Gibt es zu viele Hotelbetten?

06. September 2018

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Bleiben die Hotelbetten leer?
Tourismus In Ulm und Neu-Ulm entsteht ein Haus nach dem anderen. Die Belegungsquote steigt, doch Experten sehen ein Risiko. Wie die Situation im Landkreis aussieht

Von Sebastian Mayr

Landkreis/Ulm Ein Rekord jagt den nächsten. Die Hotels in der Stadt Neu-Ulm und im Landkreis haben zwischen 2007 und 2016 knapp 600 Betten dazugewonnen. In Ulm ist die Zahl sogar um knapp 800 gewachsen. Auch die Übernachtungszahlen steigen, die Auslastung der Betriebe ist gut. Das zeigen Zahlen die das Bayerische Landesamt für Statistik, das Landratsamt Neu-Ulm und die Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT) erhoben haben. Doch wie lange geht der Höhenflug noch weiter? Experten haben Bedenken. Denn gerade in der Doppelstadt entsteht ein Haus nach dem anderen. UNT-Geschäftsführer Wolfgang Dieterich sagt: „Irgendwann ist eine Sättigung erreicht.“ 2018, vermutet er, wird sich die Auslastung der Hotels in den beiden Städten nicht verbessern. Denn es kommen zwar mehr Gäste, es gibt aber auch deutlich mehr Zimmer.

Mit B&B und Leonardo haben in den vergangenen Monaten zwei große Ketten neue Häuser in Neu-Ulm und Ulm eröffnet. Und es gibt weitere Pläne: Am Ulmer Bahnhofplatz entsteht ein Hotel mit einer Dachterrasse, die einen spektakulären Blick aufs Münster bieten soll. Die Grundstücksgesellschaft Ulm will einen Bürotrakt in der Deutschhausgasse 9, der zwischen dem Parkhaus Deutschhaus und Galeria Kaufhof liegt, durch einen Hotelneubau ersetzen. Und eine türkische Investorenfamilie plant, auf dem letzten freien Grundstück am Neu-Ulmer Bahntrog neben Wohnhäusern und einer Einrichtung für Senioren auch ein Hotel zu errichten. Über Jahre hinweg hatten Branchenexperten die zu geringe Bettenzahl beklagt. Jetzt werden die Fachkräfte knapp. „Wir merken jetzt schon, dass sich die Hotels gegenseitig das Personal abwerben“, schildert Dieterich. Dem Kampf um die Mitarbeiter könnte ein Kampf um die Gäste folgen. „Wir sehen die Gefahr, dass der eine oder andere kleinere Anbieter nicht mehr mithalten kann“, sagt der UNT-Chef.

Im Rest des Landkreises ist die Situation anders als in der Stadt Neu-Ulm und im benachbarten Ulm. Auch dort ist die Zahl der Betten, unter anderem durch kleinere neue Betriebe wie das Riku-Hotel in Weißenhorn im Jahr 2015 oder das Illerberger Autobahnhotel Sentio im Jahr 2011 gewachsen. Einen Bauboom wie in Ulm und Neu-Ulm beobachtet Andrea Engel-Benz, die Tourismusbeauftragte des Landkreises, aber nicht. Dafür boomen die Übernachtungszahlen: Seit Jahren steigen sie immer weiter. Nur im Jahr 2009 verursachte die Wirtschaftskrise einen Einbruch, weil weniger Geschäftsreisende in den Landkreis kamen. Die Region, sagt Engel-Benz, profitiert von der exzellenten Anbindung durch die Autobahnen – und von der Qualität der Betriebe. „Man sieht, dass die Gäste gerne wiederkommen“, sagt sie. Besonderer Magnet ist Roggenburg. Höher als dort ist die Auslastung der Zimmer nur in der Doppelstadt. „Das ist einfach unser touristisches Highlight – und das Bildungszentrum mit seinen Angeboten zieht natürlich auch“, erklärt Engel-Benz. Mit Blick auf die bisherigen Zahlen aus diesem Jahr und auf die Gespräche mit Hoteliers erwartet sie, dass die Betriebe im Kreis weiterhin erfolgreich abschneiden.

Karin Krings leitet das Hotel Goldenes Rad in Ulm und den Kreisverband des Wirte-Verbands Dehoga im Alb-Donau-Kreis. Dass Preise verfallen und die Auslastung zurückgeht, kennt sie aus anderen Städten. „Dann wird es schon schwierig für die Häuser“, sagt Krings. Doch die Unternehmerin glaubt, dass der Tourismus in Ulm und Neu-Ulm weiter wächst. „Ich denke, dass Ende der Stange ist noch nicht erreicht“, sagt sie. Spätestens mit der neuen und besonders schnellen ICE-Verbindung nach Stuttgart werde die Doppelstadt für Geschäftsreisende noch einmal zusätzlich attraktiv. Krings setzt auch auf den neuen Tourismusfonds. Unter der Marke „Zweilandstadt“ sollen Betriebe beider Städte Urlauber ansprechen. „Für unsere beiden Städte bringt das langfristig sicherlich mehr Gäste“, glaubt sie.

Dass sich immer mehr Ketten ansiedeln, bezeichnet die Dehoga-Chefin als Chance: „Sie helfen, das Geschäft anzukurbeln.“ Auch UNT-Geschäftsführer Dieterich erkennt darin einen Vorteil. Die Ketten werben deutschlandweit – auch mit Plakaten, die Ulm zeigen. Karin Krings setzt darauf, dass die kleineren Betriebe Gäste mit anderen Argumenten überzeugen können: „Wir können sehr flexibel auf ihre Wünsche eingehen.“ Auch bei den Zimmerpreisen und der Auswahl der Lieferanten seien die mittelständischen Häuser freier.

Dass immer mehr Investoren Hotels errichten lassen, hält die Dehoga-Kreisvorsitzende für riskant. Manchmal hapert es am Betrieb oder am Standort“, erklärt sie. Bei den Ketten, die sich zuletzt in der Doppelstadt niedergelassen haben, sieht Krings dieses Problem aber nicht. „Die haben sich etwas dabei gedacht“, sagt sie. »Kommentar

Blick aus einem Zimmer des Ulmer Hotels Maritim auf das Münster. Das Haus am Donauufer eröffnete Anfang der 90er Jahre. Zuletzt ließen sich etliche Ketten und Investoren mit Hotels in der Doppelstadt nieder. Archivfoto: Alexander Kaya

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