Neu-Ulm und seine Rathäuser..

14. Oktober 2018, 00:05Uhr

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Neu-Ulm und seine vielen Rathäuser
Serie (3) Die städtischen Mitarbeiter mussten im Laufe der Zeit ganz schön oft umziehen. Vom „Staatszimmer“ bis zur Notunterkunft war so manches ungewöhnliche Quartier darunter

Zwischen April und September 2019 feiert Neu-Ulm sein Jubiläum „150 Jahre Stadterhebung“. Die Neu-Ulmer Zeitung, die nächstes Jahr 70 Jahre alt wird, wirft in den kommenden Monaten ein paar Blicke in die Vergangenheit der Kommune, in ihre Gegenwart und – so weit möglich – in die Zukunft. Heute: die sieben „Rathäuser“ der Stadt.

Von Gerrit-R. Ranft

Neu-Ulm Ein Rathaus braucht jede Kommune – als Sitz der Verwaltung, zur Versammlung des Stadtrats, als Auskunftei für den Bürger. Fragt sich aber, ob es tatsächlich gleich sieben sein müssen, wie sie Neu-Ulm – wenn auch nacheinander – im Verlauf seiner noch jungen Existenz genutzt hat. Das sind im Schnitt 25 Jahre je Rathaus. Vom „Staatszimmer“ über die „Gemeindestube“, ein ehemaliges Offizierskasino, ein wirkliches Rathaus, Notunterkünfte in kriegszerstörten Bauten war manches ungewöhnliche Quartier darunter. Erst 1954, gut hundert Jahre nach dem Einzug des Baumeisters und ersten Amtsvorstehers Peter Staiger ins Staatszimmer des 1838 von ihm selbst errichteten Hauses Nr. 83 war Schluss mit den ständigen Umzügen. Seit 64 Jahren wird Neu-Ulm ununterbrochen vom Nachkriegsbau an der Ecke Ludwig-/Augsburger Straße aus verwaltet.

„Das Haus Nr. 83, heute Donaustraße 5, war also der Vorgänger des Neu-Ulmer Rathauses und blieb es bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts“, stellt Neu-Ulms ehemalige Stadtarchivarin Barbara Treu in der von ihr im Jahr 2005 vorgelegten Dokumentation 9 des Stadtarchivs selbst ein wenig überrascht fest. Das Haus mit dem Staatszimmer steht, äußerlich kaum verändert, noch immer am alten Platz. Allerdings wurde es im Innern umgebaut, indem das Staatszimmer in zwei getrennte Räume zerlegt wurde. Damit verlor das ursprünglich repräsentativ angelegte Apartment im ersten Obergeschoss „wohl endgültig seinen staatstragenden Charakter“, schreibt Barbara Treu.

Inzwischen war die Verwaltung der bedächtig wachsenden Gemeinde in Haus Nummer 213 umgezogen, heute Augsburger Straße 39. Dort war schon zuvor der Stadtschreiber untergebracht. Den wesentlichen Grund des Umzugs sieht Archivarin Treu in der Verlagerung des „Durchgangsverkehrs“ Richtung Augsburg und Donauwörth. Hatte er sich über Jahrhunderte hin durch die Donaustraße und weiter längs des Flusses bewegt, verlagerte er sich nun mit der von König Ludwig I. verfügten Neuanlage der innerstädtischen Straßenzüge mehr und mehr in die Augsburger Straße. Dort suchte die Gemeinde schon seit Längerem ein geeignetes, repräsentativ an der neuen Durchgangsstraße gelegenes Grundstück für einen Rathausneubau. Der Umzug nach Nummer 213 war also von vornherein als vorübergehend gedacht.

Das neue Rathaus, mit dessen Bau auf der von der Ulmer Hospitalstiftung erworbenen „Herbelwiese“ schon 1868 begonnen worden war, wurde laut Stadtchronist Georg Buck 1870 bezogen und am 3. Januar 1871 festlich eingeweiht. In diesem an der Ecke Augsburger/Ludwigstraße errichteten Baukomplex waren Räume für den städtischen Bedarf, aber auch Klassenzimmer der Realschule in buntem Gemisch gemeinsam untergebracht. Erstes Stadtoberhaupt im Neubau war von 1866 bis 1872 der aus Speyer zugewanderte Apotheker Wilhelm Sick. In seine Amtszeit fiel 1869 die Erhebung Neu-Ulms zur Stadt. Sie zählte 1976 Einwohner in 505 Familien – nicht gerechnet die Militärbevölkerung.

Aus der drangvollen Enge des Rathausneubaus zog die Verwaltung 1919 aus. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs war die bayerische Armee aufgelöst worden. Das prunkvolle „Offiziers-Dienstgebäude“ des Neu-Ulmer Infanterieregiments 12 am Ende der Maximilianstraße mit Blick auf die Donau wurde nicht mehr gebraucht. Der Stadtverwaltung kam dieser Umstand angesichts der Zustände im Rathaus sehr gelegen. Die Stadt übernahm das Gebäude, anfangs als Untermieter, elf Jahre später als Eigentümer, nachdem sie es für 320 000 Reichsmark erworben hatte.

Im Zweiten Weltkrieg wurde, wie so vieles in der Stadt, auch das Rathaus an der Donau zerstört. Die Verwaltung floh in die Zentralschule, weil auch das frühere Rat- und Schulhaus in Trümmern lag. Am 1. Mai 1947 wurde die Verwaltung für sieben Jahre in das erste Obergeschoss des wiederaufgebauten Sparkassengebäudes „Auf der Insel“ verlegt, das mittlerweile hinter dem Brückenhaus verschwunden ist. An einem weiteren Rathausneubau führte nun kein Weg mehr vorbei. Unter Oberbürgermeister Tassilo Grimmeiß beschloss der Stadtrat am 4. April 1952 einen Wettbewerb für ein Ratsgebäude am früheren Standort, den der Ulmer Architekt Josef Joraschky gewann. Die Jury hatte sich von der „Geschlossenheit und der guten Abgewogenheit der beiden Bauteile“ überzeugen lassen. Am 31. Juli 1954 wurde der Neubau, der einschließlich seiner Innenausstattung 1,8 Millionen Mark (921 000 Euro) gekostet hatte, offiziell eröffnet. Er wird noch heute genutzt. Ein weiterer Umzug ist vorerst nicht vorgesehen – wohl aber ein weiterer Neubau, weil das Rathaus aus allen Nähten platzt.

Das provisorische Rathaus im Sparkassen-Bau auf der Insel wurde sieben Jahre lang genutzt. Fotos/Repro: Gerrit-R. Ranft

Das Gebäude an der Donaustraße, in dem das erste Rathaus untergebracht war, steht noch immer am alten Platz.

Das heutige Neu-Ulmer Rathaus an der Augsburger Straße (links) prägt das Stadtbild seit vielen Jahrzehnten. Der 50er-Jahre-Bau ist allerdings zu eng geworden, manche Abteilungen mussten bereits ausgelagert werden. Archivfoto: Alexander Kaya

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