Weiterhin drei Klinikstandorte im Landkreis Neu-Ulm
Medizin Die Kreisräte stützen ihre Krankenhäuser. Auch der Wackelkandidat Illertalklinik wird weitergeführt. Zumindest vorerst. Ein Neubau wird geprüft. Von Stefan Czernin
Wir haben eine wichtige Entscheidung zu treffen“, sagte Landrat Thorsten Freudenberger im Neu-Ulmer Kreistag. Und das war nicht übertrieben, immerhin ging es um die Frage, wie die Gesundheitsversorgung im Landkreis Neu-Ulm künftig aussehen soll. Fast vier Stunden lang nahmen sich die Kreisräte Zeit, um sich zu beraten. Stiftungsdirektor Marc Engelhard stellte das Konzept der Klinikleitung vor, das der Krankenhaus-Ausschuss am Montag einstimmig empfohlen hatte (wir berichteten).
Das Ziel war klar: Das Defizit der Kreiskliniken in den Griff zu bekommen, mit 8,9 Millionen Euro wird allein für 2018 gerechnet. Am Ende stimmte eine große Mehrheit der Räte den Vorschlägen zu, die Einsparungen und Umstrukturierungen an allen drei Klinikstandorten in Illertissen, Neu-Ulm und Weißenhorn vorsehen. Nur sechs Kreisräte der Grünen stimmten dagegen. Die Fraktion hatte beantragt, die Illertisser Klinik aus Kostengründen zu schließen, für 2018 wird dort ein Verlust von fast 4 Millionen Euro erwartet. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hatten in ihrem Gutachten klipp und klar empfohlen, das Krankenhaus zum Jahresende dichtzumachen.
„Die Illertalklinik wird immer ein Klotz an unserem Bein sein“, sagte Heinz-Peter Ehrenberg (Grüne). Mit Weißenhorn und Neu-Ulm sei der Landkreis in der Gesundheitsversorgung immer noch gut abgedeckt. Die Grünen verwiesen weiterhin auf eine Bewertung von Kreiskämmerer Mario Kraft, der die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreises „mehr und mehr“ gefährdet sieht, wenn bei den Kliniken nicht konsequent gespart wird.
Die betriebswirtschaftliche Argumentation der Grünen verfing im Kreisrat jedoch nicht. Stiftungsdirektor Engelhard erklärte, dass in Illertissen jährlich insgesamt 10 400 Pflegetage zusammenkommen. Die Patienten könnten nicht einfach so nach Weißenhorn und Neu-Ulm transferiert werden, das gäben die Kapazitäten nicht her. Für 35 Millionen Euro müsste etwa an der Weißenhorner Stiftungsklinik angebaut werden, wenn sie die Aufgaben von Illertissen übernehmen soll.
Klar ist, dass der Standort in Illertissen nach den jetzt beschlossenen Vorschlägen am tiefgreifendsten umgebaut wird. Der OP wird geschlossen, die Innere Abteilung teils nach Weißenhorn verlegt, das Personal auch an der Stiftungsklinik eingesetzt. „Eine klassische Klinik ist es ja dann nicht mehr“, sagte Kurt Baiker (FW). Die geriatrische Rehabilitation bleibt erhalten, daneben wird das Haus zu einer Portalklinik umstrukturiert, in der sich Mediziner, eine Apotheke oder eine Physiotherapie niederlassen können. Ist eine Operation oder ein stationärer Aufenthalt nötig, kommen die Patienten nach Weißenhorn oder Neu-Ulm. Das sei die „einzige Chance“ für Illertissen, betonte Antje Esser (SPD).
Braindrain befürchtet
CSU-Kreisrat und Illertisser Bürgermeister Jürgen Eisen bedauerte, dass für den südlichen Landkreis „ein Stück wohnortnahe Gesundheitsversorgung“ wegfalle. Er hoffe, dass Illertissen keine Fachärzte verliere, wenn der OP-Bereich in der Klinik geschlossen wird, den diese für Operationen genutzt haben.
Gegen die Stimmen der Grünen und Jürgen Bischof (FW) beschloss der Kreistag zudem, Kosten und Nutzen eines gemeinsamen Neubaus für die Standorte in Illertissen und Weißenhorn prüfen zu lassen. Wobei klar sei: Ein Neubau allein löst die Probleme der Kreisspitalstiftung nicht, hieß es in der Sitzung seitens des Klinikbeirats.