Die Deutsche Umwelthilfe... ungeliebt aber wichtig...

27. Februar 2018

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Der Diesel-Aktivist vom Bodensee
Verkehr Heute will das Bundesverwaltungsgericht über Fahrverbote urteilen. Auch Jürgen Resch wird dann im Saal sein. Der Chef der Deutschen Umwelthilfe kämpft seit Jahrzehnten für saubere Luft. Aber nicht jedem gefallen seine Methoden

von Sarah Schierack

Augsburg Vergangenes Wochenende hatte Jürgen Resch einen wütenden Dieselfahrer am Telefon. Resch stand gerade in der Küche und belegte gemeinsam mit seinem Sohn eine Pizza. Eine denkbar schlechte Zeit, um sich über Stickoxide, Nachrüstungen und die blaue Plakette zu streiten. Aber der Umwelt-Aktivist nimmt es mit dem Feierabend ohnehin nicht so genau. Er ging also vor die Tür und fing an zu diskutieren. Darüber, dass er keinen Feldzug gegen Dieselfahrer führt. Dass es vielmehr die Autohersteller seien, die ihre Kunden mit „Mickey-Maus-Updates“ abspeisen wollen. Und dass mit einer Hardware-Nachrüstung sowieso fast alle Probleme gelöst wären. Am Ende, sagt Resch, habe er den Dieselfahrer überzeugt.

Resch, 58 Jahre, geboren im schwäbischen Plochingen, aufgewachsen am Bodensee, ist Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, einer Lobbygruppe, die für den Schutz von Natur und Verbraucher kämpft – und dafür auch immer wieder vor Gericht zieht. Seit 1988 steht Resch an der Spitze der Vereinigung. Weil er dabei oft unbequem wird, sehen ihn manche als „Nervensäge“. Spätestens seit dem Jahr 2015, als er gemeinsam mit dem Verkehrsexperten Axel Friedrich den Abgas-Skandal ins Rollen gebracht hat, ist Resch der Schreck der Auto-Industrie. In diesen Tagen gilt er darüber hinaus als der Mann, der dem Diesel den Todesstoß versetzen könnte – auch wenn Resch selbst das so wohl nie formulieren würde.

Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht will heute verkünden, ob Städte eigenmächtig Fahrverbote für schmutzige Diesel anordnen können oder ob der Bund eine neue, einheitliche Regelung einführen muss. Ursprünglich war das Urteil schon am vergangenen Donnerstag erwartet worden. Die Richter taten sich allerdings schwer mit der Entscheidung. Am Ende dauerten die Beratungen zu lang, das Gericht vertagte sein Urteil.

Der Fall ist vor dem Bundesverwaltungsgericht gelandet, weil die Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zwei Urteile der Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf nicht akzeptiert haben. Beide Gerichte hatten nach einer Klage der Umwelthilfe die Behörden verpflichtet, mehr dafür zu tun, dass die Luft in den Städten sauberer wird. Sowohl in Stuttgart als auch in Düsseldorf wird der Stickoxid-Grenzwert regelmäßig überschritten. Insgesamt liegt die Belastung in 70 deutschen Kommunen immer wieder über dem Grenzwert, darunter auch in München und Augsburg.

Resch gilt vielen als der Mann hinter den Fahrverboten. Zu Unrecht, beteuert er. Denn nach seiner Ansicht müssten Kommunen gar nicht zwingend zu diesen Mitteln greifen. Stattdessen bringt er etwa eine City-Maut ins Spiel, wie es sie in London oder Stockholm gibt. Schon seit Jahren plädiert Resch außerdem für die Einführung einer blauen Plakette, die schmutzige Diesel aus bestimmten Stadtgebieten aussperren soll. Mittlerweile findet die Idee viele Befürworter, sogar der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn gehört dazu.

Christian Schmidt, CSU-Politiker und geschäftsführender Verkehrsminister, hat die Einführung einer blauen Plakette in der Vergangenheit als „kalte Enteignung“ bezeichnet. Für den Umwelt-Aktivisten Resch ist das kein Argument. Wenn die Autohersteller für Hardware-Nachrüstungen zahlen würden, sagt er, dann hätten Autobesitzer einen sauberen Diesel „und wären von allen Fahrverboten ausgenommen“. Resch kann sich bei dem Thema ereifern. „Wenn die Bremse an einem Auto kaputt ist, wird sie doch auch sofort repariert“, betont er. „Warum gilt das nicht, wenn die Bremse für Schadstoffe nicht funktioniert?“

Resch ist es gewohnt, lange und ausdauernd zu kämpfen. Schon während seines Zivildiensts deckte der damals 22-Jährige ein Vogel-Massensterben am Bodensee auf, verursacht durch das Pestizid Endrin. Später kämpfte er für den Dosenpfand, gegen Feinstaub und immer wieder gegen Stickoxide.

Seine Methoden sind allerdings durchaus umstritten. Regelmäßig wird Resch vorgeworfen, die Umwelthilfe nach seinen Vorstellungen modelliert zu haben: von einer anfangs noch klassischen Naturschutz-Organisation hin zu einem reinen Lobbyisten-Verband, der sein Geld vor allem durch Abmahngebühren und Konventionalstrafen verdient. Auch dass die Umwelthilfe Spenden von Firmen wie Toyota kassiert, halten Kritiker dem Aktivisten vor. Resch attestiert sich dennoch Unabhängigkeit. „Wenn wir Rechtsverstöße feststellen“, betont er, würde die Umwelthilfe auch gegen ihre Spender vorgehen.

Der Umwelt-Schützer glaubt, dass die Chancen für ein Leipziger Urteil in seinem Sinne „fifty-fifty“ stehen. „Ich freue mich, wenn wir Rückenwind haben“, sagt er. „Aber auch mit Gegenwind kommen wir klar.“ Er plant bereits die nächste Aktion. Aktuell ruft die Umwelthilfe Menschen dazu auf, Straßenabschnitte mit besonders hoher Luftverschmutzung zu melden, die abseits der offiziellen Messstellen liegen. Der Titel: „Decke auf, wo atmen krank macht.“

Jürgen Resch ist Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Auch für ihn ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von großer Bedeutung. Foto: Sebastian Willnow, dpa

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