Schule.. das geht mit allen Religionen!

23. Februar 2017, 19:00Uhr

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Muslime in der Mehrheit: Wie eine Schule damit umgeht

Bildung Birgit Plechinger ist Rektorin an der Mittelschule in Senden. Dort sind 60 Prozent der Schüler islamischen Glaubens. Was die Lehrer tun, um Probleme im Alltag zu vermeiden

Von Carolin Oefner

Senden 330 Kinder besuchen die Mittelschule in Senden. 75 Prozent haben einen Migrationshintergrund, 60 Prozent der Schüler sind Muslime. Ist das etwa ein Problem? Nein, sagt Schulleiterin Birgit Plechinger. „Der Islam bereitet in unserem Schulalltag so wenig Probleme, dass ich mir wünschte, er wäre unser einziges Problem.“ Man müsse nur richtig damit umgehen.

Die Schulleiterin findet es jedoch schlimm, dass gerade weltweit „eine Dämonisierung des Islams“ stattfinde, ohne zu unterscheiden, wofür muslimische Menschen eigentlich stehen. Bei der Beurteilung werde oft nicht mehr nach dem Einzelfall entschieden. Das will sie in ihrer Schule vermeiden. Dort werde jeder Schüler als Mensch betrachtet und bewertet – nach dem, was er sagt und macht, aber nicht nach seiner Religion. „Unsere muslimischen Schüler sind genauso lieb, frech, begeisterungsfähig und lernwillig wie alle anderen Schüler auch“, sagt sie. Doch das funktioniert nicht einfach so, es ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Die Lehrer leben den Schülern das deutsche Wertesystem vor mit dem Ziel, dass auch die Schüler es leben. „Die Basis für das Zusammenleben sind die Menschenrechte und unsere Gesetze“, sagt Plechinger. Die Schulregeln entsprechen diesen Grundsätzen – wenn sie nicht eingehalten werden, müsse es auch Konsequenzen haben.

Dennoch dürfe man das Thema Islam nicht verharmlosen, das Lehrerkollegium müsse wachsam sein, falls es Anzeichen für eine Radikalisierung gebe. Vor Kurzem passierte etwas in dieser Art in der Mensa der Mittelschule. Drei Schüler stifteten Unruhe, indem sie bei anderen auf den Teller zeigten und sagten: „Das Fleisch ist nicht halal, du kommst in die Hölle, wenn du das isst.“ Manche der Angesprochenen seien verunsichert oder verängstigt gewesen. Schulleiterin Birgit Plechinger hat rigoros auf dieses Verhalten reagiert. „Das geht einfach zu weit“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Es habe sich um junge Schüler gehandelt, mit denen die Schulleiterin auch gesprochen habe. Zudem wurde der Vorfall per Durchsage im Schülerradio aufgegriffen. „Ältere muslimische Schüler haben im Schulradio klar gesagt, dass es Privatsache ist, was man isst“, sagt Plechinger. Die Vorbildfunktion sei hier wichtig gewesen. Zudem legt das Kollegium in der Sendener Schule Wert darauf, dass die deutschen Gesetze beachtet werden und danach gelebt wird. So ist in Deutschland das Schächten von Tieren – das Schlachten ohne Betäubung – grundsätzlich verboten.

Wer sich nicht an die Werte der Schulregeln halte, müsse mit Konsequenzen rechnen. Auch das sei wichtig im Schulalltag: „Wir Lehrer müssen uns klar positionieren.“ In den Regeln steht zum Beispiel, dass jeder Mensch gleichberechtigt ist – bei Muslimen sei dieser Gedanke nicht selbstverständlich. „Mädchen und Buben werden in ihren Familien oft immer noch unterschiedlich behandelt“, sagt sie. Wenn die Klasse ins Schullandheim fährt, dürften muslimische Mädchen teilweise nicht mit – ihre Brüder aber schon. In so einem Fall hilft nur eines: reden, reden, reden. Plechinger erzählt, dass sie die Eltern dann zu Hause besucht. Sie wisse, dass Vater und Mutter gewisse Traditionen weitergeben wollen. „Aber wir leben in Deutschland und da müssen Kinder gleichberechtigt erzogen werden“, sagt Plechinger dann klar zu den Eltern. Und sie versuche, sie davon zu überzeugen, ihre Tochter doch mitfahren zu lassen. „Das Reden hilft teilweise schon.“ Schwieriger sei es beim Schwimmunterricht, bei dem Buben und Mädchen gemeinsam in der Halle stehen. Viele Mädchen melden sich an diesen Tagen krank – jedoch christliche und muslimische gleichermaßen. Das sei in der Pubertät normal, da seien alle Mädchen sensibel, was ihr Aussehen betrifft. Auch dort hilft nur reden. „Wir können nichts anderes machen, wir können sie ja nicht zwingen.“ Wenn es vertretbar sei, komme die Schule den muslimischen Schülern entgegen. So gibt es in der Mensa zum Beispiel kein Schweinefleisch. Damit erlebten die Schüler gleich eine Form der Demokratie: Die Mehrheit entscheidet und die isst an der Schule kein Schweinefleisch.

Insgesamt gesehen habe es sich bewährt, dass sowohl die Lehrer als auch Schüler und Eltern viel Zeit mit Gesprächen verbringen. „Es ist manchmal mühselig, aber wichtig, immer mit den Betroffenen zu sprechen“, sagt Plechinger. Denn: „Nur so können Missverständnisse auf lange Sicht ausgeräumt und Probleme vermieden werden.“

Birgit Plechinger ist seit einem Jahr Schulleiterin an der Sendener Mittelschule. Sie und ihre Kollegen unternehmen viel, um Probleme im Alltag erst gar nicht aufkommen zu lassen. Fotos: Alexander Kaya

An der Werner-Ziegler-Mittelschule lernen insgesamt 330 Schüler. Von ihnen sind etwa 60 Prozent Muslime.

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