Landkreis Neu-Ulm... weiterhin hohe Emissionen...

26. April 2016

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Landkreis bläst mehr Kohlendioxid in die Luft

Umweltschutz Der Ausstoß des Treibhausgases ist in der Region zuletzt gestiegen. Gegensteuern wollen die Kreisräte mit einem Katalog von Maßnahmen. Ob genug Geld vorhanden ist, scheint fraglich. Deshalb sind die Bürger in der Pflicht

von Jens Carsten

Landkreis Es sind beunruhigende Nachrichten für Umweltschützer in der Region: Der Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid ist pro Landkreisbürger und Jahr zuletzt gestiegen. Das ging aus einer Bilanz hervor, die gestern Mirjam Schumm von der damit beauftragten Münchner Agentur „Greencity Energy“ im Umwelt- und Werkausschuss des Kreises vorstellte. Der Befund: Hatte jeder Bewohner etwa durch Autofahrten oder Heizung im Jahr 2010 noch durchschnittlich 11,4 Tonnen des klimaschädlichen Gases in die Umwelt geblasen, waren es 2013 11,6 Tonnen. Die ernüchternde Erkenntnis: Die Maßnahmen zum Schutz des Klimas haben offenbar keine durchschlagende Wirkung erzielt. Nahezu 50 Prozent des im Kreis erzeugten Kohlelendioxids stammten aus der Wirtschaft, 30 Prozent aus dem Verkehr und 19 aus privaten Haushalten, hieß es.

Die Kreisräte übten Kritik an der Untersuchung, die zu wenig auf regionale Besonderheiten wie die starke Wirtschaft und die Lage an einem Verkehrsknotenpunkt eingehe. Klar wurde jedoch: In der Region produzieren die Bürger durchschnittlich mehr Kohlendioxid als andere Deutsche (circa zehn Tonnen). Und: Deutliche Einsparungen setzten ein Umdenken bei den Bürgern voraus.

Auf Landkreisebene will man im Klimaschutz künftig mehr tun: Die Räte beschlossen, mehrere Maßnahmen umzusetzen – ein Katalog umfasst 30 Vorschläge. Wird alles verwirklicht, müsste der Kreis dafür bis 2019 wohl rund 1,3 Millionen Euro locker machen. Ob diese Summe tatsächlich zur Verfügung steht, blieb in der Ausschusssitzung gestern offen. So wies Landrat Thorsten Freudenberger auf hohe anstehende Ausgaben hin, dazu gehören der millionenschwere Neubau des Lessing-Gymnasiums, die Klinikreform und Pläne für das in die Jahre gekommene Landratsamt.

Ein „positives Bild“ gibt es bei den erneuerbaren Energien: So wurden 2013 bereits deutlich mehr Strom und Wärme aus Solaranlagen, Wasserkraft und Biomasse erzeugt, also noch 2010, sagte Expertin Schumm. Sie räumte Ungenauigkeiten in der Bilanz ein, verursacht etwa dadurch, dass mangels anderer Daten die Zahl der angemeldeten Fahrzeuge eingeflossen sei.

Das gefiel Rat Ansgar Batzner (Freie Wähler) aus Illertissen nicht: In einem bevölkerungsreichen Landkreis wie Neu-Ulm seien viele Autos angemeldet, aber wohl nicht alle würden regelmäßig bewegt. Zudem verfüge die Region über überdurchschnittlich viele Firmen. Landrat Freudenberger erwähnte „einen großen Betrieb“, der allein so viel Strom benötige, wie alle privaten Haushalte im Landkreis zusammen. Und Herbert Richter (SPD) aus Weißenhorn sah den Kreis mit den Autobahnen sieben und acht verkehrstechnisch an einer exponierten Stelle. Solche Gegebenheiten müssten berücksichtigt werden, hieß es. Zudem vermissten die Räte konkrete Handlungsanweisungen. Autorin Schumm konterte, dass das Zahlenwerk nicht jede Frage beantworten könne – viel mehr müssten die Kreisräte nun mit dem Material arbeiten. Offen blieb, warum der Energieverbrauch der privaten Haushalte trotz großer Einsparbemühungen wie Häuserdämmung gestiegen ist, von 1,33 auf 1,40 Megawattstunden. Es gebe etwas mehr Bewohner als noch 2010, war zu erfahren. Diese nutzten wohl auch mehr technische Geräte.

Der Landrat empfahl eine „pragmatische Sichtweise“: Große Erfolge, die man sich im Kampf gegen die Produktion von Kohlendioxid erhofft hatte, seien nicht eingetreten – ein überregionales Phänomen. Das hätten weder Kreistag noch Kreis Neu-Ulm in der Hand. Jedoch müsse man sich fragen, was vor Ort getan werden könne. Hier gebe es bereits Ansätze, Beispiele seien das angedachte Fernwärmenetz ausgehend von der Müllverbrennungsanlage in Weißenhorn und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes. Freudenberger: „Die Bilanz hat annäherungsweise gezeigt, wo wir stehen.“

Es ist offenbar ein schwieriger Standpunkt: Die Klimaziele der Bundesregierung (sie sehen vor, den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bis ins Jahr 2030 um 55 Prozent zu senken) seien im Kreis Neu-Ulm nicht umzusetzen – das war aus einer zweiten Studie zu erfahren. Sie beschäftigt sich mit der Mobilität, denn ein Drittel des im Kreis ausgestoßenen Treibhausgases stammt aus dem Verkehr. Allenfalls sei in der Region eine Reduktion um die Hälfte der im Jahr 2010 abgegebenen Kohlenstoffdioxidmenge denkbar, hieß es. Dann dürften „nur“ noch 393 500 Tonnen produziert werden. Die Strategie: 15 Jahre lang sollen jedes Jahr 26 Tonnen weniger in die Umwelt gelangen.

Damit das gelingt, müssten vor allem die Landkreisbürger ihr Nutzungsverhalten ändern. Zu regelmäßig setzten sie sich selbst ans Steuer ihres Autos, anstatt auf Bus, Bahn oder Rad umzusteigen. Gleichzeitig sei der Warenverkehr mit Lastwagen stark gestiegen. Deshalb schlagen die Macher der Studie insgesamt 30 Maßnahmen vor, die in Workshops gemeinsam mit Bürgern erarbeitet wurden und die Anreize für Einsparungen setzen sollen.

Dazu gehört zum Beispiel ein Güterverteilzentrum: Durch eine Koordination der Warenströme soll vermieden werden, dass viele nicht voll beladene Lastwagen gleichzeitig unterwegs sind. Außerdem könnten das Busnetz ausgebaut und eine Mitfahrbörse ins Leben gerufen werden sowie Lastenfahrräder zum Einsatz kommen. Ein Mobilitäts-Klimamanager wird die Fortschritte überwachen. „Man muss ständig schauen, wie effektiv die Aktionen sind“, sagte Umweltplaner Johannes Gnädinger. Der Verkehr werde in den kommenden Jahren stark zunehmen, es sei Zeit, zu handeln.

Wie viel tatsächlich umgesetzt wird, hänge von mehreren Faktoren ab, betonte der Landrat. Unter anderem davon, ob die Kreisräte angesichts der Finanzlage bereit dazu seien, die Kreisumlage zu erhöhen – und die Kommunen stärker zur Kasse zu bitten. Freudenberger: „Klimaschutz ist wichtig, aber wir werden möglicherweise Geld brauchen.“ »Kommentar Seite 27

Klimakiller Verkehr: Wer mit dem Auto unterwegs ist, verursacht Kohlendioxid. Das sind im Landkreis Neu-Ulm aktuell viele Bürger – so entsteht ein Drittel des Treibhausgases. Symbolfoto: Ulrich Perrey/dpa

Mehr Menschen sollen sich aufs Rad schwingen, auch für den Weg zur Arbeit.

Um den Lastverkehr zu senken, soll ein Güterzentrum entstehen.

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