es ist genug für alle da!!!

18. Oktober 2016

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Wie Arbeit arm macht

Einkommen Billigjobs, Teilzeitstellen, prekäre Beschäftigung: Das alles führt dazu, dass das Leben ohne staatliche Hilfe nicht möglich ist, warnen Sozialverbände. Von Chirin Kolb


Yusuf F. ist einer von Elke Toths treuen Klienten. Seit vielen Jahren braucht der Mittvierziger immer wieder die Hilfe der Sozialberaterin der Diakonie Ulm. Immer dann, wenn er gerade mal wieder arbeitslos ist. Oder wenn er einen Aushilfsjob hat. Oder wenn ihn eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Dann muss er Anträge um Anträge stellen, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern.


Yusuf F. (Name geändert) kam vor 20 Jahren nach Deutschland. Seine Berufsausbildung wurde nicht anerkannt. In all den Jahren hat er es nie geschafft, sich beruflich dauerhaft eine sichere Existenz aufzubauen. Das trifft auf viele Menschen zu, die zur Sozialberatung von Diakonie oder Caritas kommen. Alarmierend finden Elke Toth und ihre Kollegin Monika Betz-Albegiani von der Caritas allerdings: Von Armut bedroht sind auch Menschen mit sicherem Job.


Montagehelfer, Mitarbeiter im Paketdienst, Reinigungskräfte – „wenn sie Familie haben, kommen sie kaum ohne staatliche Hilfen zurecht“, sagt Betz-Albegiani. Sie sind so genannte Aufstocker. Die Lücke zwischen ihrem Verdienst und dem, was sie zum Leben brauchen, schließt der Staat. Oder vielmehr: der Steuerzahler. Niedrige Löhne sorgten einerseits dafür, dass die Preise von Produkten oder Dienstleistungen niedrig bleiben. Andererseits zahle der Verbraucher als Steuerzahler einen hohen Preis dafür.


Wie Arbeit arm machen kann, ist ein Thema der landesweiten Aktionswoche gegen Armut, die die Liga der freien Wohlfahrtspflege veranstaltet. In Ulm und Neu-Ulm haben sich Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz, Paritätischer, DGB, Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) zusammengetan, um auf den Zusammenhang von Armut und prekären Beschäftigungsverhältnissen, Teilzeitstellen und Minijobs aufmerksam zu machen.


Selbst Menschen mit ganz alltäglichen Berufen wie Friseur und Altenpfleger hätten oft Schwierigkeiten, von ihrem Verdienst zu leben. Gerade Teilzeitkräfte könnten sich nicht über Wasser halten. Elke Toth hat unter ihren Klientinnen etliche Teilzeitbeschäftigte und Minijobber. Darunter Frauen mit zwei 450-Euro-Stellen. „Sie sind zeitlich voll berufstätig, haben aber weder genug Geld zum Leben noch für die Rente.“


Die so genannte Armutsgefährdungsquote sei gerade in Baden-Württemberg hoch, sagt Toth. Zwar geht es dem Land und seiner Wirtschaft gut, sind die Arbeitslosenzahlen niedrig. „Dafür sind aber die Lebenshaltungskosten und die Mieten hoch.“ Ulm und Neu-Ulm bestätigten diesen Trend. Menschen mit niedrigem Einkommen oder geringer Rente hätten schlechte Chancen, eine bezahlbare Wohnung zu finden.


Niedriges Einkommen bedeutet aber auch: kleine Rente. „Wer wenig verdient, kann sich keine langfristige Perspektive aufbauen“, sagt Antje Trosien vom DGB. Und erst recht nicht fürs Alter vorsorgen. Die Gewerkschaft hat deshalb bundesweit eine Kampagne für höhere Renten gestartet. Der DGB fordert beispielsweise, dass alle Beschäftigte in die Rentenversicherung einzahlen sollen.


Doch selbst wer es schafft, von seinem niedrigen Lohn noch etwas auf die hohe Kante zu legen, kann später zur Kasse gebeten werden. Dann nämlich, wenn er wegen niedriger Rente Grundsicherung beantragt. 2600 Euro an Ersparnissen werden nicht angetastet, sagt Elke Toth. Alles, was darüber liegt, wird angerechnet. Das führe in manchen Fällen dazu, dass alte Menschen trotz niedriger Rente keine staatliche Hilfe beantragen. „Viele haben für ihre Beerdigung gespart, weil sie das ihren Kindern nicht aufhalsen wollen.“


Yusuf F. ist noch etliche Jahre von der Rente entfernt. Er bekommt vielleicht noch die Chance, dass sie ein bisschen höher ausfällt. Er macht gerade den Busführerschein und hofft anschließend auf einen festen Job. Elke Toth hofft mit ihm. Ob die Stelle zum Leben reicht, wird sich zeigen.


Info Die Ulmer und Neu-Ulmer Wohlfahrtsverbände veranstalten einen Vortrag am Donnerstag, 20. Oktober, 19.30 Uhr im Haus der Gewerkschaften am Weinhof. Jendrik Scholz vom DGB Baden-Württemberg spricht über „Es ist genug! Genug für alle“.

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