Kliniken... wie kann Illertissen bestehen?

24. Januar 2018, 20:00Uhr

Lesen SIE bitte die SWP und die NUZ ...
es bleibt abzuwarten, was der Landkreis im März? beschließen wird.
Wir denken, dass eine Dezentralisierung, eine Individualisierung der Kliniken der einzig gangbare Weg sein wird.

 

Gratwanderung zwischen Kosten und guter Versorgung

Medizin Marc Engelhard ist neuer Direktor der Kreisspitalstiftung. Es gibt leichtere Jobs: Die Kliniken im Kreis Neu-Ulm stehen vor riesigen Herausforderungen. Von Stefan Czernin


Er hat sich eine schwierige Zeit ausgesucht, um die Leitung der Kreisspitalstiftung mit ihren Kliniken in Neu-Ulm, Illertissen und Weißenhorn zu übernehmen. Eine laufende Strukturdebatte mit Begehrlichkeiten im Norden und Süden das Landkreises Neu-Ulm, ein Millionendefizit und noch dazu ein drohender Nuxit, der Austritt der Stadt Neu-Ulm aus dem Landkreis.


Trotzdem wirkt der neue Stiftungsdirektor Marc Engelhard (siehe Infokasten) im Pressegespräch am Dienstag recht entspannt. „Ich bin sehr, sehr freundlich aufgenommen worden. Obwohl die Herausforderungen der Kreisspitalstiftung sehr groß sind.“ Ein Lob auch an seinen Stellvertreter Ernst Peter Keller und den Medizinischen Leiter der Stiftung, Andreas Keller, die Engelhard, seit Anfang des Jahres im Amt, im Gespräch sekundieren.


„Es geht darum, die medizinsche Versorgung der Bevölkerung vernünftig sicherzustellen“, sagt Engelhard. Und die wirtschaftlichen Probleme der Kreisspitalstiftung in den Griff zu bekommen. Und die sind gewaltig: In den Jahren 2015 und 2016 ist ein Defizit von knapp 15 Millionen Euro aufgelaufen, für das laufende Jahr wird ein Minus von knapp 9 Millionen Euro prognostiziert.


In einem nicht-öffentlichen Workshop haben sich Kreisräte kürzlich mit der Finanzlage der Kliniken auseinandergesetzt. Grundlage ist ein Gutachten der Beratungsfirma KPMG. Die Wirtschaftsprüfer haben auch „Exit-Szenarien“ für jeden der drei Standorte durchgerechnet. Und kommen zum Ergebnis, dass aus wirtschaftlicher Sicht Illertissen am ehesten zur Disposition steht.


Und dabei sei eine Geburtshilfestation sogar noch ausgeklammert worden. „Sonst wäre die Aussage zum Standort Illertissen noch deutlicher ausgefallen“, erklärt Engelhard. Eine im Bürgerentscheid geforderte Wiedereröffnung scheitere jedoch allein schon am Mangel an verfügbaren Fachkräften.


Allerdings betont Engelhard, dass in der Gesundheitsversorgung eben nicht rein ökonomisch argumentiert werden darf. Sondern die Bürger des Landkreises einen Anspruch auf eine adäquate medizinsche Versorgung haben. Darum setzt sich die Kreisspitalstiftung auch für einen Erhalt aller drei Standorte ein. Obwohl der 49-Jährige auch sagt, dass die Strukturdebatte ergebnisoffen geführt wird, auch ein neues Zentralklinikum auf der grünen Wiese eine Option sei. Schlussendlich müssten die Kreisräte entscheiden; in einer Sitzung im März werden die Weichen gestellt.


Derweil setzen sich Engelhard und seine Kollegen dafür ein, die Kreisspitalstiftung so umzustrukturieren, dass sie in der Fläche Bestand hat und sich finanziell trägt. So wurden die Standorte in Illertissen und Weißenhorn mittlerweile zu einer Einheit zusammengefasst. Ein Personal-Pool soll es künftig erleichtern, Pflegekräfte aus Illertissen auch in Weißenhorn einzusetzen. Dort sind 37 000 Überstunden aufgelaufen.


Außerdem ist geplant, die Profile der einzelnen Kliniken zu schärfen, um Doppel- und Dreifach-Strukturen zu vermeiden. So verfüge die Illertalklinik etwa über eine anerkannte geriatrische Abteilung, die das Krankenhaus auszeichnet. Auch das dortige Ambulanz-Zentrum soll gestärkt werden, heißt es im Pressegespräch. „Allerdings darf man fragen, ob Illertissen einen OP braucht“, sagt Engelhard. Weil solche Einrichtungen beachtliche Kosten verursachen, angefangen von den Ausgaben für die Sterilisation von Raum und medizinischen Instrumenten.


Nicht vorgesehen seien hingegen betriebsbedingte Kündigungen, 1100 Voll- und Teilzeit-Mitarbeiter hat die Kreisspitalstiftung. Auch sie werden die kommende Kreistagssitzung zur Zukunft der Kliniken im Frühjahr gespannt erwarten. „Der März ist der entscheidende Monat“, sagt Stiftungsdirektor Engelhard.

 

Hoffnung für den Süden?
Kommentar

Von Ronald Hinzpeter

redaktion@nuz.de

Die Geheimniskrämerei ist groß: Die Kreisräte wurden per Unterschrift verpflichtet, nichts vom KPMG-Gutachten zur Klinikstrategie nach draußen dringen zu lassen. Denn natürlich birgt das Papier Sprengstoff und soll zunächst hinter verschlossenen Türen diskutiert werden. Darin wird durchgerechnet, was die Schließung einzelner Krankenhäuser kostet. Am billigsten wäre es dem Vernehmen nach, Illertissen dichtzumachen. Das hat offenbar schon für Unruhe im Süden gesorgt.

Da klingt es doch sehr beruhigend, wenn der neue Stiftungsdirektor Marc Engelhard ganz andere Töne anschlägt. Er will die drei Häuser offenbar erhalten. Dafür müssten allerdings die Behandlungsschwerpunkte verschoben werden. Für Illertissen hieße das, so ließ es sich seinen Worten entnehmen, die Operationstätigkeit müsste aufgegeben werden. Das wiederum bedeutet: Eine Babystation wird es im Süden wohl nie wieder geben, denn dafür ist ein OP notwendig. Bei den Berechnungen von KPMG spielte die Gynäkologie offenbar keine Rolle mehr. Würde sie wieder eröffnet, wie es das Ergebnis des Bürgerentscheids vorsieht, käme alles viel teurer. Möglicherweise ist der Verzicht auf die Geburtshilfe der Preis, um die Illertalklinik zu erhalten. Die Bürgerinitiative „Geboren im Süden“ hat sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet, doch das wird sie mit Sicherheit bald tun. Beim ersten Pressetermin gestern verbreitete der neue Stiftungsdirektor Zuversicht, dass sich das Defizitproblem lösen ließe, ohne zum Kahlschlag anzusetzen. Er wirkt jedenfalls nicht wie der harte Sanierer, dessen Wirklichkeit nur aus harten Zahlen besteht. Das ist gut so, denn um eine medizinische Versorgung sicherzustellen, die uns allen zugutekommt, kann es nicht nur um Effektivität gehen.

Allerdings muss langsam auch mal klar sein, wie es mit den Kliniken weitergehen soll. Und es müssen Entscheidungen gefällt werden, egal wie sie aussehen.

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