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Unterwegs in der 14. Kulturnacht

103 Orte, 500 Künstler - und 1 gut gesonnener Wettergott: Eine spätsommerlich warme 14. Kulturnacht in Ulm/Neu-Ulm lockte am Samstag mit ihrem vielfältigen Programm wieder Tausende Menschen an.

Gegen später, kurz nach 22 Uhr, stand im Theater Ulm ein regelrechter „Event“ auf dem Spielplan – so heißt ein Monolog von John Clancy, mit dem Intendant Andreas von Studnitz Premiere feierte (siehe Seite 28), aber am Samstagabend gab’s in Ulm und Neu/Ulm tatsächlich ein Großereignis: die 14. Kulturnacht. 500 Künstler an 103 Orten – und viele Tausend flanierende Menschen. Vor so manchen Cafés, Kneipen und Galerien bildeten sich auf der Straße Menschentrauben, lässige Unterhaltungskultur mit Musik – fast ein bisschen Schwörmontagsstimmung Ende September.

Fleißig hatten die Organisatoren der Kulturnacht wieder ein reichhaltiges Programm zusammengetragen für einen doppelstädtischen Parcour durch die Kulturlandschaft. Im Theater Ulm selbst hieß der Weg „Schaffet-Labyrinth“ – „Schaffet!“, das ist dort das Spielzeitmotto, und die gut tausend Besucher allein am Karajan-Platz erkundeten das Haus vom tiefsten Keller bis zur Beleuchterbrücke, und zwischendurch absolvierter mancher ein „JodelDiplom“.

Schon nachmittags begann die Kulturnacht, auf dem Münsterplatz etwa las die Lyrikerin Christine Langer hoch zu Ross ihre Gedichte vor – Horaz, ihr Hengst, bewährte sich „als absoluter Gentleman“ und nahm manche Streicheleinheit der Passanten entgegen. Tiere, Menschen, Sensationen – auf dem Judenhof bot die Zirkusschule Serrando sehenswerte Akrobatik. Wie sagte Christian Pfeifer von der Ulmer Kulturabteilung beim offiziellen Auftakt der Kulturnacht – diesmal im Neu-Ulmer Konzertsaal? An dem Abend sei Ulm „die größte Orgel Baden-Württembergs“, alle Register habe man gezogen.

Im Münster jedenfalls spielten vier Organisten Barockes und Romantisches. Und Johannes Mayr begleitete schließlich den „Galiläer“ improvisierend auf seinem Passionsweg: Den Stummfilm von 1921 konstratierte er mit meditativen, schroffen und auch mal kühlen Klangflächen.

Kühl war es aber gar nicht an dem Abend in den beiden Städten, sondern erfreulich mild und trocken. Umherziehen war also angesagt, hier und da ein Bier oder Cocktail und dazu natürlich kulturelle Häppchen genießend. In den Museen schlossen sich zahlreiche Neugierige den Führungen an, auch die Galerien waren gut besucht.

Ob Solo-Saxophonist, Jazz-Duo oder Lounge-Trio: Viele Kulturorte und Kneipen setzten dazu auf flauschigen, gediegenen Begleitsound. Musikalisch deftiger ging es aber zum Beispiel im Café Jam zu, im Stadthaus ließen die Herren von BeRott’nHank Rock-Klassiker vom Stapel, und so richtig krachen ließ man es im Service-Center Neue Mitte – ein ungewöhnlicher Ort für Punk und Rock ’n’ Roll.

Aber das ist eben auch die Kulturnacht: eine Chance, mal an andere Plätze zu gehen oder bekannte Orte anders zu erleben. Natürlich zogen Schwergewichte wie Münster, Ulmer Museum und Stadthaus – wo die Strado Compagnia Danza „Mondlicht“ vertanzte – Massen an, aber es lohnte sich auch, überraschende Adressen anzusteuern. Etwa Spielwaren Gänßlen, wo Heike Sauer sehr böse und sehr lustige Kunst-Kitsch-Assemblagen zeigte, Alpträume in Pink. Oder die Buddha-Lounge, die nun auf Gartenzwerg-Bar macht. Oder das Seelbrunnenwerk am Zundeltor, in dem nicht nur Schmuck und Märchenbilder ausgestellt wurden – das selten geöffnete Gewölbe ist selbst eine echte Sehenswürdigkeit.

So ist das nämlich bei der Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm: Die Orte sind auch die Stars.