Daimler verlässt die Wissenschaftsstadt und verspricht neue Stellen im IT Bereich...

17. November 2017

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Daimler schließt Forschung in der Ulmer Wissenschaftsstadt

Abbau Der Konzern verlegt automobile Themen an andere Standorte. Es sollen neue Stellen für IT-Experten entstehen. Die Politik reagiert nüchtern. Von Frank König und Julia Kling


Einer der Grundpfeiler der Ulmer Wissenschaftsstadt gerät ins Wanken. Der Daimler-Konzern schließt 2018 die Forschung und Entwicklung in dem in den neunziger Jahren von Stararchitekt Richard Meier konzipierten Gebäudekomplex auf dem Oberen Eselsberg. Die etwa 250 Arbeitsplätze sollen an die Standorte Sindelfingen, Untertürkheim und Immendingen verlagert werden. Die betroffenen Mitarbeiter wurden gestern per Mail von der Entscheidung zur Schließung der Forschung informiert. Für heute ist eine Betriebsversammlung anberaumt.


Bei Daimler sagte Sprecher Oliver Wihofszki, die Schließung in Ulm hänge mit dem Wandel in der Autoindustrie hin zu Themen wie autonomes und vernetztes Fahren sowie Elektromobilität zusammen. Man wolle diese Zukunftsthemen auf die großen Standorte im Raum Stuttgart und das Technologiezentrum in Immendingen konzentrieren. Im Gegenzug wolle Daimler jedoch neue Arbeitsplätze für Experten in der Informationstechnologie schaffen. Sie sollen bei der Daimler TSS, die auch die Software für Car2go entwickelt, und Daimler Protics entstehen. Der Konzern beschäftigt mehr als 500 IT-Mitarbeiter in Ulm, sagte Wihofszki. Die Teams sind teils in der ersten Baustufe des Daimler-Zentrums – dem früheren AEG-Forschungsinstitut als eigentlicher Keimzelle der Wissenschaftsstadt – untergebracht. Nun sollen „mittelfristig einige hundert zusätzliche Arbeitsplätze für IT-Experten“ geschaffen werden, heißt es.


„Teil des Gründungsmythos“


Vor diesem Hintergrund fielen die Reaktionen in Ulm gestern eher nüchtern aus. OB Gunter Czisch nannte den Abzug von mehr als 200 Wissenschaftlern einerseits bedauerlich. Das Daimler-Zentrum sei außerdem „Teil des Gründungsmythos der Wissenschaftsstadt“. Es gebe allerdings einen heftigen Konkurrenzkampf unter den Forschungsstandorten von Daimler – dem Ulm offenbar zum Opfer gefallen ist. Czisch wertet den Wandel hin zu mehr IT gleichzeitig als erfreulich: „Je früher wir uns mit Zukunftsthemen beschäftigen, desto besser.“ Bei der IG Metall war die Reaktion freilich kritisch. Die Gewerkschaft betrachtet die Verlagerung als „Zumutung“ für die Belegschaft und will heute mit Betriebsratschef Dr. Frank Niebling und dessen Stellvertreter Dr. Werner Ritter näher informieren.


Aus Sicht der IG Metall und ihrer Bevollmächtigten Petra Wassermann bleibt auch unklar, was die Schließung der Forschung für etwa 200 Studenten und Doktoranden bedeutet. Universitätspräsident Michael Weber sieht die Folgen allerdings nicht so dramatisch, wie er gestern Abend am Rande einer Veranstaltung der Universitätsgesellschaft sagte. Die Schließung des Daimler-Forschungszentrums sei absehbar gewesen, weil keine neuen Leute mehr eingestellt wurden.


Die Eröffnung der zweiten Baustufe in den Meier-Bauten ging 1993 mit dem damaligen Konzernchef Edzard Reuter über die Bühne. Das Daimler-Zentrum galt neben der Universität und dem Science Park als ein Schlüsselfaktor der Wissenschaftsstadt, die in den achtziger Jahren von Ministerpräsident Lothar Späth, Alt-OB Ernst Ludwig und Unirektor Theodor Fliedner entworfen wurde – vor allem als Antwort auf den Strukturwandel mit hohen industriellen Arbeitsplatzverlusten in Ulm im Zuge der Videocolor-Krise. Zuletzt waren Forscher des Ulmer Zentrums um Dr. Patrick Izquierdo für den Deutschen Zukunftspreis 2016 nominiert. Die Daimler-Ingenieure hatten einen reibungsarmen Zylinder gebaut, wodurch sich der Energieverlust des Motors etwa halbiert.


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