Heilkraft aus der Erde..

22. Dezember 2015

Vieles weiss man einfach nicht... aber interessant..
Lesen Sie bitte einmal - nicht politisch ausgerichtet - die SWP..

Heilkraft aus dem Boden

In Christertshofen im südlichen Kreis Neu-Ulm wurde einst mineralische Tonerde abgebaut


Zum Heilbad hat es nicht ganz gereicht. Doch ein Heilerde-Vorkommen machte den kleinen Ort Christertshofen in pharmazeutischen Fachkreisen einst bekannt und war Anlass für eine Intervention der Konkurrenz.


THOMAS VOGEL


Christertshofen. Dass „nahe dem Dorfe“ Christershofen ein „Gesundbad“ entdeckt worden sei, ist erstmals im Jahr 1800 schriftlich festgehalten worden. Auch Flurnamen wie „Mönchsbad“ und „Badsteig“ sind dazu geeignet, Bäder-Phantasien zu beflügeln. Doch befand sich in Christertshofen, heute Teilort der Marktgemeinde Buch im südlichen Landkreis Neu-Ulm, vor 200 Jahren tatsächlich ein Bad?


Der Neu-Ulmer Kreisarchivar Peter Wischenbarth hat sich an die Recherche gemacht und ist dabei auf einige interessante Spuren gestoßen. Sie haben allesamt im so genannten Badstein ihren Ausgangspunkt, einer mineralischen Tonerde mit heilsamer Wirkung.


Ein derartiges Vorkommen ist in Christertshofen tatsächlich nachweisbar, enthalten in einer rund zwei Meter mächtigen Erdschicht an einem Hang am östlichen Ortsrand. Die chemische Zusammensetzung ist weitgehend identisch mit derjenigen des Krumbader Badsteins, der im Krumbad in der Nähe von Krumbach (Kreis Günzburg) bis heute in der Heilbehandlung Anwendung findet (siehe Infokasten).


1853 erkannte die Gemeinde Christersthofen in dem Vorkommen ein Geschäftsmodell und ersuchte bei der Königlichen Regierung von Bayern um eine Abbaugenehmigung im gewerblichen Maßstab. Erteilt wurde diese schließlich mit der Einschränkung, „dass bei dem Verkaufe dieser Steine keine marktschreierische Anpreisung ihrer Heilkraft Platz greife“. Beim privaten Betreiber des traditionsreichen Krumbads lagen daraufhin die Nerven blank. Vergebens legte er „gehorsamste Beschwerde“ ein gegen die Genehmigung, sah er sich „und mein Bad“ durch die neue Konkurrenz in der Nachbarschaft doch akut „vom Untergang“ bedroht.


Diesem Schicksal ist das Heilbad bei Krumbach bekanntlich entgangen. Auch für Christertshofen sah es einige Jahrzehnte lang ganz gut aus. 1907 erwarb der Münchner Unternehmer Karl Bader die Abbaustelle mitsamt der Abbaurechte und ließ 1909 eine neue Stampfmühle und Trockenräume errichten. Das Badstein-Pulver aus Christertshofen wurde fortan unter der Markenbezeichnung „Carl Bader’s Naturprodukt DIVINAL“ vermarktet. Wie Wischenbarth herausfand, band der Betreiber den Ulmer „Löwen“-Apotheker Otto Maurer vertraglich an sich, der DIVINAL ins Programm seiner Versandapotheke aufnahm und es europaweit und sogar in den USA absetzte.


Angewendet wurde DIVINAL in Hand-, Arm-, Fuß-, Sitz- und Vollbädern oder als heiße Wickel, und zwar bei einer erstaunlichen Fülle von Leiden und Krankheiten: bei Muskel- und Gelenkrheumatismus, Ischias, Hexenschuss, Gliederreißen, Seitenstechen, akut entzündlichen Schwellungen, chronischen Gelenkschwellungen, Gelenksteifigkeit, Verstauchungen, Gicht, Gallensteinkrankheit, akutem Blasenkatarrh und bei chronisch entzündlichen Erkrankungen der Unterleibsorgane der Frau.


1920 wurde die Produktion an ein Ehepaar aus Bad Reichenhall veräußert, für 60 000 Mark, damals ein stolzer Preis. Für gerade einmal ein Zehntel der Summe ging sie schließlich 1928 an Wilhelm und Paulina Maier über, die aus Christertshofen stammten, den Abbau aber nur noch im Nebenerwerb betrieben. Immerhin wurden bis zu 1000 Zentner pro Jahr gefördert, getrocknet, im Stampfwerk zerkleinert, gesiebt und dann per Bahn nach Bad Reichenhall verfrachtet, wo der Vertrieb nun saß. Der Apotheker Burkhard Hillenbrand hatte sich die alleinigen Vertriebsrechte gesichert. 1948 wurde die Produktion eingestellt, aus wirtschaftlichen Gründen, wie Wischenbarth schreibt.


Sucht man heute im Ort nach Spuren der Badstein-Episode, so stechen immerhin noch die historischen Gebäude ins Auge, wenngleich sie ungenutzt im Dornröschenschlaf dahindämmern. Den Blicken entzogen ist freilich die mineralhaltige Tonsteinschicht. Der Hang, an dessen Fuße einst abgebaut wurde, ist ins Rutschen geraten und hat einen Teil der Dorfgeschichte geschluckt.


Doch hat in Christertshofen jemals ein „Bad“ existiert? Die geschichtlichen Quellen sind nicht eindeutig. Von einer gefassten Wasserstelle, gespeist aus einem Heilwasser führenden Brunnen, bis zu einem kleinen Badhaus ist vieles denkbar. Mitte des 19. Jahrhunderts jedenfalls war nichts mehr da.

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