Stadtwerke sehen wieder Land
Wirtschaft Möglicherweise gehören die jährlichen Millionenverluste bald der Vergangenheit an. Die neue Zeit des kommunalen Betriebs wird bald auch auf den Straßen sichtbar sein
Von Oliver Helmstädter
Ulm/Neu-Ulm Nach Jahren herber Verluste geht es wieder bergauf mit den defizitären Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm (SWU). Wie Geschäftsführer Klaus Eder am Freitag sagte, ist im Wirtschaftsplan für das kommende Geschäftsjahr ein positives Ergebnis notiert. Ob es so weit wirklich kommt, steht freilich noch in den Sternen. Doch auch an den Zahlen für das jüngst zu Ende gegangene Geschäftsjahr lasse sich bereits ein Aufwärtstrend ablesen. Derzeit sei die Aufstellung des Zahlenwerks noch in Bearbeitung. Eine Veröffentlichung ist erst im Mai geplant.
Aufwärts – freilich immer noch auf einem defizitären Niveau – ging es bereits in den vergangenen zwei Jahren. Auf 16,1 Millionen Euro beliefen sich die Verluste 2015, ein Jahr zuvor waren es mit 30,4 Millionen Euro aber noch deutlich mehr.
Altlasten bleiben: „Den Rucksack werden wird noch eine Weile tragen müssen“, sagte Eder und meinte damit die verlustreichen Beteiligungen an mehreren bundesdeutschen Kraftwerken. Doch zunehmend gelinge es, diese Verluste durch Gewinne anhand guter Geschäfte mit den Kunden auszugleichen. Durch eine „exzellente Einkaufstrategie“ für Strom und Gas, so Eder, konnte etwa der Strompreis stabil gehalten werden, was den SWU zahlreiche neue Kunden gebracht hätte. Die Strategie, auf langfristige Kundenbeziehungen statt den schnellen Euro zu setzen, komme an. „Treueboni“ statt „Wechselboni“ bewerben deshalb die SWU und konnten dennoch auf Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 monatlich bis zu 1000 Neuanmeldungen registrieren.
In den vergangenen 18 Monaten sei es den SWU gelungen, die Kosten deutlich zu senken. In einer Zeit des Wandels, auch in personeller Hinsicht. Nach 19 Jahren an der Spitze übergab der geschasste SWU-Chef Matthias Berz Anfang Juli 2015 die Geschäfte an Klaus Eder.
Langjährige Verlustbringer scheinen aktuell der Gewinnschwelle nah: Seit einem Jahr läuft das Holzkraftwerk in Senden im Regelbetrieb. Mit der Fertigstellung der Bilanz im Mai wird sich herausstellen, ob es dies auch wirtschaftlich tut. „Wir sind wohl an der Grenze“, sagt Eder. Strom produziere es sogar mehr als erwartet, jedoch brauche die innovative Pilotanlage noch personelle Aufmerksamkeit. Und das verursacht Kosten.
Einen „Kulturwandel“ – die noch stärkere Betonung der Regionalität – wollen die Stadtwerke künftig auch nach außen tragen. „Verlass dich drauf“ heißt der Slogan, mit dem eine neue Werbekampagne vorangetrieben werden soll. „Ehrgeizige Verpflichtungen“ gingen die SWU mit dem Versprechen ein. Doch die SWU könnten das auch halten. Kaum ein Unternehmen sei den Menschen in der Region näher: 100 000 Kunden haben Busse und Bahnen täglich, 170 000 Zähler in Haushalten liest das Unternehmen mit seinen 1000 Mitarbeitern pro Jahr ab. Am kommenden Montag startet die Kampagne, die durch zahlreiche Plakate Teil des öffentlichen Raums wird. Zeitgleich mit der Aktion geht auch das neue Kundenzentrum in Ulms Neuer Mitte an den Start. Statt verschiedener Anlaufstellen für die unterschiedlichen Stadtwerke-Themen gibt es jetzt nur noch eine. An die neue E-Mail-Adresse verlassdichdrauf@swu.de können SWU-Kunden ihre Meinung zur neuen Kampagne senden. Oder auch Infos, wenn’s mal nicht so läuft.
Seit 1. Juli 2015 ist Klaus Eder Chef der SWU-Gruppe. Rechts ein Plakat der neuen Werbekampagne. Foto: Oliver Helmstädter
Die Keimzelle der Stadtwerke ist am Neutor. Unweit dieses Orts ist auch heute noch der Unternehmenssitz. Links am Bildrand das „K3“ in der Karlstraße. In der Mitte der heute noch genutzte frühere Unternehmenssitz. Foto: Alexander Kaya