Asyl in Neu-Ulm und Umgebung...

16. August 2014

lesen Sie dazu bitte die SWP

Steigende Zahl der Asylbewerber fordert die Städte heraus

In Ulm und Neu-Ulm leben derzeit 500 Asylbewerber. Die Städte gehen bei der Unterbringung unterschiedlich vor. Während Ulm auf Eigenregie setzt, profitieren in Bayern Privatvermieter von der Wohnungsnot.

HANS-ULI MAYER ... | 0 Meinungen
 

Seit drei Jahren steigen die Flüchtlingszahlen wieder sprunghaft an, nachdem sie von 2006 an deutlich zurückgegangen waren. Der Ansturm der Asylbewerber spiegelt nicht zuletzt die Weltpolitik wider: Gibt es viele Kriege und Krisen, steigt die Zahl der Flüchtlinge. Das war in den Jahren 2003 und 2004 so (zweiter Irak-Krieg) und gilt auch seit 2011 für den Arabischen Frühling und den Bürgerkrieg in Syrien.

Entsprechend hoch ist die Zahl der flüchtenden Menschen, die um Asyl bitten. Und entsprechend groß ist auch die Not der Städte, geeignete Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. In der Herangehensweise zeigen sich Unterschiede. Während der auch für die Stadt Neu-Ulm zuständige Landkreis auf private Anbieter setzt und zum Teil überhöhte Mietpreise dafür bezahlt, stemmen Ulm und der Alb-Donau-Kreis die Unterkünfte selbst.

Allerdings ist dies keine moralische Entscheidung im Ulmer Rathaus, sondern ein Landesgesetz. In Baden-Württemberg haben die Kommunen eine Pflicht, für Flüchtlinge eine Unterkunft bereitzuhalten. Dass Privatpersonen Asylbewerberheime aufbauen und vermieten, ist in Baden-Württemberg nicht möglich, sagt Bürgermeisterin Iris Mann. Aber weil billige Wohnungen knapp sind, ist die Konsequenz: "Es gibt einen unglaublichen Verdrängungswettbewerb der finanzschwachen Schichten um günstigen Wohnraum."

Die schwierige Situation hat OB Ivo Gönner in seiner jüngsten Schwörrede veranlasst, an die Bevölkerung zu appellieren: Es sei nicht damit getan, Mitleid mit den Menschen zu haben, man müsse ihnen auch ein Dach über dem Kopf anbieten. Die Stadt hat deshalb schon vor Wochen eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe eingesetzt, um neue Unterkünfte zu suchen - in der Hoffnung, dass sich keine Initiative von Nachbarn gründet, die zwar Mitleid hat, aber keine Asylbewerber vor der Haustür haben will. Gönner am Schwörmontag: "Das ist kein menschlicher Ansatz." Der Ulmer OB wird dabei von Integrationsministerin Bilkay Öney unterstützt: "Im Prinzip hat niemand etwas gegen Flüchtlinge. Aber niemand will sie vor der eigenen Haustür haben", hatte sie kürzlich bei einem Besuch in Ulm gesagt.

Ende Juli waren in Ulm 259 Asylsuchende untergebracht, die meisten davon in der Gemeinschaftsunterkunft an der Römerstraße, die allerdings jetzt schon überbelegt ist. Seit kurzem gibt es die Außenstelle am Rieslingweg, außerdem ist eine Familie in einer Pension untergebracht. Wie auf den zu erwartenden weiteren Zustrom zu reagieren ist, wird noch diskutiert. Dazu gehört auch die Forderung, die pauschale Zuwendung vom Land pro Asylbewerber vom Land (12 566 Euro bei einem durchschnittlichen Verbleib von 18 Monaten) zu erhöhen.

Im Kreis Neu-Ulm organisiert das Landratsamt die Unterbringung der im Moment knapp 400 Asylbewerber, auch in der Großen Kreisstadt Neu-Ulm. Schon seit einigen Jahren betreibt dort die Regierung von Schwaben in der Eckstraße ein Flüchtlingsheim, in dem derzeit knapp 70 Menschen leben. Darüber hinaus hat der Landkreis in der Stadt Neu-Ulm acht Wohnungen und Häuser angemietet, davon allein vier in Pfuhl für 125 Personen, in der großen Mehrzahl junge Männer. 25 Asylbewerber wohnen in der Breitenhofstraße, 11 in Burlafingen und 5 in Holzschwang.

In der Regel werden dafür die ortsüblichen Mieten bezahlt, sagt die im Landkreis zuständige Juristin Karen Beth, nicht selten aber auch mehr. Die Vermieter profitieren dabei von der Not des Landkreises, geeigneten Wohnraum finden zu müssen. Und diese Not wird täglich größer: Denn zum Jahresende könnten es im ganzen Landkreis knapp 570 Asylbewerber werden, die alle untergebracht werden müssen.

"Wir bezahlen für die Mieten ganz sicher keine Phantasiepreise", versichert Beth, fügt aber hinzu, dass das Ganze auch eine Frage von Angebot und Nachfrage sei. Sprich manchmal ist es auch etwas mehr als die ortsübliche Miete.

Über die tatsächliche Höhe der Mieten schweigt sich Beth aus. Vom angemieteten Haus in der Hauptstraße 39 in der Pfuhler Ortsmitte ist aber bekannt, dass der Landkreis für die zehn Zimmer fast 3500 Euro monatlich an den Hauseigentümer überweist. Dort wohnen im Moment 17 Männer, bald sollen es fast 30 sein. In der Schwebe ist noch ein Anbau, den der Eigentümer plant und den der Landkreis auch mieten würde - mangels Alternativen.

Denn: Anders als die Nachbarstädte Illertissen oder Vöhringen haben die Stadt Neu-Ulm und die anderen Landkreis-Kommunen keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten. Karen Beth: "Wir sind froh, wenn wir darauf hingewiesen werden, wo es etwas zu mieten gibt."

Anders als in Baden-Württemberg, wo pro Person ein Pauschalbetrag bezahlt wird, rechnet der Landkreis jeden Einzelfall mit der Regierung von Schwaben ab. Die Zuwendungen werden nach den Maßgaben der Sozialhilfe bemessen. Und zur freien Verfügung hat ein Asylbewerber bis zu 280 Euro pro Monat, in erster Linie für Verpflegung.

Die Verfahren zu Anerkennung, so Beth, zögen sich unterschiedlich lange hin, von drei Monaten bei Flüchtlingen aus Syrien bis zu einem Jahr und länger bei anderen Nationalitäten.

So lange Asylbewerber nicht anerkannt sind, dürfen sie über einen Zeitraum von neun Monaten auch nicht arbeiten, sondern nur gemeinnützigen Beschäftigungen nachgehen. Einige nehmen solche Beschäftigungsmöglichkeiten an, viele aber nicht.

Beraten und betreuen

System Asylbewerber haben ein Recht auf (psychosoziale) Beratung und Betreuung. In Ulm und Neu-Ulm übernimmt die Diakonie diesen Part. Der Ulmer Flüchtlingsdiakon Dietmar Oppermann findet das System gut: "Bei der Sozialberatung durch freie Träger kommt es nicht zu Vermischung oder Loyalitätskonflikten." Letztere treten auf, wenn die Kommune einerseits Bescheide mit der Androhung von Abschiebung verschickt, weil sie den Platz für Neuzugänge braucht; andererseits aber beratend auf Seiten der Flüchtlinge stehen soll.

Finanzierung In Baden-Württemberg ist die Sozialberatung mit 888 Euro pro Asylbewerber festgelegt. Die Ulmer Diakonie finanziert damit 2,3 Personalstellen. Die Neu-Ulmer Diakonie bekommt ihr Geld je zur Hälfte vom Land und der Landeskirche. Zu der 75-Prozent-Stelle wird ab Oktober eine 50-Prozent-Stelle hinzukommen.

Situation in Ulm Die Sozialberater der Diakonie haben ihr Büro in Römerstraße. "Wir fragen zum Beispiel: Wie geht es Ihnen? Wo brauchen Sie Hilfe? Gibt es Probleme in Ihrer Familie? Kommen Sie mit den Verhältnissen klar?", sagt Udo Zellmer von der Diakonie Ulm. Ein großes Problem ist die Enge in der Römerstraße: "Dichte macht immer Stress." Weil es in der Gemeinschaftunterkunft unruhig ist, versucht die Stadt, für Flüchtlingsfamilien Mietwohnungen zu finden; Ende Juli waren es fünf Familien. Die Diakonie bietet auch Hausaufgabenhilfe/-betreuung für Schulkinder an, Sprach- und Alphabetisierungskurse, Kurse für werdende und junge Mütter über frühkindliche Erziehung und Gesundheit. Als weitere Institution kümmert sich das Behandlungszuentrum für Folteropfer (BFU) um Flüchtlinge.

Situation in Neu-Ulm "Die erste Frage der Flüchtlinge lautet meist: Wo kann ich Deutsch lernen, am liebsten sofort?", sagt Sigrun Grüninger von der Diakonie Neu-Ulm. Aber erst mit einem gesicherten Status gibt es ein Recht darauf. Grüninger schaut fast neidisch auf Ulm: "Dort sind über die internationale Stadt Integrativ-Sprachkurse möglich, für die die Teilnehmer 30 Euro bezahlen." Weitere wichtige Anliegen der Asylbewerber betreffen Arbeitsmöglichkeiten, Behördenpost oder Sorgen wegen der Familie im Herkunftsland. Eine Erfahrung ist auch, dass die Beratung nach der Anerkennung nicht abnimmt: "Da geht es erst richtig los."

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