Wie sauber ist unsere Luft?

17. März 2017

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Dicke Luft – und nichts passiert

Umwelt In Ulm liegt wie in allen anderen Städten im Land der Stickstoffdioxid-Ausstoß über dem Grenzwert. Getan wird zunächst nichts: wegen der Bauarbeiten. Von Ulrike Schleicher


Gute Nachrichten sind heutzutage Mangelware. Deshalb kommt nun eine: Die Belastung durch Feinstaub ist in Ulm kein Thema mehr. Laut Regierungspräsidium Tübingen (RP) sind die „Grenzwerte in drei aufeinander folgenden Jahren eingehalten worden“. Damit liegt die Stadt im Trend mit den anderen im Land, wie Dagmar Berberich, Sprecherin der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), auf Anfrage bestätigt. Ausgenommen die Landeshauptstadt Stuttgart.


Aber: „Wir haben ein Problem mit Stickstoffdioxid.“ Leider auch in Ulm. Zu sehen ist das an den Messungen in der Zingler- und Karlstraße, die von der LUBW im Auftrag des Landesumweltministeriums dort durchgeführt wurden. So lag die Konzentration im jährlichen Mittel 2014 bei 49 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter in der Karlstraße, in der Zinglerstraße bei 50 Mikrogramm. Der gesetzliche Grenzwert beträgt 40. Bei der dritten Messstation, abseits der großen Straßen, blieb die Konzentration bei 28 Mikrogramm.


Wer sich wundert: Aktuellere Zahlen gibt es derzeit nicht. Denn seit Beginn der Bauarbeiten in der Karlstraße und um den Bahnhof wird nicht mehr gemessen. „In einer Stadt, die in den kommenden Jahren voller Baustellen ist, sind Messungen nicht sinnvoll“, sagt Dagmar Berberich. Das Ergebnis wäre verfälscht. Deshalb habe man die beiden Messstationen vor zwei Jahren abgebaut, in der Karlstraße befindet sich seit Anfang des Jahres wieder eine. „Dort sind die Bauarbeiten ja erledigt.“


Stickstoffdioxid (NO2) ist ein rotbraunes, giftiges, stechend chlorähnlich riechendes Gas und laut Studien eine Gefahr für die Gesundheit, vor allem aber für Asthmatiker. Es schädigt auch Pflanzen und ist für die sommerliche Ozonbildung verantwortlich. Produziert wird es vor allem von Dieselmotoren, durch Verbrennung von Kohle, Öl und Holz sowie durch Jauche aus der Landwirtschaft. Greenpeace spricht sogar von mehr als 10 000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland durch NO2.


In Absprache mit der Stadt


Was Ulm betrifft, so hat das RP vor neun Jahren einen Luftreinhalteplan für die Stadt verabschiedet, der je nach Situation fortgeschrieben wird. Zum letzten Mal war das 2012. Er schreibt Maßnahmen zur Luftverbesserung vor, die in Absprache mit der Verwaltung und dem Gemeinderat umgesetzt werden. Etwa die Einrichtung und Erweiterung einer Umweltzone sowie Tempolimits, die Verbesserung von Verkehrsflüssen und den Ausbau des ÖPNV. Das, was relativ unkompliziert machbar ist – Tempolimits und den Ausschluss von Fahrzeugen ohne grüne Plakette –, ist umgesetzt worden. Mit Erfolg wie an den Feinstaubmessungen zu sehen ist. Dies gilt nicht für den NO2-Ausstoß. Deshalb hat die Behörde in Tübingen noch vergangenes Jahr ein Karlsruher Fachbüro beauftragt, das Vorschläge zur Reduzierung des NO2-Ausstoßes in Ulm erarbeiten soll. Ein Beispiel wäre die Einführung einer blauen Umweltzone, die Dieselfahrzeuge nur mit Euro-6-Abgasnorm zulässt.


Chef-Stadtplaner Volker Jeschek hatte das Vorhaben im Umweltausschuss im November vorgestellt und gewarnt: „Noch sind wir in der Gutachterphase, aber es wird enger bei der Luftreinhaltung, wenn Tübingen uns strengere Auflagen macht.“


Wie es aussieht, muss die Stadt jedoch zunächst nichts unternehmen. Zwar hätte das Gutachten schon zu Beginn des Jahres vorliegen sollen, aber: „Im Moment ist noch nicht absehbar, wann es fertig gestellt ist“, lautet die Information vom RP. Und auch wenn der Sprecher das so nicht bestätigen will: Zwischen den Zeilen heißt das wohl: Während der jetzt begonnenen Bauphase wird die Stadt in Ruhe gelassen werden.


Bleibt die Frage: Wie viel trägt das Umland zur Belastung der Ulmer Innenstadt bei? Eine Grafik der LUBW macht dabei deutlich, dass der Eintrag sehr beträchtlich ist: Zum Teil mehr als die Hälfte der Schadstoffes (Karlstraße) kommt in Folge des vorherrschenden Westwindes aus dem Alb-Donau-Kreis.


Umweltzonen erweitern


Dort passiert in Sachen Schadstoffreduzierung tatsächlich nichts. „Für Landkreise gibt es keine Luftreinhaltepläne“, sagt der Sprecher des RP. Aber natürlich könne man – so wie es in Stuttgart gemacht worden ist – die Umweltzonen erweitern. „Dort sind faktisch alle umliegenden Gebiete in der Umweltzone.“ Wie die blaue Plakette sei dies eine politische Entscheidung.


Die deutsche Politik tut sich indes schwer mit Umweltschutz in Städten. Trotz des Drucks aus der EU. So haben die Verkehrsminister die Einführung der blauen Plakette abgelehnt. Umweltorganisationen reagierten: Damit werde die Gesundheit der Bürger weiter gefährdet, sagte die Landeschefin des BUND und Ulmer SPD-Stadträtin Brigitte Dahlbender. „Die Minister beugen sich dem Druck der Auto-Lobby und lassen die Städte im Regen stehen.“


Das Thema sei auf der Agenda des Verbands. Die Stadt sei gegenüber dem Bürger in der Verantwortung, sagt auch BUND-Regionalgeschäftsführerin Daniela Fischer. Sie sollte Messungen vom RP einfordern, um zumindest den Überblick zu behalten.

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