Glacis Galerie...1 € um auf die Toilette zu gehen?

10. Dezember 2017

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Schöne Bescherung auf der Toilette
Glacis-Galerie Ein Euro statt 50 Cent kostet der Besuch des WCs im Einkaufszentrum. Die Preiserhöhung stößt sogar dem Centermanager sauer auf. Wie Media-Markt Abhilfe schafft

Von Oliver Helmstädter

Neu-Ulm Inszeniert wird das Klo in der Glacis-Galerie wie eine Attraktion: „Shop & Fresh“ heißen die kunterbunt inklusive Wellendekor gestalteten Anlagen. Darauf, dass die Toiletten „blitzsauber, freundlich und erfrischend“ sind, weist ein Schild hin, das von der Gestaltung her auch in einem Reisebüro hängen könnte.

Seit erstem Dezember hat sich die Reise in die angeblichen „Sanitär(t)räume“ preislich verdoppelt: Ein Euro statt 50 Cent wird fällig, um hinter Sensorschleusen an Waschtischen aus weißem Kunststein die Edelstahlarmaturen bedienen zu dürfen. Die Verdopplung stößt sogar Centermanager Tim Mayer sauer auf. „Wir haben dem Betreiber empfohlen, nicht zu erhöhen.“ Allerdings habe das Unternehmen dahinter, die Firma Hering Sanikonzept, anders entschieden. An allen vier „Shop & Fresh“-Standorten wie etwa den Münchner Stachus-Passagen seien die Preise erhöht worden. Mayer findet, dass diese Gebühr nicht zur Glacis-Galerie passe. Zuletzt investierte die ECE, der Betreiber mit insgesamt rund 200 Einkaufszentren im Management, viel Geld, um die Aufenthaltsqualität in der Glacis-Galerie zu erhöhen. Mayer weiß ganz genau, dass mehr Grün, Spielplatz und neue Sitzgelegenheiten ihre Wirkung verfehlen, wenn sich der Kunde über einen Euro pro Toilettengang ärgern muss. Schon seit der Eröffnung der 130-Millionen-Euro-Investition vor zweieinhalb Jahren sind allerlei Gebühren offenbar ein großes Ärgernis für Besucher. Zumindest dominieren die Themen Parken und Toilette die Kommentare zu Beiträgen in den sozialen Netzwerken wie Facebook. „Klogebühren geht gar nicht. Abzocke“, ist ein Post von unzähligen, die im Internet nachzulesen sind. Und insbesondere die Mieter im zentralen Essensbereich schütteln über die Abgabe nur den Kopf.

Von einem Mietpartner spricht Centermanager Mayer, wenn er „Shop & Fresh“ erwähnt. Er macht gleichzeitig zweifelsfrei klar, dass eine vorzeitige Beendigung des „langfristigen Mietverhältnisses“ mit dem Sanitärkonzept-Anbieter im Raum steht: „Wir schließen keine Option aus.“ Als einen Geburtsfehler des Einkaufszentrums bezeichnet er die Pinkel-Abgabe. Den Mietvertrag mit „Shop & Fresh“ habe nicht das heutige Centermanagement, die Firma ECE, sondern der Vorgänger geschlossen.

Und Mayer weiß auch, dass das Wertbon-System nicht taugt, die Kundenbindung zu fördern. Nach Entrichtung des umstrittenen Euros erhält der Kunde zwar einen Gutschein, doch der hat seine Tücken. „Jetzt einlösen und Rabatte holen“, steht auf gerahmten Plakaten in jedem der stillen Örtchen. Abgedruckt ist unter anderem das Logo von Rewe, dem Supermarkt im Erdgeschoss. Doch wer dort an der Kasse das angeblich „smarte Ticket“ vorzeigt, wird enttäuscht: „Die Wertbons werden bei uns schon seit über einem Jahr nicht mehr angenommen“, sagt der Kassierer. Immerhin: Der Kiosk nebenan nimmt ihn. 50 Cent können auf alles außer Tabakwaren, Zeitschriften und Zeitungen angewendet werden. Viel Auswahl bleibt da nicht – außer zu einem der angeblich 14 weiteren „Partnershops“ weiterzutrotten.

Nicht untätig zuschauen wollte angesichts der Verdopplung der Toiletten-Gebühr der größte Mieter des Einkaufszentrums. Und so, erzählt Centermanager Mayer, öffnete kurzerhand Media-Markt seine Personaltoilette für Kunden des Elektrofachgeschäfts. Und tatsächlich: Die freundlichen Mitarbeiter zeigen in der Tat auf Anfrage bereitwillig den Weg zum Lokus im eigentlich öffentlich nicht zugänglichen hinteren Bereich des Geschäfts.

Centermanager Mayer ist es freilich gar nicht recht, dass sein Einkaufsparadies immer wieder auf eine Diskussion um Toiletten- oder Parkgebühren verkürzt werde, die es im konkurrierenden Ulmer Blautal-Center nun mal nicht gibt. Denn eigentlich laufe es gut in den Shops am Neu-Ulmer Bahnhof: Der November dieses Jahres habe 20 Prozent mehr Kunden angezogen als im Vorjahresvergleich. Und auch der Dezember lasse – dem Klo-Euro zum Trotz – zweistellige Wachstumsraten erwarten.

Für viel Belebung habe das Tanzstudio des Vereins FKV Neu-Ulm gesorgt. Das Angebot sei in den ersten Monaten derart gut angenommen worden, dass die Mitgliederzahl seit Eröffnung um 700 Personen gewachsen ist und der Verein mittlerweile über 900 Anhänger zählt. Eine leer stehende Fläche direkt hinter dem Tanzraum habe sich für eine Erweiterung angeboten und mit 123 Quadratmeter sei die Fläche für einen zweiten Kursraum ideal geeignet.

Sanitär(t)räume neu definiert. So bewirbt die Firma Hering ihre Bezahltoiletten mit „Wertbon-System“. Allerdings stößt der zu entrichtende Euro auf massive Kritik. Fotos: Alexander Kaya

Centermanager Tim Mayer (hier bei der Vorstellung von Sarah Nowak als Werbegesicht) sieht die Toiletten-Abgabe kritisch.

Ein Euro kostet der Einlass in die „Shop & Fresh“-Toilette.

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