Wohnraum ist nötig!
06. Oktober 2016
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Bürgermeister pochen auf mehr Wohnraum
Flüchtlingsbetreuung Gemeindetag hält Bauvorgaben für antiquiert und möchte sie ändern
Von Markus Raffler
Sonthofen Bayerns Bürgermeister fordern von Bund und Freistaat deutlich mehr Unterstützung bei der Betreuung und Integration von Flüchtlingen. Im Fokus ist der eklatante Mangel an Wohnungen für anerkannte Asylbewerber. „Was bisher angestoßen wurde, läuft viel zu zäh. Wir brauchen dringend Werkzeuge, um schnell auf der Fläche Wohnraum zu schaffen“, sagte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl gestern bei der Landesversammlung des Kommunalverbandes in Sonthofen (Oberallgäu).
Einmütig verabschiedeten die 142 Delegierten der Gemeinden und kreisangehörigen Städte einen Forderungskatalog. Demnach sollen künftig Steuerprivilegien Grundbesitzern den Verkauf von dringend benötigtem Bauland schmackhaft machen. Zudem plädiert der Gemeindetag für vereinfachte Standards im sozialen Wohnungsbau, um Zeit zu sparen und Baukosten zu senken. Viele Bauvorgaben in Deutschland seien antiquiert und ungeeignet, um die aktuellen Probleme zu lösen. Nötig sei obendrein ein enges Netz von „Lotsen“, die Flüchtlinge beim Weg in die eigene Wohnung unterstützen.
Ungeachtet des Flüchtlingszustroms gingen schon jetzt viele Deutsche mit Berechtigungsschein bei der Wohnungssuche leer aus. „Die Situation führt bereits zu sozialen Spannungen. Und das wird sich weiter verschärfen“, sagte Brandl. Der Wohnungspakt Bayern, den der Freistaat bis 2019 mit 2,6 Milliarden Euro ausstatten will, sei lobenswert. Es dauere aber schätzungsweise fünf Jahre, bis dieser Impuls greife.
Dem wollte Marcel Huber, Leiter der Staatskanzlei, nicht widersprechen. „Der Wohnungsbedarf ist so groß, das lässt sich in kurzer Zeit nicht machen.“ Der Freistaat schiebe aber an, wo es geht. Dass anerkannte Flüchtlinge mangels Wohnung in kommunalen Obdachlosenunterkünften landeten, wie von Brandl befürchtet, sei kein gangbarer Weg. Bayern werde hier eingreifen und zur Not mit bundeseigenen Quartieren „puffern“.
Huber kündigte zudem an, auch von jenen Gemeinden Hilfe einzufordern, die bislang keine Flüchtlinge betreuen. Die Staatsregierung hat jüngst eine Stabsstelle eingerichtet, um das Thema Integration über die Ministerien hinweg zu koordinieren. Offen blieb, wie die Staatsregierung mit drei weiteren Forderungen der Bürgermeister umgeht: der Schaffung von 10 000 neuen Kita- und Kindergartenplätzen, der stärkeren Polizeipräsenz vor Ort und der Einrichtung von Präventionszentren. Letztere sollen dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger Rechnung tragen. »Kommentar