Digital macht Ulm sexy
HANS-ULI THIERER
Unternehmer-Initiative ringt um Standort-Attraktivität
„inititiatve.ulm.digital“ heißt ein von Unternehmern gegründeter Verein. Er will die Stadt fit machen fürs digitale Zeitalter – und attraktiv für junge Akteure.
Ulm. „Wir müssen für junge Talente sexy sein.“ Sagt Gerhard Gruber, Geschäftsführer des seit 15 Jahren existierenden Ulmer IT-Unternehmens Exxcellent solutions, auf die Frage, warum er dabei sei – sogar als Vize-Vorsitzender (siehe Info-Kasten) – bei der von Unternehmern gegründeten „initiative.ulm.digital“. Ihm gehe es darum, Nachwuchskräften und besonderen Begabungen der Branche so hohe Anreize zu schaffen, dass sie nicht in die Metropolen abwandern, sondern der Ulmer Wirtschaft erhalten bleiben.
Über die grundlegenden Zielsetzungen dieser Bürgerinitiative, „die einmal für und nicht gegen was ist“ (OB Gunter Czisch) informierten Gründungs- und Vorstandsmitglieder. Vorsitzender Heribert Fritz: „Jedes Unternehmen, jede Institution benötigt eine digitale Agenda.“ Ulm könne als Wissenschaftsstadt und potenter Wirtschaftsstandort nicht nur reagieren, sondern müssen dieses Zukunftsfeld aktiv beackern. „Denn wer 2030 noch stark sein will, wie wir es heute sind, muss sich den Herausforderungen der alle Lebensbereiche betreffenden Digitalisierung stellen. Das ist eben nicht nur eine technische Entwicklung, sondern eine, die die ganze Gesellschaft betrifft“, ergänzte Czisch.
Der Oberbürgermeister hat die Digitalisierung schon lange auf seine Fahnen geheftet; im Wahlkampf hatte er sie zu einem seiner vier Zukunftsthemen erklärt. In der neuen Initiative fungiert Czisch als Beirat, was zeigt, dass die „initiative.ulm.digital“ im Benehmen mit der Stadt agiert. Das drückt sich auch darin aus, dass der bei der Stadt für die Grundsatzfragen zu ulm 2.0 verantwortliche Christian Geiger ( „Auch darum geht es: Die Bürger mit in die digitale Welt zu nehmen“) dem Vorstand angehört.
Erstes Vereinsziel ist, dem Stadtlabor auf die Sprünge zu helfen. Es wird, wie berichtetet, am Weinhof im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Sparkasse eingerichtet und ist gedacht als stadtnaher Nukleus für alle jungen Akteure der modernen Kommunikationsmittel und der Digitalisierung. Denn, sagt Czisch: „Viele sind im Stillen unterwegs. Das ist falsch.“ Die Talente, diese neue Entwicklungskultur müssten mitten in der Stadt sichtbar und herausgeholt werden aus den Hinterzimmern der Uni. Fürs Stadtlabor hat die Stadt die Räume bereits angemietet. An einem ersten Treffen nahmen nach Angaben Stefan Kaufmanns, Student der Medieninformatik und ein herausragender Akteur dieser lokalen Community, nicht nur die erwarteten 15 Leute teil, sondern gleich 35. Der neue Verein will für die Ausstattung sorgen. Fritz: Dazu sei es aber nötig, bis Jahresende auf eine Mitgliederzahl von 30 bis 40 zu kommen, um die notwendigen Finanzmittel – vermutlich im unteren sechsstelligen Bereich – zur Verfügung stellen zu können. Mitglied werden können grundsätzlich alle Unternehmen, nicht nur aus der Branche, aber auch Verbände oder Institutionen wie IHK, Hochschulen oder die auf Start-Up-Hilfen spezialsierte Technologiefabrik Ulm (TFU).
Weitere Unternehmer-Stimmen, die zu den Gründern gehören. Björn Semjan (System Zwo Group): Silicon Valley sei ein vermessener Vergleich. „Aber die schrägen Vögel aus der IT sollen Lust gewinnen, an dieser Idee teilzuhaben. Für mich ist das die 68er-Bewegung des IT.“ Renate Hergöth (IWL Logistikberatung): Die Digitalisierung eröffne der Logistik neue Wege. Andreas Buchenscheit (Cortex Media): „In einer tollen Stadt wird ein Ort geschaffen zum Ausprobieren. Wo nicht gleich eine Geschäftsidee dahinter stecken muss.“ Steffen Maurer (Maurer Veranstaltungtechnik): „Events für und in der digitalen Welt entwickeln heißt zum Beispiel bei Betriebs-Events dabei zu sein, ohne live dabei zu sein.“