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08. November 2016

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Neue Tafel erinnert an Pogrom

9. November Am Sparkassen-Neubau wird morgen eine Gedenktafel enthüllt, die an die Verbrechen der Nazis erinnert. Das Original war beim Abriss verschwunden. Von Rudi Kübler


Wo ist eigentlich die Gedenktafel? Die Tafel mit der Inschrift: „An dieser Stelle stand die Synagoge. Sie wurde im Jahr 1873 erbaut und bei den Verfolgungen unserer jüdischen Mitbürger am 9. 11. 1938 zerstört.“


Als diese Tafel 1958 am damals neuen Sparkassenbau in der Neuen Straße enthüllt wurde, waren 20 Jahre vergangen. Zwei Dekaden nach einem der widerwärtigsten Geschehnisse der Ulmer Geschichte: Juden waren in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 – der Nacht, die die Nationalsozialisten als „Reichskristallnacht“ bezeichneten – aus ihren Wohnungen und Häusern geklingelt worden. SA-Schergen brachten die Männer unter dem Vorwand, sie müssten die in Brand geratene Synagoge löschen, auf den Weinhof. Dort trieben sie die Juden in den Christophorus-Brunnen und prügelten auf sie ein. Manche erlitten schwere Verletzungen – unter ihnen Rabbiner Dr. Julius Cohn.


Das war zwischen 4 und 5 Uhr in der Früh. Bereits eine Stunde zuvor hatten Männer der SA-Standarte 120 die Synagoge tatsächlich in Brand gesetzt. Hans Schiller, der wegen dieser Brandstiftung im Dezember 1946 vor Gericht stehen sollte, rammte eine der Türen ein und warf einen brennenden Putzwollballen in die Synagoge. Das Feuer zerstörte das Gotteshaus nur teilweise, die Feuerwehr war schnell zur Stelle, zu schnell für die Pläne der Nazis. Denn dass die Synagoge dem Erdboden gleichgemacht werden sollte, war beschlossene Sache. Drei Tage später begannen die Abbrucharbeiten.


Ja, was ist eigentlich mit der Gedenktafel? Dr. Hartmut Schrenk von der Stolperstein-Initiative hatte diese Frage gestellt, ihm war aufgefallen, dass die Tafel mit dem Abriss des Sparkassen-Gebäudes Ende 2011 verschwunden ist. Eine Antwort fand sich nach kurzer Recherche, die Tafel wurde im Stadtarchiv eingelagert. Was eine zweite Frage aufwarf, die nach einer aktualisierten Tafel am neuen Sparkassen-Gebäude. Dr. Silvester Lechner, ehemaliger Leiter des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg (DZOK), setzte sich mit der Stadt, dem DZOK, Rabbiner Shneur Trebnik auf der einen und Sparkassen-Vertretern auf der anderen Seite zusammen.


Für Lechner war klar, dass eine Gedenktafel an diese Stelle gehört. „Das ist der Ort, an der die alte Synagoge stand. An diese tragische und für Ulm schreckliche Zeit muss erinnert werden.“ Nicht zuletzt ging es auch darum, Stadt und Sparkasse nicht aus der „Verantwortungsgemeinschaft“ zu entlassen, so Lechner. Zum Verständnis ist ein Exkurs nötig: Die Stadt hatte die Synagoge abbrechen lassen und ein halbes Jahr später das Grundstück der jüdischen Gemeinde für knapp 15 000 Reichsmark abgekauft – also unter Wert. Nach dem Krieg ging das Grundstück an einen Treuhänder der US-Militärregierung über, 1948 dann wieder an die Stadt. Die „Jewish Restitution Successor Organisation“ verzichtete 1950 auf eine Rückgabe des Grundstücks und erhielt von der Stadt Ulm eine Nachzahlung, schreibt Prof. Michael Wettengel, Leiter des Stadtarchivs, in der Dokumentation zum Gutachterverfahren Neue Synagoge. 40 000 Mark sollen es gewesen sein.


Und die Sparkasse? Sie tauschte 1955 mit der Stadt ein Grundstück, um in der Neuen Straße bauen zu können.

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