Lessing Gymnasium... wer blockiert?

29. Juni 2019

Lesen SIE dazu bitte die SWP

Von uralten Verträgen
und neuen Hoffnungen

Lessing-Gymnasium Beim Streit zwischen der Stadt und dem Landkreis Neu-Ulm geht es um weit mehr als um den richtigen Grundstückspreis.  Von Edwin Ruschitzka

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eim Neubau des Lessing-Gymnasiums in Neu-Ulm geht zurzeit nichts voran. Die Partner, also die Stadt und der Landkreis Neu-Ulm, verhandeln nicht, sie schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Der Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg hat  – wie berichtet – per Pressemitteilung aus nichtöffentlichen Sitzungen geplaudert. Demnach sei die Stadt nach internen Beratungen bereit gewesen, dem Landkreis das 2,1 Hektar große Grundstück zu verkaufen, für knapp 3,2 Millionen Euro, also 170 Euro pro Quadratmeter. Ein Preis, der 50 Prozent des tatsächlichen Marktwerts entspreche. Ebenfalls nach nichtöffentlicher Beratung habe sich der Landkreis bereiterklärt, allenfalls 100 Euro pro Quadratmeter zu bezahlen, also 2,1 Millionen Euro.

„Es geht um weit mehr als nur um Grundstückspreise“, hat dazu Franz-Clemens Brechtel in Vertretung des erkrankten Landrats Thorsten Freudenberger erklärt. „Die vom OB genannten Preise werden wir nicht kommentieren“, sagt der Landrats-Vize. „Wir halten uns daran, dass Grundstücksverhandlungen nichtöffentlich sind.“ Der Neubau des Lessing-Gymnasiums, so Brechtel, müsse mit einem Gesamtpaket von Vereinbarungen zwischen dem Landkreis und der Stadt auf den Weg gebracht werden.

Brechtel geht in Details: Das Lessing-Gymnasium, dessen Träger der Landkreis bleibt, weil die Stadt nicht kreisfrei wird, brauche Sportflächen im Freien und auch eine Sporthalle. Angedacht sei es, dass diese Sportflächen auch von der benachbarten und neuen Mark-Twain-Grundschule genutzt werden, deren Träger die Stadt ist. Bislang würden die Kinder dieser Grundschule die Sportflächen der Fachoberschule nutzen, die dem Landkreis gehören. „Auch darüber müssen wir mit der Stadt sprechen.“

Nicht zuletzt gehe es um das alte Lessing-Gymnasium und das innerstädtische Grundstück an der Augsburger Straße, auf dem die Stadt dann Wohnungen bauen könnte. Auch das ist nach Ansicht Brechtels noch nicht geregelt. Für den Neu-Ulmer Kämmerer Berthold Stier ist dieser Fall  aber klar: Der Landkreis müsse das alte Lessing-Gymnasium samt Grundstück der Stadt übertragen – und zwar kostenlos. Stier verweist auf entsprechende Verträge nach der Einkreisung der einst kreisfreien Stadt im Jahr 1972. Damals sei das so vertraglich festgelegt worden. Stier: „Wir haben das Ganze kostenlos übergeben, warum sollen wir jetzt etwas bezahlen?“

Landkreis fordert Gesamtpaket

Dieser Vertrag aus dem Jahr 1972 hat aber nur eine Gültigkeit von 50 Jahren, läuft also 2022 ab. Danach könnte der Landkreis also eine Ablöse  fordern? „Nein“, sagt Landrats-Vize Brechtel. „Wir wollen ein Gesamtpaket noch vor 2022 schnüren.“ Diese Verhandlungen verweigere die Stadt aber.

Dass die Stadt Neu-Ulm das Grundstück fürs neue Lessing-Gymnasium weit unter Wert an den Landkreis verkauft, geschweige denn kostenlos abgibt, entspreche nicht der aktuellen Rechtslage, argumentiert Kämmerer Stier. 170 Euro pro Quadratmeter seien sehr günstig. Im benachbarten Ulmer Hofgut habe die Stadt 340 Euro pro Quadratmeter erzielen können.

Möglicherweise spukt so manchem Kreisrat auch noch ein Kreistagsbeschluss aus dem Jahr 1973 im Kopf herum. Damals hieß es: Der Landkreis werde Schulbaumaßnahmen nur dann in Angriff nehmen, wenn sich die Kommune bereit erklärt, dem Kreis das Grundstück kostenlos zu überlassen, auch noch die Erschließung bezahlt und auf Anschlussbeiträge (Abwasser) verzichtet. Das, so Stier, sei rechtswidrig und gehe auf keinen Fall.

Vielleicht kommt in den nächsten Wochen Bewegung in die Verhandlungen. Der Landkreis will erstmals den Lenkungskreis einberufen, der den Neubau des Lessing-Gymnasiums begleiten soll. Darin sitzen Vertreter beider Verwaltungen, des Gymnasiums (Schulleitung und Elternbeirat) und vielleicht auch noch die politischen Vertreter aus den Stadt- und Kreisparlamenten.

Leitartikel

Zu bitter
im Abgang

 

E

in guter Abgang ziert die Übung.“ Dieses Friedrich Schiller zugeschriebene Zitat ist prädestiniert dafür, politische Karrieren zu beurteilen. Zumindest im Umkehrschluss. Denn schon oft genug haben langgediente Politiker/innen mit einem missglückten Ausstieg ihre Gesamtbilanz versaut. Helmut Kohl ist wohl das Paradebeispiel.

Weggefährten des einstigen Kanzlers berichten, Kohl sei, gekränkt durch seine Abwahl und misstrauisch durch die zunehmende Kritik im eigenen Lager, beratungsresistent geworden. Ein Scheitern, das sich dieser Tage auch hier jemand durch den Kopf gehen lassen sollte: Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg. Der CSU-­Politiker, der nach seinem gescheiterten Ritt für die Kreisfreiheit seiner Stadt erklärt hat, bei der kommenden Wahl nicht wieder antreten zu wollen, läuft Gefahr, sein Ansehen in ähnlicher Weise zu beschädigen.

Eitelkeiten und Rechthaberei

Denn entgegen seiner eigenen Analyse, Politik dürfe sich nicht von Emotionen leiten lassen, und gegen seinen ausgeprägten Juristen-Stolz scheint sich Noerenberg immer mehr von Eitelkeiten und Rechthaberei leiten zu lassen: Was vom Kreis Neu-Ulm, respektive seinem jüngeren Parteifreund Thorsten Freudenberger, kommt, kann nicht richtig sein. Bis auf einen kleinen Kreis getreuer Parteifreunde oder in Abhängigkeit stehender Mitarbeiter hat der 62-Jährige kaum noch Unterstützer.

Zu deutlich ist, dass Noerenberg sich mit der Nuxit-Enttäuschung auf einen Weg der Obstruktion begeben hat. Kritische Berater gibt es offenbar nicht (mehr). Denn wer nicht für ihn ist, den sieht der Oberbürgermeister offensichtlich als Gegner. Und diese zu stellen, dafür scheint ihm beinahe jedes Mittel recht zu sein. Wie anders ist es zu erklären, dass ausgerechnet er, der Jurist, wie jetzt bei der Debatte ums Lessing-Gymnasium, munter aus nicht öffentlichen Sitzungen und Verhandlungen plaudert.

Selbst wenn man Gerold Noerenberg nach dem negativen Bescheid aus München einen emotionalen Ausnahmezustand zugute hält, jetzt muss er umdenken. Denn als OB ist er nicht nur seinen eigenen festen Überzeugungen verpflichtet. Sondern vor allem dem Allgemeinwohl. Der Landkreis hat die Hand zur Zusammenarbeit ausgestreckt. Diese muss der Neu-Ulmer OB jetzt ergreifen. Sei es auch nur als Hilfestellung für einen nicht zu bitteren Abgang. Im Sinne von Stadt und Kreis.

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