Der Steuer-Staat.. Geld ausgeben ist einfach... Sparen...

23. Februar 2018

Lesen SIE bitte die NUZ.

Der Steuer-Staat kriegt nie genug
Debatte Obwohl die Einnahmen weiter stark steigen, speisen CDU, CSU und SPD die Steuerzahler mit einer Mini-Entlastung ab. Umso tatkräftiger sind die Großkoalitionäre beim Geldausgeben

Von Walter Roller

ro@augsburger-allgemeine.de

Ein paar Zahlen genügen, um den steuerpolitischen Stillstand unter der alten und mutmaßlich neuen „Großen Koalition“ zu illustrieren. Im vergangenen Jahr kassierte der deutsche Staat Steuern in Höhe von rund 730 Milliarden Euro. Und weil die Wirtschaft weiter prima läuft, ist laut den Steuerschätzern im Jahre 2021 mit mindestens 830 Milliarden zu rechnen. Bund, Länder und Kommunen haben dann 100 Milliarden mehr zur Verfügung. Damit wäre hinreichend „Spielraum“ vorhanden, um den Steuerzahlern einen nennenswerten Teil wenigstens dieser zusätzlichen Einnahmen zurückzugeben.

CDU, CSU und SPD jedoch wollen nur eine Mini-Steuerentlastung von zehn Milliarden, die in den schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags fließen sollen. Zugegeben: Dem Bund steht lediglich die Hälfte der Mehreinnahmen von 100 Milliarden zu, weshalb die Großkoalitionäre „nur“ 50 Milliarden an Dispositionsmasse haben. Dass für die Steuerzahler von dem ganzen Geldsegen nur zehn Prozent abfallen, ist also ein Armutszeugnis für die gesamte deutsche Politik. Und weil „die Gier des Staates inzwischen kleptokratische Züge angenommen hat“ (FDP-Chef Lindner) und sowohl der Bund als auch die meisten Länder ihre Ausgaben laufend erhöhen, ist kein Gedanke mehr an eine spürbare Steuerentlastung oder gar eine gründliche Reform des üppig wuchernden, unübersichtlichen Steuerrechts. Lieber gibt man das Geld mit vollen Händen für staatliche Projekte und neue soziale Leistungen aus.

Die letzte große Steuerreform, die diesen Namen verdiente, fand zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder statt. Seit 2005 regierte Angela Merkel vier Jahre mit der FDP und acht Jahre mit der SPD. Aus den steuerpolitischen Versprechen von CDU/CSU und FDP ist nichts geworden. Die Steuerquote ist heute höher als beim Abgang des SPD-Kanzlers Schröder; die neue schwarz-rote Koalition will und wird daran nichts ändern. Man ist ja – was wahrlich kein Kunststück ist angesichts der Geldschwemme – schon stolz darauf, die „schwarze Null“ zu halten und weiter ohne neue Schulden auszukommen. Und die Union rühmt sich, bei den Verhandlungen mit der SPD Steuererhöhungen verhindert zu haben. Am Ende einigten sich CDU/CSU und SPD auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Man lässt beim Soli, der vor 30 Jahren (!) zur Finanzierung der deutschen Einheit eingeführt wurde, zehn Milliarden nach, bittet die Gutverdiener aber weiter zur Kasse. Die kleine Gruppe, die fast die Hälfte des Soli zahlt, geht leer aus. Schließlich soll es, wie die SPD fordert, „gerecht“ zugehen. Nach dieser Lesart muss jede Steuerentlastung für Klein- und Normalverdiener durch eine zusätzliche Belastung „starker Schultern“ umgehend kompensiert werden. Keine Steuerentlastung ohne „Gegenfinanzierung“: So lautet das Mantra der SPD.

Aber wie steht es um die gerechte Behandlung der vielen Millionen Bürger in der gesellschaftlichen Mitte, die als Facharbeiter, Handwerker, kaufmännische Angestellte oder Ingenieure schuften und denen Netto immer weniger vom Brutto bleibt? Sie leiden seit langem unter dem sogenannten „Mittelstandsbauch“ im Steuertarif, der die Belastung mit jedem zusätzlich verdienten Euro steigert. Mehr noch: Über drei Millionen Einkommensbezieher aus dieser leistungsstarken Gruppe sind mittlerweile in den Spitzensteuersatz gerutscht. Wer das 1,6-Fache des Durchschnittsgehalts verdient, zahlt heute ab einem Jahreseinkommen von 54 000 Euro den Spitzensteuersatz von 42 Prozent – im Jahre 1960 war es das 18-Fache! Die neue Regierung wird daran nichts ändern, der Steuertarif bleibt unangetastet. Und, klar: Über eine Steuerreform, die auch der Mitwirkung der Länder bedürfte, haben Merkel, Seehofer und Schulz erst gar nicht diskutiert.

Ungleich mehr Tatkraft zeigt Schwarz-Rot beim Geldausgeben. Knapp 40 der zusätzlich zur Verfügung stehenden Steuermilliarden fließen in neue Ausgaben. Dass es kräftiger Investitionen in Bildung, Wohnungsbau, Verkehr und Digitalisierung bedarf und die Familien mit Kindern mehr Unterstützung brauchen, ist unstrittig und – wenngleich viel Geld allein nicht immer viel bewirkt – sinnvoll. Das Problem ist: Der Bund sattelt dank der erwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen noch mal kräftig drauf, obwohl bis 2021 bereits Ausgaben in Höhe von 1,4 Billionen Euro (1400 Milliarden) eingeplant sind. Man geht in die Vollen, ohne auch nur eine Sekunde über Einsparungen und eine Lichtung des Dschungels von Subventionen, Steuererleichterungen, Beihilfen nachzudenken.

Der moderne Sozial- und Wohlfahrtsstaat bedenkt Bedürftige und weniger Bedürftige, kümmert sich nicht um die Zielgenauigkeit seiner Leistungen und hat schon gar nicht die jüngeren Generationen im Blick, die dafür eines Tages geradestehen müssen. In guten Zeiten Vorsorge für schlechtere Zeiten zu treffen, diese Idee ist den Großkoalitionären fremd – so fremd wie der Gedanke, dass der Staat seinen Bürgern endlich mehr vom sauer Verdienten lassen sollte. Auch der neue Koalitionsvertrag atmet den Geist eines zum Dirigismus neigenden, umverteilenden Staates, der immer mehr Steuern benötigt und im Zweifelsfall glaubt, das Geld sei bei ihm besser aufgehoben als in der Tasche der Bürger.

Bleibt es, wenn schon kein Geld da ist für eine spürbare Steuerentlastung, wenigstens bei dem von Wolfgang Schäuble gefahrenen Kurs von Haushalten ohne Neuverschuldung? Olaf Scholz, der designierte neue Finanzminister der SPD, versichert: „Auch wir stehen für solide Finanzen.“ CDU und CSU kündigen an, Scholz genau im Auge zu behalten. Im Koalitionsvertrag, sagt der geschäftsführende Kassenwart Altmaier (CDU), seien „genügend Sicherungen“ eingebaut. Nun ja, man wird sehen. Skepsis ist insofern geboten, als die Koalition alles in allem mehr ausgeben will, als zusätzlich zur Verfügung steht. Und etliche geplante Mehrausgaben, insbesondere für Bundeswehr, Entwicklungshilfe und den Haushalt der EU, sind noch gar nicht eingeplant.

Hier setzt die neue Regierung einfach mal darauf, dass der Steuersegen dank anhaltend guten Wachstums in den nächsten Jahren noch viel üppiger ausfällt, als bisher geschätzt – und die geschröpften, frustrierten Steuerzahler sich auch künftig in Geduld üben.

Von einer Reform redet niemand mehr

Für die Steuerzahler bleibt wohl wieder ziemlich wenig übrig. Foto: Tobias Hase, dpa

Bleibt es bei den „soliden Finanzen“?

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