Seehofer hat recht! Auch wir wollen keine Änderung des Kommunalwahlrechts

15. März 2017

Lesen SIE bitte die NUZ

In der CSU scheppert’s gewaltig

Hintergrund Erst der Streit ums Gymnasium, jetzt Ärger um das Wahlrecht. Zwischen der Landtagsfraktion und Seehofer knirscht es. Droht eine Eskalation im Machtkampf?

Von Uli Bachmeier, Marco Hadem und Christoph Trost

München Die Zeit, in der sich Staatsregierung und CSU-Landtagsfraktion rühmen konnten, eine politische „Aktionseinheit“ zu sein, ist offenbar vorbei. Es herrscht Zwietracht in der CSU. Im Streit um die Reform des Gymnasiums hat die Staatsregierung gestern zur Überraschung der Fraktion einen Kabinettsausschuss eingesetzt. Ministerpräsident Horst Seehofer wolle, wie es hieß, den Weg zu einem neunjährigen Gymnasium nun selbst klarmachen. Kurz darauf feuerte Seehofer am Randes der Plenarsitzung im Landtag die nächste Breitseite gegen die eigenen Abgeordneten ab. Er stellte die von der Fraktion geforderte Reform des Kommunalwahlrechts als verantwortungslos dar.

Wenn ein eigentlich trockenes Thema wie die Reform des Wahlrechts einen offenen Machtkampf in der CSU zutage bringt, liegt hinter den Kulissen wohl schon lange viel mehr im Argen. Der Streit um die Auszählform bei Kommunalwahlen offenbart: Das Verhältnis zwischen der CSU-Herzkammer, wie sich die 101-köpfige Landtagsfraktion selbst nennt, und ihrer Staatsregierung um Ministerpräsident Horst Seehofer ist schlecht wie lange nicht.

Seehofers Kritik beschränkt sich nicht darauf, den eigenen Leuten eine verantwortungslose Politik vorzuwerfen. Er geht noch weiter. Die von der Fraktion vorangebrachte und von ihm abgelehnte Reform des Wahlrechts gefährde den Erfolg der gesamten Union im Superwahljahr 2017. Denn anders als die Fraktion wisse er genau, welche Folgen ein solches Handeln für die CSU hätte: „Wir würden massiv Vertrauen entzogen bekommen. Wir sind in den letzten Monaten vor der Bundestagswahl, wer dafür die Verantwortung übernehmen will, soll sie übernehmen. Ich tue es jedenfalls nicht.“

Der Antrag der CSU-Fraktion hat das Ziel, dass künftig nicht mehr nach dem heute fast überall gängigen Hare-Niemeyer-Verfahren ausgezählt wird, sondern nach dem sogenannten d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren. Dadurch würden künftig Aufrundungen bei der Sitzvergabe zugunsten der kleinen Parteien entfallen. Das Auszählverfahren nach d’Hondt gilt als überholt und wird heute fast nirgendwo in Deutschland mehr angewandt.

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer sieht dennoch einen Bedarf. Ihm geht es um die Arbeitsfähigkeit der Kommunalparlamente. Ohne eine Reform drohten dort künftig zahllose Splitterparteien Sitze zu erhalten. „Aus meiner Sicht spricht das stark für eine Reform“, sagt er. Zudem sei der Vorwurf Seehofers falsch, dass nur die CSU davon profitiere. Dennoch setzt Kreuzer jetzt auf Deeskalation. Der Antrag der CSU werde zwar eingebracht, aber es werde danach wohl erst noch eine Anhörung geben. Und auch mit Seehofer werde noch gesprochen, wenn er wieder von seiner Moskau-Reise zurück ist.

Seehofer selbst hat an diesem Tag weniger versöhnliche Töne parat: Die CSU-Landtagsfraktion gefährde mit ihrem Plan den Erfolg der CSU bei der Bundestagswahl dermaßen, dass ihn dies nervöser mache als etwa das Umfragehoch der SPD. „Weil wir zu viele Themen der Kontroverse haben. Das geht von G8/G9 über Nationalparks, Riedberger Horn bis zu dem Punkt jetzt“, schimpft er und verknüpft sein Nein direkt mit seiner Person: „Das ist ein Versprechen von mir, ein Politikstil von mir“, sagt er und meint damit den Umgang mit kleinen Parteien. Die Diskussion sei für ihn damit auch erst einmal beendet: „Wir sind kein Kindergarten.“

In der CSU-Fraktion stößt Seehofers Poltern auf Unverständnis. Viele, darunter auch Kreuzer, erklären, dass Seehofer im vergangenen Juli den nun von ihm torpedierten Beschluss sogar selbst mitgetragen habe. Außerdem gehe das ganze Vorgehen auf CSU-Parteitagsbeschlüsse zurück. „In der Fraktion gibt es aufgrund der inhaltlichen Argumente eine überwiegende Mehrheit, die dafür ist“, sagt auch der schwäbische Landtagsabgeordnete und Chef der Jungen Union in Bayern, Hans Reichhart.

Auch der Kabinettsausschuss zur Gymnasialreform sorgt in der Fraktion für einige Verärgerung. Er zielt offenbar auf eine Entmachtung der CSU-Bildungspolitiker, die nach Ansicht Seehofers mit der Reform längst viel weiter sein sollten. (mit dpa) .»Kommentar

zurück

Unterstützen Sie uns!

Investieren Sie in die Freiheit — mit Ihrer Spende für die FDP Neu-Ulm.

Neben der Stimme am Wahltag und der Mitgliedschaft ist die Spende die dritte wesentliche Säule für die Unterstützung einer Partei durch die Bürger.

Spenden sind ein wichtiger und sehr persönlicher Beitrag des einzelnen Bürgers für die Politik seiner Wahl und Ausdruck persönlicher Willensbekundung. 

mehr zum Thema Spenden

Datenschutzeinstellungen

Diese Webseite nutzt Cookies und tauscht Daten mit Partnern aus. Mit der weiteren Nutzung wird dazu eine Einwilligung erteilt. Weitere Informationen und Anpassen der Einstellungen jederzeit unter Datenschutz.