Soziale Stadt...

26. Mai 2017

Lesen SIE bitte die SWP..

Leben mit kurzen Wegen

Soziale Stadt Die Individualisierung der Gesellschaft und die sich rapide verändernde Mobilität stellen ganz neue Herausforderungen an die Stadtplanung. Von Hans-Uli Mayer


Mobilität, Individualisierung, Generationenwandel und Zuwanderung sind alles Begriffe, die in der öffentlichen Debatte häufig verwendet werden. Hinter diesen Beschreibungen verbirgt sich eine teilweise rasante Veränderung von Lebensumständen und Lebensplanungen. Welche Auswirkungen dies auf eine moderne und nachhaltige Stadtplanung hat, diskutierte jetzt der Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) im Stadthaus.


Als Referenten waren der Ulmer Baubürgermeister Tim von Winning und die Stadtsoziologin Rotraut Weeber geladen, die keinen Zweifel an der Größe der Aufgabe ließ: „Es kann nicht alles bleiben wie es ist.“ Die großen Megatrends sind für sie die Individualisierung, die Mobilität und der demographische Wandel. Alle erfordern schnelle Antworten beim Wohnungsbau und der Gestaltung des öffentlichen Raums.


Die Entwicklung vom Leben in der Familie hin zum Singledasein ist ihrer Meinung nach weit fortgeschritten. Schon heute lebt in 39 Prozent aller Haushalte nur noch eine Person. Die Individualisierung schlage dabei nicht nur auf den Wohnungsmarkt durch, sondern müsse zu einer anderen Stadtplanung führen. „Alleinstehende Menschen brauchen mehr Ausgleich und vor allem im Alter auch mehr Hilfe“, ist eine ihrer zentralen Aussagen. Und weil persönliche Beziehungen durch den Wegfall der Familie wichtiger werden, müsse der öffentliche Raum konsequent aufgewertet werden.


Dies schon deshalb, weil die Vereinsamung zu einem Verlust von gelebter Nachbarschaft führe. Zumindest stellt die Professorin in ihren Studien fest, dass sich die Menschen deutlich mehr Nähe wünschen, als sie diese tatsächlich selber leben können. Weeber: „Es gibt mehr Anonymität als den Menschen lieb ist.“


Öffentlicher Raum ohne Auto


Die öffentliche Hand müsse deshalb reagieren und mehr Möglichkeiten schaffen, dass sich Menschen treffen können und in Kontakt miteinander kommen. Und zwar nicht nur in den meist schon gut versorgten Innenstadtbereichen, sondern auch an den Stadträndern und in den Teilorten, sagte Weeber.


Diese aus der Wissenschaft kommenden Erklärungen kann der Praktiker bestätigen. Ulms Baubürgermeister Tim von Winning sagte, den öffentlichen Raum anders als in der Vergangenheit neu definieren und attraktiver gestalten zu wollen. „Wir haben den öffentlichen Raum in den zurückliegenden Jahrzehnten zu sehr auf das Thema Auto und Straßen reduziert“, sagte der Bürgermeister, der für Ulm ankündigte, „Freiräume zum Leben“ wieder mehr in den Fokus der städtischen Planung nehmen zu wollen.


Winning skizzierte in seinem Vortrag auch die Fehler früherer Planungen, als man beim Aufbau der Städte nach dem Krieg die Funktionen Wohnen, Arbeiten und Einkaufen streng getrennt habe. Jede Konzentration aber bedeute lange Wege, einen steigenden Autoverkehr und mithin einen wesentlich höheren Aufwand, die dafür nötige Infrastruktur instand zu halten.


Nachverdichtung hat Vorteile


Die Antwort darauf ist der Versuch, die früher entflochtenen Bereiche zumindest teilweise wieder zusammenzubringen. Etwa bei der Planung des neuen Wohngebiets auf dem Gelände der Hindenburgkaserne am Eselsberg. Da gehe es um eine gute Mischung größerer und kleinerer Wohnungen. Man müsse eine Bevölkerungsdichte erreichen, die es Selbstständigen wie Ärzten oder anderen Dienstleistern und Versorgern wirtschaftlich ermöglicht, sich dort anzusiedeln.


Das Wort Nachverdichtung habe zwar einen negativen Beigeschmack, aber auch sehr positive Auswirkungen, weil es ein Leben mit kurzen Wegen und allen damit verbundenen Vorteilen ermöglicht. „Wir haben in Ulm gute Voraussetzungen. Wir müssen sie nur nutzen“, sagte von Winning.


Ein solcher Umbau erfordert aber die Beteiligung der Menschen, mahnt Weeber. Zwar gebe es auch in Deutschland die Instrumente dazu. Ihrer Beobachtung nach sind einige europäische Nachbarländer aber weiter. Weeber: „Die fachübergreifende Zusammenarbeit hinkt in Deutschland hinterher.“

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