die „Bremen“ in Bewegung. – Wer meint, der Start eines Flugzeugs sei noch das leichteste Unterfangen eines solches Abenteuerflugs, der täuscht sich. Das Flugzeug nimmt Fahrt auf, aber die Nadel der Geschwindigkeitsanzeige zittert sich nicht über die 100 Stundenkilometer. Dabei braucht eine Junkers W 33 wie diese mindestens 130 km/h um abzuheben. Die Startbahn vor Köhl wird kürzer und kürzer. „Es hilft nur kalte Ruhe und Halten, Halten, ruhiges Halten des Steuers“, erinnert sich Köhl später in seiner Biografie. Und dann hebt die Maschine endlich ab. Der Propeller wühlt in der frischen irischen Morgenluft und die Flügel tragen Köhl und seine Besatzung, den Iren James Fitzmaurice und Günther von Hünefeld, hinaus in die Landschaft, dem nahen Ozean entgegen.

Geboren war der Luftpionier am 15. April 1888 in Neu-Ulm als Sohn des Leutnants Wilhelm Köhl. Seine Mutter stammte aus Pfaffenhofen an der Roth. Ein schlechter Schüler soll er gewesen sein, dafür später ein umso tapferer Soldat. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Leutnant einer Pionierkompanie an der Westfront verletzt, während seines Heimaturlaubs ließ er sich innerhalb von nur vier Tagen zum Piloten ausbilden. Bei seinem 858. Feindflug über Paris geriet seine Maschine unter Beschuss und Köhl musste notlanden. Die feindlichen Truppen nahmen ihn gefangen. In Abwesenheit bekam er durch Kaiser Wilhelm II noch während der Gefangenschaft den hohen Tapferkeitsorden, den Pour le Mérite, verliehen. Bald darauf konnte Köhl unverletzt zurück nach Deutschland fliehen. Vom Fliegen aber träumte er auch nach dem Krieg fortwährend.

12. April, 9 Uhr: Die Sonne kündigt sich golden im Rücken der Piloten an. „Die Einsamkeit ist doch unser Begleiter über die weite Wasserwüste“, denkt Köhl und die Bremen steigt den Wolken entgegen. Dann rumst der Motor, der Tourenzähler schnellt zurück, die drei Helden sind aus ihren Träumen herausgerissen. Sofort drosselt Köhl den Motor und das Rumsen ward nicht mehr gehört. Aber es erfüllte die Besatzung mit Sorge, denn sie wissen „weit draußen auf dem unendlichen Ozean darf mit solchen Geräuschen nicht gespaßt werden“, wie Köhl später einmal sagte.

Gegen Mittag sind die ersten 1500 Kilometer geschafft. Köhl erlaubt sich einen kleinen Mittagsschlaf. Später schiebt ihm Fitzmaurice einen kleinen Zettel zu: „Wir werden die Leuchttürme auf Neufundland noch vor Beginn der Nacht sehen.“ Um miteinander zu sprechen ist es zu laut, also schreibt Köhl zurück: „Gott ist mit uns und mit unserem Werk.“

12. April, 18 Uhr: „Wehe dem Piloten, der, ohne es zu ahnen, in die eisigen Gefahr bringenden Schnee- und Hagelstürme der finsteren Nebelschwaden hineingerät“, lehrt Köhl in seiner Biografie. Plötzlich tut sich am Horizont ein gigantischer Wolkenberg auf. Die Besatzung ist sich unsicher, ob die Bremen einen solchen Sturm übersteht. Die Piloten machen sich fertig für das Gefecht, ihre einzige Waffe sind zwei Askania Wendeanzeiger, die Drehrichtung und Drehgeschwindigkeit des Flugzeugs anzeigen. Dann geht es hinein in die Wolken. Dicker Regen peitscht an die geschlossenen Fenster. Köhl wird klar: „Jetzt geht’s um Leben und Tod.“ Dann beginnt er zu beten.

Stundenlang tobt der Sturm. Die Bremen verliert an Öl. „Ein fades, ekliges Gefühl kriecht in mir hoch“, erinnert sich der Pilot. Er nimmt Fitzmaurices Hand und drückt sie – „sind wir doch zu zweit im Kampf.“

13. April, 11 Uhr: Der Sturm ist überstanden. Köhl kämpft gegen die Müdigkeit. Dann zeigt die Tankanzeige plötzlich an, dass sich der Treibstoff dem Ende zuneigt. Vier Stunden früher als berechnet. Noch zwei Stunden fliegen die Pioniere übers offene Meer, dann endlich Küste. Es beginnt ein Fliegen in Meterhöhe über Tannen hinweg. Wo genau sie sind, wissen sie nicht. Fitzmaurice macht Köhl auf einen an der Küste eingeeisten Dampfer aufmerksam, dann entdecken die Piloten am Horizont einen Leuchtturm. „Gerettet! Gerettet!“, ruft Köhl aus und setzt zur Landung auf einem vereisten Schneefeld neben dem Leuchtturm an. Sanft setzt die Bremen auf, aber anstatt auszurollen, bricht sie ins Eis ein. Die Mannschaft springt aus dem Flieger und wird vom Wind auf dem glatten Eis beinahe weggeweht. Menschen kommen herbeigeeilt. Sie erzählen den Piloten aufgeregt, dass sie tatsächlich in Kanada gelandet sind, in Greenly Island, an der Straße von Belle Isle. Und was denkt der Pionier in diesem Augenblick? Er gedenkt all der toten Flieger, die vor ihm diese Reise angetreten haben und weniger Glück gehabt hatten. „Ihnen ist mein Gruß geweiht.“ – So zumindest beschreibt es Köhl selbst in dem Buch „Unser Ozeanflug. Lebenserinnerungen. Der erste Ost-Westflug über den Atlantik in der Bremen“.

Was ein Held braucht, um als Held seine Zeit zu überdauern, ist vor allem ein Ort, der die Erinnerung an die große Tat unermüdlich wachhält und nacherzählt. Köhls Glück ist es, dass seine Gedenkstätte in der Marktgemeinde Pfaffenhofen liegt. Hier lebt er fort und wird von den Bewohnern herzlich bedacht: Die Schüler der Hermann-Köhl-Schule behandeln seine Geschichte im Unterricht, im Rathaus können Touristen eine Dauerausstellung zu dem Ehrenbürger besuchen. Ein wenig weiter, in der Hermann-Köhl-Straße, steht noch heute das Haus, in welchem der junge Köhl später aufwuchs. Und auf dem örtlichen Friedhof liegt sein Grab.

„Was bleibt über vom Heldentum? Ein verfallener Hügel, bewachsen mit Unkraut“, sagte einmal Konfuzius. – Wie sehr sich der chinesische Philosoph doch täuschte. Auf Hermann Köhls Ruhestätte wächst weder Löwenzahn noch Gänsefuß. Am 14. April wird Josef Walz, Bürgermeister von Pfaffenhofen, dem Ehrenbürger auf dessen Grab stattdessen einen Kranz niederlegen.

Hermann Köhl, hier in der Mitte, gilt als einer der Pioniere der Luftfahrtgeschichte. Nach jahrelangen Bemühungen, einer gewissen Sturköpfigkeit und mit viel Wagemut, gelang ihm im Jahre 1928 was vorher niemandem gelungen war: Er überflog von Europa aus den Atlantik und landete in Amerika. Foto: dpa

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