Region: MAN in Augsburg arbeitet an neuen Energielösungen...

28. Dezember 2018

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Wie sich MAN in Augsburg neu erfindet
Industrie Batterien, groß wie Frachtcontainer, und smarte Netze sollen die Energiewende ermöglichen. Der Bereich soll mehr als die Hälfte des Umsatzes bringen. Los geht es auf dem Werksgelände

Von Michael KErler

Augsburg Jetzt, im Winter, wird es wieder so weit sein. An stürmischen Tagen werden sich die Windräder an den Küsten wild drehen und Unmengen Strom ins Netz pumpen. An anderen Tagen wird Flaute herrschen. Kommt dichte Bewölkung oder Nebel dazu, fällt auch die Photovoltaik als Energielieferant aus. Die erneuerbaren Energien sehen sich deshalb dem Vorwurf ausgesetzt, sie produzierten nur Zappelstrom, auf den kein Verlass ist. Das Unternehmen MAN Energy Solutions in Augsburg will helfen, das Problem zu lösen. Es will beitragen zu einer sicheren Energieversorgung – mit einem möglichst hohen Anteil erneuerbarer Energie. Dabei will MAN auf dem eigenen Werksgelände beginnen, wo über 4000 Beschäftigte große Motoren herstellen, wo in der Gießerei Stahl geschmolzen wird und der Energiehunger riesig ist. Dies ist eine Geschichte nicht nur über die Energiewende in Deutschland. Sondern auch darüber, wie sich ein Unternehmen neu erfindet.

MAN ist bekannt dafür, große Dieselmotoren herzustellen, die Schiffe über die Weltmeere treiben oder in Kraftwerken Strom produzieren. Lange führte das Unternehmen den Zusatz „Diesel & Turbo“ im Namen. Vorstandschef Uwe Lauber und sein Team setzen seit diesem Jahr aber auf einen neuen Begriff: „Energy Solutions“. MAN will nicht nur für Dieselmotoren stehen – sondern für umfassende Energielösungen. Denn die Zeiten ändern sich.

Hermann Kröger leitet den Geschäftsbereich Kraftwerke bei MAN. Er beobachtet einen eindeutigen Trend: Der Bedarf an Motoren, die mit Schweröl oder Diesel laufen, gehe zurück. Gefragt sei zunehmend eine Strom- und Wärmeerzeugung, die CO 2-neutral ist, also das Klima schont. Das Problem: „Erneuerbare Energien alleine sind nicht in der Lage, den Bedarf belastbar – also rund um die Uhr – zu decken“, sagt er.

Das musste man unter anderem auf der Insel Pellworm feststellen. Dort stellte man die Energieversorgung ganz auf Sonne, Wind und Batteriespeicher um. Ziel sollte es sein, die Insel autark und vollständig erneuerbar zu versorgen. Doch die Idee stieß an ihre Grenzen: Für eine zuverlässige Stromversorgung fehlten am Ende drei Prozent. Ein kleiner, aber wichtiger Teil: Denn wer will schon drei Prozent des Tages auf Elektrizität verzichten? Bei MAN hat man Pellworm genau beobachtet und ein Fazit gezogen: „Der Markt schreit nach Lösungen, die eine stabile Energieversorgung sicherstellen“, sagt Kröger. Solche Lösungen sollen künftig „made in Augsburg“ sein.

Ziel des Industriekonzerns ist es, Strom auch dann sicher zu liefern, wenn Sonne und Wind Pause machen. Möglich machen sollen es zum Beispiel MAN-Gasmotoren, aber auch gigantische Batterien von der Größe eines Schiffscontainers. MAN hat sich hier durch die Beteiligung an einem kanadischen Unternehmen Know-how an Bord geholt. Die Batterien können überschüssigen Strom zum Beispiel aus der Windkraft für energiearme Tageszeiten speichern.

Und mit noch einer Möglichkeit beschäftigt sich MAN, um die Netze zu entlasten, wenn zum Beispiel viel Windstrom im Netz ist. „Mit Überschuss-Strom lässt sich synthetisches Methan-Gas erzeugen, das ins Gasnetz eingespeist wird oder später in Gasmotoren genutzt werden kann“, sagt Kröger. Für ihn ist es ein Unding, dass große Mengen grüner Elektrizität noch immer verloren gehen, weil Windräder häufig abgeregelt werden. „Jedes Jahr werden enorme Mengen an Strom aus erneuerbaren Energien nicht genutzt“, kritisiert Kröger.

Letztlich gehört zu einer klugen Energie-Lösung auch eine intelligente Steuerung, die entscheidet, ob der Strom aus erneuerbaren Energien reicht oder ob zum Beispiel ein Kraftwerksmotor zugeschaltet werden muss. Solch eine Steuerung nutzen zum Beispiel auch Wetterdaten für Prognosen.

Wo wären solche Lösungen aber gefragt? „In Europa gibt es rund 9000 bewohnte Inseln“, sagt Kröger. „Ihre Energieversorgung wollen wir ertüchtigen.“ Dazu kommen Netze für entlegene Verbraucher in den Flächenstaaten der Erde. „Aber auch manche bayerische Gemeinde oder manch innovatives Stadtwerk macht sich bereits Gedanken über eine neue, dezentrale Energieversorgung“, sagt Kröger.

Ein Pilotprojekt für eine höhere Eigenversorgung will MAN jetzt auf dem eigenen Werksgelände in Augsburg verwirklichen. Dort entspricht der Strombedarf in Spitzenzeiten dem Energiehunger einer Kleinstadt, sagt Kröger – 15 Megawatt. Um diesen Strom kurzfristig bereitzustellen, betreibt MAN heute schon ein Gaskraftwerk auf dem Werksgelände. Nun sollen zwei Batterie-Container und eine Photovoltaikanlage hinzukommen. Die Pilotanlage soll zusammen mit einem Zentrum für Forschung und Entwicklung nahe des MAN-Museums entstehen. Die beiden Großbatterien hätten genug Kapazität, um selbst in Spitzenzeiten für eine halbe Stunde ein Drittel des Strombedarfs im Werk zu decken – dies entspricht circa fünf Megawatt. „Damit schaffen wir auf unserem Gelände ein echtes Hybridkraftwerk“, sagt Kröger. Dieses soll auch neue Kunden überzeugen.

Das Projekt zeigt, wohin sich MAN Energy Solutions entwickeln will: Hin zu einem Unternehmen, das nicht nur Großmotoren anbietet, sondern komplette Energielösungen. Über die Hälfte des Umsatzes will die Firma nach eigenen Angaben langfristig mit nachhaltigen Technologien erwirtschaften.

Um die komplexe Energiewelt von morgen zu steuern, treibt MAN noch ein Projekt voran: Schließlich müssen künftig Windräder, Solaranlagen, Batterien, aber auch Motoren und flexible Stromverbraucher der Industrie reibungslos zusammenspielen, erklärt Projektleiter Michael Raila. Solch eine intelligente Steuerung entwickelt derzeit MAN zusammen mit dem Augsburger Software-Spezialisten Xitaso und der Fraunhofer-Projektgruppe Wirtschaftsinformatik. „In Zukunft wollen wir den MAN-Kunden eine funktionsfähige Steuerung zur Einbindung von erneuerbaren Energien und verschiedenen Speichermöglichkeiten aus einer Hand anbieten“, sagt Raila. An einem Modell soll die neue Software bald getestet werden.

MAN will ganz vorne dabei sein – bei der Entwicklung der Energiewelt von morgen.

Wind und Sonne liefern den Strom, an windstillen, trüben Tagen springen Batterien und Motoren ein. So stellt sich MAN die Zukunft vor. Foto: Musicman80, stock.adobe.com

Uwe Lauber setzt auf Energielösungen aus Augsburg. Foto: Siegfried Kerpf

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