Hochschule Neu-Ulm... 3800 Studierende..

14. August 2018

Ein Gespräch mit der Rektorin.. Lesen SIE bitte die SWP.

„Stehen bleiben heißt Rückschritt“

Hochschule Endlich haben alle Studierenden Platz auf dem Campus: Noch sind die Maler zugange, zum kommenden Semester aber ziehen die Studierenden und die Professoren ins rund 26 Millionen Euro teure Gebäude an der Wileystraße ein. Von Rudi Kübler


Zur Eröffnung 2008 war Günther Beckstein da ... und jetzt, am 25. September, 17 Uhr, kommt Markus Söder. Wenn Neubauten an der Hochschule Neu-Ulm übergeben werden, treten immer bayerische Ministerpräsidenten mit fränkischen Wurzeln an. Seltsam? Nein, eigentlich nicht. „Das liegt wohl an mir“, sagt Uta Feser und lacht. Wer sie reden hört, weiß, warum es sprachliche Bande zu Beckstein und Söder gibt. Obwohl sie jetzt seit 18 Jahren an der Hochschule Neu-Ulm ist und diese seit 12 Jahren leitet, klingt der fränkische Dialekt durch – immer noch. Die 59-Jährige stammt aus Nürnberg. Wir sprachen mit ihr über den Neubau, die Internationalisierung, neue Studiengänge und, aus gegebenem Anlass, den Bayerischen Verdienstorden.


Wie wichtig ist der Erweiterungsbau für die Hochschule Neu-Ulm? Der Neubau war ja bereits bei der Eröffnung 2008 zu klein. Damals hatten Sie gesagt, wir müssten eigentlich gleich wieder bauen ...


Uta Feser: Dieser Neubau ist für uns überlebensnotwendig. Wir haben jetzt knapp 4000 Studierende – und die brauchen einfach Platz.


Sind da die Weiterbildungsstudierenden bereits eingerechnet?


Ja, wir haben rund 250 Studierende in der Weiterbildung. Es bedarf schon einer starken Raumplanung, dass wir unsere Studierenden unterbringen. Und nicht nur sie, sondern natürlich auch unser Personal, das sich in der Lehre und der Verwaltung in den vergangenen Jahren verdoppelt hat.


Auf mehrere Standorte verteilt zu sein, birgt ja enorme Probleme – auch für die Identität einer Hochschule...


Das Problem ist: Wir mussten ja manches doppelt vorhalten. In der Steubenstraße – dort war bis zu diesem Semester die Fakultät Gesundheitsmanagement untergebracht – hatten wir zusätzlich eine kleine Bibliothek und eine kleine Mensa. Nun liegt die Nebenstelle Steubenstraße zwar in Laufnähe, aber dennoch geht viel Energie verloren.


Welche Standorte hat die HNU neben der Steubenstraße?


Wie gesagt: Den Standort Steubenstraße, der der Stadt gehört, geben wir jetzt ganz auf. Das Edison-Center brauchen wir nach wie vor; dort haben wir einen langfristigen Mietvertrag bis 2025. Aber wir kommen nicht drum herum, weitere Räumlichkeiten anzumieten, keine Büros, sondern Forschungslabore für Virtual Reality.


Und der Neubau ist bereits voll belegt?


In der Tat, jeder Raum ist belegt, wir haben bereits jetzt keine Kapazität mehr. Allein mit dem Forschungsverbund InnoSüd (ihm gehören die Hochschulen Neu-Ulm, Ulm, Biberach und die Uni Ulm an – Anm. d. Red.) haben wir beispielsweise 14 Mitarbeiter eingestellt.


Um noch einmal auf die Campus-Hochschule zurückzukommen, also die klassische Hochschule an einem Ort. Wie wichtig ist das für die Studierenden?


Die Campus-Situation wird sich zweifellos verbessern, die Studierenden der Fakultät Gesundheitsmanagement sind dann richtig integriert. Es wird mehr an Kommunikation, mehr an Information stattfinden.


Die HNU ist jetzt für 3800 Studierende ausgelegt. Glauben Sie, dass in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden muss?


Wir denken natürlich immer an einen weiteren Ausbau. Der Studentenpeak ist vorüber, aber die Zahl der Studierenden stabilisiert sich auf hohem Niveau. Die HNU ist eine regionale Hochschule, 75 Prozent der Studierenden stammen aus der Region. Wir müssen schauen, dass wir weiterhin attraktiv sind für die Studierenden und für die Unternehmen, für die wir ausbilden. Quantität ist das eine; nachdem die Studierendenzahl so gewachsen ist in den vergangenen zehn, zwölf Jahren, müssen wir verstärkt auf die Betreuungsqualität schauen. Sie muss stimmen. Stehen bleiben heißt Rückschritt.


Können die Hochschulen künftig auf große Gebäude verzichten, weil E-Learning immer mehr im Kommen ist?


Wir haben uns in Bayern zu Blended Learning entschlossen (diese Lernform verknüpft traditionelle Präsenzveranstaltungen mit modernem E-Learning – Anm. d. Red.). E-Learning allein reicht nicht, die Gruppe trägt auch ein Stück weit. Über E-Learning lässt sich reines Faktenwissen vermitteln, aber wir brauchen den Unterricht, den praxisbezogenen, wo wir Projekte zusammen mit der und für die Wirtschaft entwickeln. Viele brauchen auch ein Coaching, weil wir eine ganz heterogene Studierendenschaft haben.


Haben Sie neue Studiengänge im Köcher?


Ja, weil wir attraktiv bleiben wollen und müssen, haben wir für jede Fakultät einen neuen Studiengang entwickelt, wobei: Wir reden momentan lediglich über Arbeitstitel. In der Fakultät Wirtschaftswissenschaften wäre das Businessdevelopment und Marktpsychologie, in Informationsmanagement das Thema Gaming und im Gesundheitsmanagement der Studiengang Physician Assistant – alles Bachelorstudiengänge.


Was hat man sich unter letzterem vorzustellen?


Das Berufsbild des Physician Assistant ist im angloamerikanischen Bereich sehr bekannt. Der Arzt wird dabei nicht aus seiner Gesamtverantwortung herausgenommen, das soll auch kein Ersatz oder Konkurrenz für die akademisierten Pflegeberufe sein, sondern eine qualifizierte Ergänzung in der medizinischen Patientenversorgung sein.


Bis wann sollen die drei an den Start gehen?


Beim Studiengang Physician Assistant ringe ich mit dem Ministerium, damit wir neue Stellen bekommen. Wir möchten den Studiengang möglichst schnell einrichten, der Antrag liegt bereits beim Ministerium vor. Wir haben viel Unterstützung, lediglich die Landesärztekammer in Bayern steht dem Studiengang noch kritisch gegenüber. Vielleicht können wir schon im Sommersemester 2019 starten, bayernweit wären wir dann die ersten, die diesen Studiengang anbieten.


Bedauern Sie eigentlich, dass die Hochschulen kein Promotionsrecht haben?


Doch das bedauere ich schon, weil es beispielsweise für Fächer wie Pflege oder Gesundheitswissenschaften keine Lehrstühle an den Universitäten gibt, wo unsere Doktoranden betreut werden könnten. Das heißt: Wer promovieren will, geht aus Bayern weg. Und damit geht auch das Wissen. Über das Bayerische Wissenschaftsforum (BayWISS) gibt es bereits eine Plattform, wo Professoren von Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Doktorandinnen und Doktoranden gemeinsam betreuen. Das ist zwar ein aufwendiges Konstrukt, aber besser als nichts.


Die HNU hat über 100 Partnerhochschulen in fast drei Dutzend Ländern, davon allein fünf in Finnland, drei in Schweden. Wie kommt das zustande?


Die finnischen Hochschulen passen sehr gut zu unserer Art der Ausbildung und den Unternehmen aus unserer Region. Die Internationalisierung ist neben dem Praxis- und der Anwendungsorientierung das, was uns auszeichnet gegenüber den anderen Hochschulen. Dafür sind wir mittlerweile auch bekannt. Wir suchen unsere Partnerhochschulen nicht beliebig aus, wir schauen: Was fehlt uns? Wo wollen die Studierenden hin? Wer passt zu uns? Und bevor Kooperationsverträge unterschrieben werden, prüfen sich beide Seiten. Wir schicken mittlerweile 200 Studierende pro Semester raus ...


... und die wollen alle eigentlich nach Hawaii. Sommer, Sonne, Surfen ...


Klar, Hawaii zieht natürlich, da will jeder hin. Oder auch Australien. Nach Hawaii können wir jedes Jahr drei bis fünf Studierende schicken, das ist eine private Hochschule. Aber: Für unsere Studenten steht mittlerweile eher Asien im Fokus.


Dort haben Sie sehr viele Partnerhochschulen. Folgt das einem gewissen Plan?


Das hat auch mit unseren Unternehmen zu tun. Wo haben sie Kontakte, wo hätten sie gerne Kontakte. Wir versuchen schon, die Leute anzufüttern. Wie gesagt, wir recherchieren das ganz genau. Jüngst haben wir mit einer zweiten japanischen Hochschule eine Partnerschaft unterzeichnet, das passt jetzt richtig gut zu dem Freihandelsabkommen, das die EU mit Japan geschlossen hat.


In der Türkei hat die HNU fünf Partnerhochschulen, wie läuft da der Austausch momentan?


Schlecht, das Interesse an der Türkei ist gleich Null, was ich verstehen kann. Was dort geschieht, ist nicht dazu angetan, Studierende ins Land zu locken. Selbst unsere türkisch-stämmigen Studierenden reizt das nicht.


Neben den drei Fakultäten ist das vierte Standbein der HNU die Weiterbildung. Welche Bedeutung hat die Weiterbildung in den kommenden Jahren?


Die Bedeutung war schon immer groß, sie wird aber weiter zunehmen. Der Markt ist hart umkämpft, der Wettbewerb groß, denn jede Branche muss ihre Leute weiterbilden. Stichwort: Digitalisierung. Deshalb bieten wir nicht nur Weiterbildungsstudiengänge an, sondern auch kürzere Zertifikatskurse oder Seminare wie unter anderem auch Teamtraining oder Präsentationstechniken.


In diesen Bereich noch stärker reinzugehen, scheitert aber an den Ressourcen ...


Ja, schon. Die Weiterbildung war aber in der Vergangenheit immer schon gut aufgestellt, sie ist verankert in den Fakultäten. Da bin ich auch stolz drauf, ich komme ja schließlich aus der Weiterbildung.


Reden wir über Geld: Wie steht es um die Finanzierung der bayerischen Hochschulen?


Wir müssen alle dafür kämpfen, dass die Mittel aus der Ausbauplanung verstetigt werden. Sie läuft bis Ende 2022, aber wenn die Mittel wegbrechen ... Die HNU ist jetzt schon zu mehr als 40 Prozent über diese Ausbauplanung finanziert, dann wird’s schwierig. Der Freistaat ist nicht so arm, da muss sich etwas tun, gerade bei den Stellen im Mittelbau, genauso wie bei der Finanzierung von Masterstudiengängen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Die schneiden wir uns, von wenigen Ausnahmen abgesehen, aus den Rippen. Es geht um Planungssicherheit. Bildung ist einfach eine Daueraufgabe, und da braucht es dauerhafte Stellen.

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