GROKO--- scheitert sie an der Zuwanderung? Was sagen die Bürgermeister?

04. Januar 2018

Lesen SIE dazu bitte die NUZ..

Scheitern Union und SPD an der Einwanderungspolitik?
Leitartikel Im Streit um Obergrenze und Familiennachzug werden die grundsätzlichen Unterschiede deutlich. Eine verlässliche Begrenzung muss sichergestellt sein

Von Walter Roller

ro@augsburger-allgemeine.de

Die SPD hat Angela Merkels Flüchtlingspolitik mitgetragen. Sowohl die Öffnung der Grenzen 2015 als auch die späteren Kurskorrekturen inklusive des Türkei-Deals sind in großkoalitionärem Einvernehmen erfolgt. Und noch im Wahlkampf war man sich einig im Ziel, die Kontrolle über die Zuwanderung zurückzugewinnen. Umso erstaunlicher ist, dass die Asyl- und Flüchtlingspolitik zum Stolperstein auf dem Weg zu einer neuen GroKo wird und die SPD schweres Geschütz gegen die Union auffährt. Dabei sollten doch die Wahlniederlage der Volksparteien und die sechs Millionen AfD-Stimmen gerade auch der noch mal geschrumpften SPD klargemacht haben, dass die Steuerung und dauerhafte Begrenzung des Zuzugs nicht nur im Interesse des Landes sind, sondern auch den Schlüssel zur Rückgewinnung von Wählern liefern. Warum also tun sich Union und SPD jetzt so schwer, in der Einwanderungspolitik an die jahrelange Zusammenarbeit anzuknüpfen?

Erstens: CDU und CSU haben nach langem Streit endlich eine gemeinsame Linie und treten mit einem Konzept an, dessen Kern eine Art Obergrenze von 200 000 Zuzüglern pro Jahr ist. Dieser Versuch einer verlässlichen Begrenzung geht deutlich über das hinaus, wozu die SPD in der Koalition bereit war.

Zweitens: Die wahlkämpfende CSU legt kräftig nach und führt den Abwehrkampf gegen die AfD mit einem Forderungskatalog, dessen Umsetzung auf eine für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich harte Flüchtlingspolitik hinausliefe.

Drittens: Die SPD hält im Kern an einer liberalen, von humanitären Motiven geleiteten Flüchtlingspolitik fest, die auf die Integration möglichst vieler Neuankömmlinge und weniger auf Kontrolle, Begrenzung oder gar Abweisung abzielt. Dies markiert einen grundsätzlichen Unterschied zur Stoßrichtung der Union. Die SPD kann und wird sich nicht auf die scharfe Gangart der CSU einlassen; es käme einem Bruch mit ihren Überzeugungen gleich. Umgekehrt gilt: Die Union kann nicht hinter das zurück, was mit den Grünen möglich gewesen wäre. Eine flexible „Obergrenze“ mitsamt den dazu nötigen Maßnahmen (mehr Abschiebungen, schnellere Verfahren, Asylzentren) ist für Merkel und Seehofer, wenn sie das Vertrauen früherer Stammwähler zurückgewinnen wollen, nicht verhandelbar.

Bei vielen einzelnen Maßnahmen wie der Kürzung von Sozialleistungen oder dem Freischaufeln legaler Zugangswege für Arbeitsmigranten sind Kompromisse nötig und machbar. Wenn die SPD eine Begrenzung sicherstellen und mitregieren will, dann wird sie sich allerdings bewegen und die Mahnung ihres Ex-Chefs Gabriel beherzigen müssen, die Sorgen von Bürgern ernster zu nehmen. Als Schutzmacht der „kleinen Leute“ ist die SPD besonders gefordert, eine Überforderung des Sozialstaats durch ungebremste Zuwanderung in die Sozialsysteme zu verhindern.

Der Streit um den Familiennachzug für nur „subsidiär“ geschützte Flüchtlinge gerät zur Nagelprobe für den Willen des Staates, die Zuwanderung zu begrenzen. Dass anerkannte, integrierte Flüchtlinge ihre Familien nachholen können, steht außer Debatte. Aber warum soll dies auch für jene gelten, die nur einen zeitlich befristeten Schutz genießen und in ihre Heimatregionen zurückkehren sollen, sobald dort wieder Friede eingekehrt ist?

Ja, es gibt Härtefälle; die lassen sich regeln. Doch die Forderung der SPD, den Nachzug auch für diese große Gruppe wieder zu erlauben, ist fehl am Platze. Es liefe ja auf hunderttausende zusätzlicher Zuwanderer hinaus und würde die (notwendige) Akzeptanz der Bevölkerung, die in ihrer überwiegenden Mehrheit zu großzügiger Hilfe bereit war und ist, gefährden.

Auf dem Spiel steht die Akzeptanz der Bevölkerung

Bürgermeister für Zurückhaltung bei Familiennachzug
Hintergrund Kommunen sehen Grenzen der Integrationsfähigkeit und fordern Milliarden gegen marode Infrastruktur

Von Bernhard Junginger

Berlin Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert, das Recht auf Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus auch weiterhin auszusetzen. Das Thema Familiennachzug müsse sorgsam behandelt werden, sagte Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, gestern in Berlin. Brandl erinnerte daran, dass nach wie vor etwa 15 000 Flüchtlinge im Monat nach Deutschland kommen, dies entspreche der Größenordnung einer Kleinstadt. Brandl ist Bürgermeister von Abensberg bei München, einer Stadt mit rund 14 500 Einwohnern.

Ob bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, ausreichenden Schul- und Kinderbetreuungsangeboten, der Organisation von Sprachkursen oder bei der Integration in den Arbeitsmarkt – der Zustrom von Flüchtlingen in den vergangenen Jahren fordere die Kommunen weiter immens. Er wolle sich zwar nicht an einer Obergrenzendiskussion beteiligen, so Brandl, sehe aber durchaus eine natürliche Grenze nach oben, was die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit der Gesellschaft betreffe. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollten deshalb allenfalls dann ihre Kernfamilien nach Deutschland holen dürfen, wenn sie eine eigene Wohnung haben und den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie aus eigenen Mitteln bestreiten können. Flüchtlinge ohne erkennbare Bleibeperspektive sollten zudem schneller abgeschoben werden, so Brandl weiter. In den Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen stehe Deutschland erst ganz am Anfang. Er hoffe deshalb auch weiterhin auf angemessene Unterstützung der Kommunen durch den Bund, sagte Brandl.

Große Sorgen macht sich der Städte- und Gemeindebund um den Zustand der Infrastruktur in Deutschland. Der Investitionsrückstau belaufe sich inzwischen auf ein Volumen von 126 Milliarden Euro, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Leider seien viele Schulen „eher Baracken der Bildung als Kathedralen“. Uwe Brandl fordert deshalb, über eine Lockerung des Kooperationsverbotes in der Bildung nachzudenken. Weil Bildung Sache der Länder und Kommunen ist, darf der Bund in diesem Bereich nicht dauerhaft mitfinanzieren. Im Hinblick auf das Ziel, im ganzen Land gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, sei dies unsinnig, eine Lockerung des Kooperationsverbotes bedeute keine Abkehr vom bewährten Prinzip des Föderalismus. CSU-Politiker Brandl stellt sich damit gegen die offizielle Linie seiner Partei, die das Kooperationsverbot verteidigt.

Um den Investitionsrückstau in den Kommunen zu bekämpfen, wünscht sich der Städte- und Gemeindebund von der künftigen Bundesregierung ein Hilfspaket im Wert von hundert Milliarden Euro. In den kommenden zehn Jahren sollten je zehn Milliarden für Infrastrukturmaßnahmen an die Kommunen fließen. Nur so entstehe Planungssicherheit. Zudem sollen Erleichterungen im Planungsrecht die Umsetzung der nötigen Maßnahmen beschleunigen. Wenn der Staat jetzt nicht handle, werde die Infrastruktur weiter verfallen. Und wenn sich Schulen und Straßen in einem jämmerlichen Zustand befänden, schwinde auch das Verständnis der Bürger etwa für Bankenrettungen oder die Aufnahme weiterer Flüchtlinge, sagte Brandl. Er dringt darauf, in ganz Deutschland ein leistungsfähiges, modernes Breitbandnetz zu schaffen.

Überfordert der Familiennachzug die Kommunen? Foto: Patrick Pleul, dpa

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