Endlich frei! Mesale Tolu kann mit ihrer Familie zusammen sein..

19. Dezember 2017

Lesen SIE bitte die NUZ..

Türkei entlässt Neu-Ulmerin aus der Haft
Prozess Polizei sorgt noch für mehrstündiges „Versteckspiel“ um Mesale Tolu

Von Susanne Güsten

Istanbul Die deutsche Journalistin Mesale Tolu ist nach siebeneinhalb Monaten aus der Untersuchungshaft in der Türkei entlassen worden. Am Montagabend verließ sie in Begleitung ihrer Familie eine Polizeistation im Istanbuler Stadtteil Fatih. Dort war sie hingebracht und festgehalten worden. Dadurch hatte es zunächst Verwirrung um den Status der aus Neu-Ulm stammenden 33-Jährigen gegeben.

Wie Tolu gestern Abend sagte, waren nicht alle im türkischen Behördenapparat von der Entscheidung des Gerichts begeistert gewesen. Dieselben drei Beamten der Anti-Terror-Polizei, die sie im Frühjahr festgenommen hatten, eröffneten ihr nach dem Urteil, dass ein Abschiebebeschluss gegen sie vorliege, was aber dem Gerichtsbeschluss widerspreche: Der Richter hatte eine Ausreisesperre gegen sie verhängt. Die Folge: ein Hin und Her, das viele Stunden dauerte und den Einsatz des deutschen Botschafters Martin Erdmann erforderte. Er fuhr zusammen mit Tolus Familie Polizeistationen auf der Suche nach der Journalistin ab. Erdmann zeigte sich über das Vorgehen der türkischen Behörden empört: „Die spielen mit uns ein Versteckspiel.“ Am Abend kam Tolu doch frei.

„Sie wollten nicht, dass ich mich freue“, sagte sie anschließend über die Polizisten. „Aber jetzt freue ich mich umso mehr.“ Sie sei müde, aber glücklich. Die Freilassung sei für sie überraschend gekommen, weil sich in der Türkei „nicht immer das Recht durchsetzt“. Sie habe diesem Tag dennoch gleichmütig entgegengesehen: „Ich habe keine Angst mehr.“ Ihre Behandlung durch die türkischen Behörden bezeichnete sie gestern Abend als „Skandal“.

Nach dem Beschluss des Istanbuler Gerichts soll sich Tolu nun jede Woche bei der Polizei melden. Das Verfahren gegen die Journalistin und 17 türkische Angeklagte wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation geht am 26. April weiter. Tolu sagte gestern, zwar werfe man ihr vor, Mitglied einer Terrororganisation zu sein. Der wahre Grund ihrer Inhaftierung sei aber gewesen, „dass ich Mitglied einer freien Presse bin. Sie haben versucht, mich zu ängstigen, weil sie wussten, dass ich einen kleinen Sohn habe.“ Tolu drohen nach Angaben ihrer Anwälte bis zu 20 Jahre Haft. Sie und die anderen Angeklagten fordern Freispruch. Mit einem Urteil sei erst im Sommer zu rechnen, sagt Tolus Anwalt Keles Öztürk im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es müssen noch Zeugen gehört und Beweismittel ausgewertet werden – das dauert.“

Nach ihrer Entlassung hat Tolu, die in der Türkei als Journalistin und Übersetzerin für eine linke Nachrichtenagentur gearbeitet hat, auch ihren dreijährigen Sohn Serkan wieder in die Arme schließen können, den sie zeitweise im Gefängnis bei sich hatte. Ihr ebenfalls angeklagter Ehemann Suat Corlu war bereits im November freigekommen.

Dass der Gerichtsbeschluss mehr ist als eine juristische Pirouette, glaubt auch die Bundesregierung. „Das ist eine immense Erleichterung“, sagt Außenminister Gabriel. Er sieht in der Freilassung ein „deutliches Signal der Entspannung“ im deutsch-türkischen Verhältnis. Nach den Fällen Steudtner und Tolu rückt der Fall Deniz Yücel noch weiter in den Vordergrund. Der Journalist sitzt seit Februar in Haft, ohne dass es eine Anklageschrift gäbe. (mit dpa und afp)

Beginnt nun eine Tauperiode in den zuletzt so eisigen deutsch-türkischen Beziehungen? Lesen Sie dazu auch den Kommentar und einen Hintergrundbericht in der Politik .

zurück

Unterstützen Sie uns!

Investieren Sie in die Freiheit — mit Ihrer Spende für die FDP Neu-Ulm.

Neben der Stimme am Wahltag und der Mitgliedschaft ist die Spende die dritte wesentliche Säule für die Unterstützung einer Partei durch die Bürger.

Spenden sind ein wichtiger und sehr persönlicher Beitrag des einzelnen Bürgers für die Politik seiner Wahl und Ausdruck persönlicher Willensbekundung. 

mehr zum Thema Spenden

Datenschutzeinstellungen

Diese Webseite nutzt Cookies und tauscht Daten mit Partnern aus. Mit der weiteren Nutzung wird dazu eine Einwilligung erteilt. Weitere Informationen und Anpassen der Einstellungen jederzeit unter Datenschutz.