Hautkranke.. werden sie diskriminiert?

01. Juli 2019

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.07.2019 ULM und NEU^-ULM

Hautkranke fühlt sich diskriminiert

Badeseen Seit zwei Jahren zieht Ursula Kaltenbacher gegen eine Formulierung in der Neu-Ulmer Badeordnung zu Felde. Nun bekommt sie Unterstützung vom Bund und vom Deutschen Dermatologenverband. Von Christoph Mayer

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rsula Kaltenbacher hat ein dickes Fell. Das ist umso bemerkenswerter, da sie eine sehr empfindliche Haut hat. Seit 53 Jahren leidet die Burlafingerin unter der chronisch-entzündlichen – aber nicht ansteckenden – Hauterkrankung Neurodermitis. „Es gibt Phasen, da macht sich das kaum bemerkbar und es gibt Phasen, da geht es mir schlecht.“ Wie viele Neurodermitiker kennt sie das Gefühl, sich dann am liebsten verstecken zu wollen. Denn die Reaktionen der Umwelt seien oft diskriminierend. „Das tut einem schon weh, wenn die Kassiererin im Supermarkt erschrocken die Hand zurückzieht, wenn man ihr einen Geldschein gibt.“

Kaltenbacher sagt, es gehe ihr nicht um sich. Neurodermitis sei auf dem Vormarsch, jedes siebte Schulkind betroffen. Alle Formen von Diskriminierung müsse man da bekämpfen. Womit wir beim dicken Fell sind. Seit knapp zwei Jahren liegt die 56-Jährige mit der Stadt Neu-Ulm im Clinch. Grund ist die Nutzungsordnung für die Naherholungsgebiete Ludwigsfelder und Pfuhler Badesee, in der es heißt: „Personen mit Hautausschlägen . . . oder ansteckenden Krankheiten dürfen nicht baden.“

Die Stadt Neu-Ulm sieht keinen Grund, diese Formulierung zu ändern. Schon 2017 hatte Grünflächen-Abteilungsleiterin Iris Stieglitz auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE erklärt, das Wort „Hautausschläge“ sei bewusst gewählt worden. Denn Ausschläge seien qua Definition vorübergehend und meist ansteckend. Nur darauf beziehe sich das Verbot. Neurodermitis sei eine Hautkrankheit – und um die gehe es in der Badeseeverordnung nicht. „Selbstverständlich dürfen Menschen mit Neurodermitis in beiden Seen baden.“

Behörde schreibt an OB

Für Kaltenbacher war das Thema damit nicht erledigt. Sie wandte sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes – die sich nun hinter die Beschwerdeführerin stellt. In einem Schreiben an OB Gerold Noerenberg kommt die Behörde zum Schluss: „Unserer Einschätzung nach könnte es sich bei der Zugangsbeschränkung um eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen handeln.“ Sie schlägt deshalb eine „angemessenere“ Formulierung“ vor: „Personen mit offenen Wunden, ansteckenden Hautausschlägen oder ansteckenden Krankheiten dürfen nicht baden.“

Was die Stadt ablehnt, wie aus einem Brief Noerenbergs an die Behörde hervorgeht. „Die von Ihnen vorgeschlagene Formulierung deckt aus unserer Sicht nicht alle Probleme ab. Wozu zählen Personen mit Ausschlägen, die Bläschen und nässende Stellen hervorrufen?“ Überdies, so der OB, „liegen uns außer dem Problem von Frau Kaltenbacher keine Beschwerden vor“.

Das Schreiben zeuge von wenig Einfühlungsvermögen und habe sie „echt wütend“ gemacht, sagt Kaltenbacher, die zudem herausgefunden hat, dass Neu-Ulm anders kann. Zum Beweis legt sie eine Kopie der Badeordnung für das Hallenbad in Offenhausen vor. In der Tat findet sich dort eine Formulierung, die der von der Antidiskriminierungsstelle vorgeschlagenen ähnelt. Wasserverbot haben in Offenhausen „Personen, die an einer meldepflichtigen übertragbaren Krankheit oder an offenen Wunden leiden“. Warum nur ist so eine Diktion nicht auch für die Seen möglich, fragt sich die Burlafingerin.

Zusätzliche Schützenhilfe erhält sie jetzt noch vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen, der das Neu-Ulmer Gebaren als „empörend“ beschreibt und argwöhnt, Kaltenbacher sei sogar „doppelt diskriminiert“ worden: im Wortlaut der Badeordnung und in der mündlichen Begründung durch die Verwaltung.

Natürlich denkt Ursula Kaltenbacher nun erst recht nicht ans Aufgeben. Die Badeordnung müsse geändert werden, fordert sie. „Wir haben mittlerweile die Ehe für alle, wir haben das dritte Geschlecht – und die Hautkranken sollen weiter auf der Leprainsel leben? Nein!“

Vor allem Städter sind betroffen

Häufigkeit Neurodermitis gilt als Zivilisationskrankheit. Sie kommt vor allem in hoch entwickelten Industriestaaten vor, Städter sind häufiger betroffen als Landbewohner. In Deutschland erkranken 14 Prozent der Menschen im Laufe ihres Lebens an Neurodermitis. Damit ist sie die häufigste chronische Hauterkrankung.

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