BTW 17.. Hat Bayern genug Polizisten ? Fakten und Interpretationen

02. September 2017

Lesen SIE bitte die NUZ

Hat die bayerische Polizei genügend Personal?
Fakten-Check Innenminister Joachim Herrmann sagt, er habe so viele Beamte wie noch nie. Nach Ansicht der SPD ist das nur die halbe Wahrheit. Sie verweist auf Personallücken in den Dienststellen und zwei Millionen Überstunden

Kann das stimmen? Was ist da wirklich dran? Wir leben in einer Zeit, in der sich streitbare Behauptungen schneller verbreiten als je zuvor. Wer prüft da noch, ob die vermeintlichen Tatsachen auch stimmen? Wir! Heute geht es um die innere Sicherheit.

Die CSU legt im Wahlkampf großen Wert darauf, Vorreiter bei der inneren Sicherheit zu sein. Dass Bayern das sicherste Bundesland ist, bestreitet niemand. Zwar war im Jahr 2016 die Zahl registrierter Straftaten pro 100 000 Einwohner etwas höher als in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Rechnet man aber die illegalen Einreisen, die überwiegend in Bayern registriert wurden, aus den Statistiken heraus, dann ist in Bayern die Kriminalitätsbelastung der Bevölkerung am niedrigsten. Gestritten allerdings wird im Landtag regelmäßig über die Frage, ob es in Bayern ausreichend Polizisten gibt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) behauptet, die bayerische Polizei habe so viel Personal wie nie. Der Chef der SPD im Landtag, Markus Rinderspacher, hält ihm entgegen, dass das nur die halbe Wahrheit sei. Wie ist es wirklich?

Zahlen Das sind die Personalstellen in absoluten Zahlen: Die Polizei in Bayern hat nach Angaben des Innenministeriums aktuell mit insgesamt 41 969 Stellen tatsächlich so viel Personal wie noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Einsparungen im Personalbereich im vergangenen Jahrzehnt – da sollte die Polizei nach dem Willen der damaligen CSU-Staatsregierung „billiger und besser“ werden – wurden schrittweise korrigiert. Seit dem Jahr 2009 wurden 2917 zusätzliche und dauerhaft verfügbare Stellen geschaffen. Bis 2020 soll es pro Jahr noch einmal 500 Stellen zusätzlich geben.

Ländervergleich und Statistik Wer hier nachforscht, wird sofort mit den Tücken der Statistik konfrontiert. Bayern lag laut dem Statistik-Portal Statista im vergangenen Jahr mit angeblich 326 Polizisten pro 100 000 Einwohner einerseits deutlich hinter den Stadtstaaten Berlin (473), Hamburg (437) und Bremen (418) sowie hinter Mecklenburg-Vorpommern (366) und Brandenburg (328). Das hat praktische wie historische Gründe. Stadtstaaten brauchen mehr Polizei, weil die Kriminalitätsbelastung dort deutlich höher ist als in Flächenländern. Und in den ostdeutschen Ländern gibt es aus DDR-Zeiten noch immer einen Überhang an Polizisten. Andererseits zeigt sich in derselben Statistik ein deutlicher Vorsprung Bayerns etwa gegenüber Baden-Württemberg (225) und Rheinland-Pfalz (224). Das liegt auch daran, dass Bayern die rund 5000 Tarifangestellten bei der Polizei miteinrechnet. Nur so konnte man für das Jahr 2016 auf die Zahl 326 kommen, aktuell wären es 327. Setzt man dagegen nur die rund 37 000 Polizisten zu den rund 12,85 Millionen Einwohnern Bayerns ins Verhältnis, dann kommt man auf rund 288 Polizisten pro 100 000 Einwohner. Doch auch das ist offenbar noch nicht die ganze Wahrheit. Das Innenministerium in München weist darauf hin, dass die Tarifangestellten in Bayern Aufgaben übernehmen, die in anderen Ländern von den Polizisten selbst erledigt werden müssen. Das relativiert den Vergleich noch einmal zugunsten Bayerns.

Soll und Haben Die 41 969 Personalstellen der Polizei verteilen sich auf die zehn Präsidien und ihre Inspektionen sowie auf das Landeskriminalamt, die Bereitschaftspolizei, das Polizeiverwaltungsamt, das Innenministerium und weitere Sonderverbände. Die SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsidentin Inge Aures wollte deshalb wissen, wie viel von dem zusätzlichen Personal bei den Dienststellen vor Ort tatsächlich ankommt. Aus der Antwort des Innenministeriums ergibt sich dabei in der Tat eine Differenz zwischen der sogenannten Soll-Stärke und der durchschnittlich verfügbaren Personalstärke. Die Soll-Stärke der Polizeipräsidien und ihrer Inspektionen liegt demnach bei insgesamt 27 552 Stellen, die tatsächlich verfügbare Personalstärke aber liegt mit 25 189 um rund neun Prozent niedriger. Das bedeutet freilich nicht, dass die Stellen unbesetzt waren. Diese Stellen waren besetzt, aber die Polizistinnen und Polizisten waren aus verschiedenen Gründen in ihrer Dienststelle nicht verfügbar – etwa wegen Fort- und Weiterbildung, Abordnung zu anderen Dienststellen, Mutterschutz mit Elternzeit, Sonderurlaub oder dauerhafter Erkrankung.

Ist das eine Lücke? Das Innenministerium sagt Nein. Die Soll-Stärke stelle nämlich nicht den tatsächlichen Personalbedarf einer Dienststelle dar, sondern diene lediglich als Planungsgröße. Die genannten Abwesenheiten würden dabei berücksichtigt. Außerdem seien die Soll-Stärken im Zuge des Aufbaus neuer Stellen regelmäßig mit angehoben worden. Aus der dargestellten Differenz einen Personalmangel zu konstruieren, sei jedenfalls „völlig aus der Luft gegriffen“.

Mehrarbeit Die SPD lässt dennoch nicht locker. Dass es bei der Polizei an Personal mangelt, ist ihrer Auffassung nach auch an der Zahl der Überstunden abzulesen. Sie lag laut Ministerium im Jahr 2012 allein für die Präsidien bei rund 1,07 Millionen und stieg bis 2016 auf 1,65 Millionen an. SPD-Fraktionschef Rinderspacher schätzt, dass die Gesamtsumme der Überstunden der Polizei sogar bei zwei Millionen liegt. Allerdings, und auch das gehört zu den Fakten, fielen in den genannten Zeitraum der G-7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im oberbayerischen Elmau sowie der große Ansturm von Flüchtlingen – was jeweils eine immense Mehrarbeit für die Polizei bedeutete.

lFakt ist: Die Polizei in Bayern ist sowohl im Vergleich zu früher als auch im Vergleich zu anderen Flächenländern in der Bundesrepublik Deutschland deutlich besser aufgestellt. Uli Bachmeier

Ein durchaus belastender Job: Die Polizistinnen und Polizisten in Bayern schieben einen Berg von Überstunden vor sich her. Nach den Einsparungen im vergangenen Jahrzehnt wird das Personal längst wieder schrittweise aufgestockt. Foto: Daniel Karmann, dpa

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