Edwin-Scharff-Museum... die Neueröffnung steht vor der Tür!

15. Februar 2018

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Ein offenes Haus

Kunst Das frisch sanierte und umgebaute Edwin-Scharff-Museum in Neu-Ulm setzt innen wie außen auf Willkommenskultur. Nächste Woche ist die Eröffnung. Von Lena Grundhuber


Von fern sieht es aus, als vollführe da jemand seltsame meditative Bewegungen. Neugierig geworden, tritt man hinzu und erkennt: Der Mensch macht nicht etwa Tai Chi, er kommuniziert mit einem Bildschirm. Via Sensor schiebt er Dinge auf einem großen Screen herum. Die Bilder, Objekte und Skulpturen stammen alle aus der Sammlung des Edwin-Scharff-Museums, und was der Besucher normalerweise niemals tun darf, das kann er hier: nach Herzenslust mit ihnen herumspielen, unbedarft, ziellos und vielleicht gerade deshalb mit Erkenntnisgewinn.


Der Screen steht neu im ersten Stock, und er steht sozusagen sinnbildlich für das „neue“ Edwin-Scharff-Museum, das am 23. Februar nach eineinhalbjährigem Umbau und Sanierung mit zwei Ausstellungen im Kinder- und im Kunstmuseum wieder eröffnet. Denn: „Genau das ist es, was im Museum passiert. Wir haben unsere Sammlung, die wir hinstellen können, aber was Sie damit machen, das ist Ihr Part“, erklärt Museumsleiterin Helga Gutbrod.


Der Besucher also soll und darf teilnehmen. Kommunikativ, interaktiv, inklusiv präsentiert sich das Neu-Ulmer Museum, das dafür mit Plakaten und Flyern in selbstbewusstem Neongelb wirbt. Dass die schönen Worte nicht nur Hülsen sind, dafür steht schon die auffallendste Neuerung, nämlich das Café im Erdgeschoss mit seiner großen Glasfront zum Platz hinaus.


Zehn Tage vor der großen Eröffnung sind Café wie Ausstellungsräume so gut wie fertig – auch wenn Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) nach eigenem Bekunden vor acht Tagen noch finstere Ängste ausstand, dass man das Fest mit den Handwerkern werde feiern müssen. 3,7 Millionen Euro hat das Bauvorhaben insgesamt gekostet, etwas teurer als geplant ist es geworden, ein paar Monate hat es sich verzögert. Jetzt fehlt nur noch die Behindertentoilette, die noch einmal mit unerwarteten 100 000 Euro zu Buche schlug und in den kommenden Wochen angebaut werden soll, wie Kulturfachbereichsleiter Ralph Seiffert sagt.


Das Café, das im Sommer auch nach hinten in den Museumshof expandieren soll, wird von der Lebenshilfe betrieben. OB Noerenberg dankte noch einmal ausdrücklich auch für den inklusiven Ansatz: „Es ist ein konsequenter Schritt nach vorne, Kunst und Kultur für alle zu öffnen, nicht nur für einen elitären Kreis.“ Diese explizite Willkommenskultur zieht sich durch das ganze barrierefreie Haus – bei den Kassenkräften angefangen über die Angebote in den Ausstellungsräumen oder im Vermittlungsprogramm, das jetzt mehr Familientage enthält, ein offenes Atelier und einen interkulturellen Gesprächskreis.


„Manchmal fängt Gastlichkeit damit an, dass es ein paar Möglichkeiten mehr gibt, sich hinzusetzen“, sagt die Museumschefin. Die neuen Sitzecken, die sie meint, fungieren dabei zugleich als Medienstationen. Neben dem klassischen gedruckten Buch kann man in der Dauerausstellung des Hausheiligen Edwin Scharff zum Beispiel auch Audioguides mit leichter Sprache hören. Für Menschen mit Sehbehinderung gibt es Tastbilder, für Besucher, die schlecht hören, stehen Gebärdensprachenvideos zur Verfügung.


Mehr Medien, mehr Material


Außerdem bieten die Stationen viel Zusatzmaterial. Im Raum, der Edwin Scharffs künstlerische Situation im Ersten Weltkrieg aufgreift, kann man auf dem Tablet Feldpostbriefe und Skizzen ansehen und Aug’ in Aug’ mit der Büste von Anni Mewes die Briefe des Bildhauers an die angebetete Schauspielerin – die „liebe Pau“ – lesen. Wo unten in der Sammlung Scharff Fachleute in Video -Interviews über die Bedeutung des Künstlers für das 20. Jahrhundert in Deutschland sprechen, sind es oben in der Sammlung Ernst Geitlinger die Schüler, die von ihrem verehrten Professor erzählen; neben Geitlingers Werken sind auch solche von Uli Pohl, Klaus Staudt und Ben Mut hofer zu sehen.


Auf ein paar kleineren Touchscreens kann sich der Besucher wieder mal selbst ausprobieren und wird wahrscheinlich feststellen: Wenn man versucht, abstrakte Elemente in eine sinnhafte Komposition zu bringen, wird einem schnell klar, dass das gar nicht mal so leicht ist.


Auch die ganz neue Kunst findet ihren Platz. Statt der inzwischen unrettbar gewordenen Tauben wird man Bilder eines anderen Treppenhauses vorfinden. Künstler Simon Schubert zeigt das Innere des alten Berliner Stadtschlosses in weißen Reliefs. Und Edwin Scharff selbst muss sich dem Urteil eines Zeitgenossen stellen: Der Künstler Stefan Wissel war eingeladen, im Depot zu graben und all das zu sichten, was ein Museum nicht zeigen kann – allein 8000 Zeichnungen habe man von Scharff, erzählt Helga Gutbrod. Dabei habe Wissel ganz andere, auch lustige, ironische Bilder ausgewählt als eine Wissenschaftlerin und Museumskuratorin wie sie es täte.


Und so öffnet sich die Institution Museum am Ende mit einer ziemlich charmanten Geste nicht nur den Besuchern, sondern auch der eigenen Kritik.


Quelle:
 

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