Islamunterricht in Bayern...

23. Januar 2018

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Das Hickhack um den Islamunterricht
Religion Alle sind sich einig: Das Projekt ist ein Erfolgsmodell. Trotzdem läuft es 2019 aus. Jetzt prescht der Lehrerverband vor: Er möchte das Fach dauerhaft etablieren

Von Andreas Baumer

Augsburg Vor kurzem hat Ahmet Tutam seinen Schülern erzählt, dass Allah und Gott derselbe sind. Manche Kinder haben ihn da erstaunt angesehen. Deshalb holte Tutam aus. Er erklärte, dass Allah das arabische Wort für Gott sei. Und dass auch arabische Christen Gott Allah nennen. Tutam kann das sagen. Er gibt seit acht Jahren Islamischen Unterricht. Nicht in einer Moschee, sondern an der Laurentius-Grundschule in Bobingen im Landkreis Augsburg. Dafür hat sich der 45-jährige Deutsch-Türke im Fach Islamische Unterweisung ausbilden lassen und von der Universität Nürnberg-Erlangen das notwendige Zertifikat erhalten. Sein Unterricht geht aber weit über das Lesen von Suren hinaus. Er behandelt auch das Christen- und Judentum, zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. „Ich verstehe mich als Kulturdolmetscher“, sagt er, „als Brücke zwischen den Religionen.“

Die Laurentius-Grundschule gehörte 2009 zu den ersten Schulen Bayerns, die den runderneuerten Islamunterricht ins Angebot aufnahmen. Das Bayerische Bildungsministerium verfolgt mit dem neuen Fach das Ziel, den Schülern in staatlicher Verantwortung den islamischen Glauben näherzubringen. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Der Modellversuch sollte erst fünf Jahre laufen, wurde 2014 aber um weitere fünf Jahre verlängert. Jetzt endet er 2019. Doch was kommt danach? Darüber ist nun eine lebhafte Diskussion ausgebrochen.

Der Bayerische Lehrerverband (BLLV) preschte im November vor. Er forderte, dass der Modellversuch endlich zum Regelangebot ausgebaut werden müsse. Heißt: weg mit Befristungen, hin zum schrittweisen Ausbau des Islamischen Unterrichts in ganz Bayern. „Aktuell können nur 15 Prozent der muslimischen Schüler den Islamischen Unterricht besuchen“, sagt Simone Fleischmann, BLLV-Präsidentin. „Ziel muss es aber sein, dass mindestens 85 Prozent von ihnen diese Chance haben.“ Um das zu schaffen, brauche es jetzt einen Masterplan.

Im Grunde wollen auch Elternvertreter, Muslimverbände und Politiker den Islamischen Unterricht zum Regelangebot machen. Trotzdem scheint es zu haken. Manfred Güll, Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, macht die Regierung dafür verantwortlich. „Es gibt kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagt der SPD-Politiker. Die CSU schiebe die Entscheidung über ein Regelangebot auf die lange Bank. Dabei müsse das Angebot schon jetzt ausgebaut werden.

Andere sagen, dass die Uneinigkeit unter den islamischen Dachverbänden in Glaubensfragen den Weg erschwere. Tatsächlich gibt es nicht einen Verband, der mitreden will, sondern gleich vier: die türkisch-islamische Union, kurz Ditib genannt, den Zentralrat der Muslime, den Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland und den Verband Islamischer Kulturzentren. Vier Gruppen, vier Ansichten also? Mohamed Abu El Qomsan, Beauftragter des Zentralrats der Muslime in Bayern, verneint das. „Wir haben eine gemeinsame Linie gefunden“, sagt er. „Inhaltlich gibt es keine Differenzen.“ Die Dachverbände störe etwas anderes, sagt er. „Wir wollen bei der Planung nicht außen vorgelassen werden. Am Ende wollen wir Träger des Islamischen Unterrichts sein und die Grundsätze des Religionsunterrichts mitbestimmen.“

Dem steht aber ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster entgegen. Das entschied im November 2017, dass der Islamrat und der Zentralrat der Muslime keine Religionsgemeinschaften sind. Das wäre jedoch Voraussetzung, um in Deutschland das Recht auf einen konfessionellen islamischen Religionsunterricht beanspruchen zu können. Der Lehrerverband bringt eine andere Lösung ins Spiel. Er regt die Einrichtung eines Expertenbeirats an. Zu diesem sollen neben fachlichen Experten und Lehrern auch Vertreter des Islams in Bayern, sprich Repräsentanten der Dachorganisationen, gehören. Für Mohamed Abu El Qomsan vom Zentralrat der Muslime ist das aber nicht mehr als eine Zwischenlösung.

Der Bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle hat zwar Anfang Januar festgestellt, er würde den Islamunterricht gerne als flächendeckendes Angebot in ganz Bayern sehen. Gleichzeitig betonte er aber, eine Entscheidung werde erst der neue Landtag nach der Wahl im Herbst treffen. Lehrer Tutam hilft das zum jetzigen Zeitpunkt kaum weiter. Er würde begrüßen, wenn der Islamunterricht reguläres Schulfach werden würde. „Das Fach würde dann sicherlich eine noch größere Akzeptanz erhalten und von wesentlich mehr Schülern gewählt werden“, sagt er.

Bayern geht beim Islamunterricht nach Angaben des Bayerischen Bildungsministeriums einen bundesweit einmaligen Weg. Doch ist dieser 2019 schon wieder zu Ende? Das dürfte kaum einer der Beteiligten hoffen. Die Regierung hat noch keine Entscheidung getroffen. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa (Symbol)

Ahmet Tutam

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