Die "RENFTLE-RUINE am Petrusplatz in Neu-Ulm.. wie geht es weiter..

14. November 2018

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Ruinöse Renftle-Ruine
Wirtschaft Nach der Pleite von Wohnbau Steinle steht eine Entscheidung über die Zukunft des Schandflecks am Petrusplatz an. Klar ist nun, wie es zur Zahlungsunfähigkeit kam

Von Oliver Helmstädter

Neu-Ulm Die Ruine im Herzen Neu-Ulms bröselt und rostet weiter vor sich hin. Auch drei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Firma Steinle Wohnbau, die das ehemalige Bettenhaus Renftle am Neu-Ulmer Petrusplatz in 13 Wohnungen und ein Ladengeschäft umbauen wollte, tut sich auf der abgeräumten Baustelle nichts. Doch das könnte sich bald ändern: Wie Insolvenzverwalter Martin Hörmann auf Nachfrage sagt, stehe er mit mehreren Interessenten in Verhandlungen.

Vermutlich noch im November rechnet der Anwalt der Kanzlei Anchor mit einer Vertragsunterzeichnung. Wie Hörmann sagt, sei das Projekt „P3“ am Petrusplatz auch der Grund für die Zahlungsunfähigkeit der Wohnbaufirma, die 2016 ihren 40. Geburtstag mit wohlfeilen Worten feierte. „Günter Steinle sucht eben die Herausforderungen. Er hat häufig etwas realisiert, was andere nicht machen wollten“, steht in einer Festschrift. Der Umbau des Renftle-Gebäudes war dann eine Herausforderung zu viel. Der Umbau, in den Steinle laut Aussagen aus dem Jahr 2012 mehr als zehn Millionen Euro investieren wollte, entpuppte sich laut Hörmann als „komplexer als erwartet“. „P3 – Wohnen und Arbeiten am Petrusplatz“, so hieß es in der Werbung. Zwischen 299 000 und 1,1 Millionen Euro sollten die zehn Wohneinheiten im Herzen Neu-Ulms kosten. Bezugstermin: Sommer 2017, verkündete eine Anzeige von Tentschert-Immobilien, der die Steinle-Projekte vermarktete. Ursprünglich wollte Steinle das Traditionsgeschäft an der Ecke Petrusplatz/Marienstraße dem Erdboden gleichmachen und durch einen Neubau ersetzten. Doch dann entschied er sich, das Haus doch nicht komplett abzureißen, was offenbar ein Fehler war. Wie Hörmann sagt, habe es Probleme mit dem alten Fundament gegeben, was wohl die Kosten in die Höhe schießen ließ. Ob nun der Altbestand plus bereits in Beton gegossener Aufzugschächte komplett abgerissen wird, will Hörmann nicht bestätigen.

Experten halten es, wie berichtet, allein aus Gewährleistungsgründen für unwahrscheinlich, dass eine Baufirma dort weiter baut, wo das Unternehmen Mayer-Madel im Juni das Handtuch warf, weil Steinle seine Rechnungen im sechsstelligen Bereich nicht bezahlte.

Mit Argusaugen werden die Käufer der zehn Wohnungen auf die Verhandlungen blicken: Sämtliche Wohneinheiten galten vor der Insolvenzbekanntmachung als verkauft. Hörmann rechnet durchaus mit unzufriedenen Gläubigern: „Die Insolvenz eines Bauträgers führt immer zu Verlusten.“ Es gebe eine Vielzahl an Vertragskonstellationen der enttäuschten Wohnungskäufer. Einige hätten beispielsweise auch ihre Wohnung per Immobilientausch erwerben wollen, was das Verfahren zusätzlich kompliziere. Nun werde derjenige Bieter den Zuschlag erhalten, der den Forderungen der Gläubiger am ehesten bediene.

Etwas anders ist die Lage beim zweiten großen Steinle-Projekt: Dem Saalbau in Pfuhl, jenes markante rote Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. Hier ist die Generalsanierung laut Hörmann relativ weit fortgeschritten, wenngleich der Baufortschritt in jeder der acht Wohnungen unterschiedlich sei. Hier wird laut Insolvenzverwalter an einer Lösung gearbeitet, die es den Käufern der Wohnung gestattet, die Fertigstellung der Räumlichkeiten in Eigenregie zu vollenden. Auch hier seien finanzielle Einbußen der Käufer unausweichlich. Über die Höhe möchte der Insolvenzverwalter keine Aussage treffen.

„Ganzheitliches Planen und Bauen“ hat sich Steinle laut Eigenwerbung auf die Fahnen geschrieben. Nun hat er aber eine ganzheitliche Zahlungsunfähigkeit am Hals: Neben seiner Wohnbaufirma hat inzwischen auch seine Tochterfirma, die „Steinle Bestandsverwaltung“ einen Insolvenzantrag gestellt. Das ist wohl eher eine aus steuerlichen Gründen ins Leben gerufene Tochterfirma: Beide Steinle-Unternehmen beschäftigten zuletzt lediglich drei Mitarbeiter.

Der Pleitier und Gründer der „Günter-Steinle-Fondation“, die seit Jahren Kultur-, Sport- und Sozialprojekte fördert, hat unterdessen andere Sorgen. Nach Informationen unserer Zeitung ist Steinle ernsthaft erkrankt. Nun kann sich der Unternehmer, der als Bauträger hinter Projekten wie den „Römerhöfen“ und der „Hieberpassage“ das Bild Neu-Ulms prägte, nicht mehr persönlich darum kümmern, Licht in das Dunkel seiner Geschäfte zu bekommen. »Kommentar

Direkt am Neu-Ulmer Petrusplatz gestaltete sich eine Kernsanierung des alten Geschäftshauses zu einem Wohn- und Geschäftshaus als schwieriger als erwartet. Statt zehn neuen Wohneinheiten, einer modernen Büroetage und einem Ladengeschäft, handelte sich der Bauträger eine Pleite ein. Foto: Alexander Kaya

Die Tragik der Steinle-Pleite
Kommentar

Von Oliver Helmstädter

heo@nuz.de

Der Pleite des Günter Steinle wohnt eine außergewöhnliche Tragik inne: Ohnehin wundern sich Branchenexperten, wie in Zeiten des Beton-Golds überhaupt Unternehmer aus dieser Boom–Branche in Schieflage geraten können. Und dann auch noch ausgerechnet Günter Steinle, der Tausendsassa und Wohltäter, der mit seiner jüngst 40 Jahre alt gewordenen Firma doch eigentlich mit allen Wassern gewaschen sein sollte.

In Neu-Ulm ist es schwierig, nicht den Steinle-Bauten zu begegnen. Gerade im Zentrum, im Areal um den Kreuzungspunkt Schützenstraße/Hermann-Köhl-Straße/ Petrusplatz gestaltete Steinle viel. Weiter geht’s mit dem „Hof-Garten“ im Innern des Vierecks Krankenhausstraße/Johannesstraße/Schützenstraße/Hermann-Köhl-Straße oder den „Römer-Höfen“, die ein vermeintliches Scherbenviertel aufwerteten.

„Ihn hatte es noch nie gereizt, Rendite-Objekte hinzuklotzen“, ließ Steinle vor ein paar Jahren zu seinem 40. Firmenjubiläum über sich schreiben. Heute wünscht er sich wohl, er hätte es doch getan. Denn der immer als vermögend geltende Steinle sieht sich auch als Förderer von Kunst, Kultur und Sport: „Wenn ich als Unternehmer erfolgreich bin, möchte ich von dem Erfolg gerne auch etwas abgeben“, hat er einmal gesagt. Dafür hat er vor über vier Jahrzehnten die „Günter-Steinle-Fondation“ gegründet.

Auch die Nutznießer der Stiftung – von geförderten Konzertreisenden über das Dokumentationszentrum „Oberer Kuhberg” bis hin zur Jugendarbeit der American Footballer der Neu-Ulm „Spartans“ – werden bedauern, dass sich der Neu-Ulmer mit dem Umbau des Ex-Renftle vertan hat. Und seine zahlreichen Gläubiger sowieso.

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